Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Zweites Vierteljahr.Litterarisches Leben am Rhein Köln und auch Arnold Schlönbach eingetroffen. Die männlichen Mitglieder Maikäfer flieg! [Beginn Spaltensatz] Maikäferlein wollt freien gehn, Maikäfer flieg! Goldkäfer sprach: So sei doch klug! Bist ja noch lang nicht Schmuck genug, Maikäfer flieg! Wie sollt ich denn noch schmucker sein? Maikäfer flieg! El wie man nur so fragen kann! Schafs dir erst goldne Flügel an, Maikäfer flieg! Maikäferlein wollt freien gehn. Hirschkäfer sprach: So sei doch klug, Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein? So Schafs dir erst ein Prachtgeweih, Als ob dein Vater König sei. [Spaltenumbruch] Maikäferlein wollt freien gehn, Mistkäfer sprach- So sei doch klug, Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein? Paß auf und höre meinen Spruch: Schafs erst dir guten Wohlgeruch. Maikäferlein flog weit und breit, Wo kauft man goldne Flügelein Und .Hirschgeweih und Düfte fein? Maikäferlein flog lang umher Und ward ein alt Maikäferlein Und blieb doch, wie Maikäfer sein. Maikäfer ward betrübet sehr Und sprach: Ich arm Maikäferlein, Jetzt bin ich alt und kriege kein! [Ende Spaltensatz] Und was man lernt aus der Geschicht? Maikäfer flieg! Wer alt ist, kriegt kein Weiblein mehr. Drum hör, bedeut dich nicht zu sehr, Maikäfer flieg! Am Nachmittage las Johanna das von ihr verfaßte Liederspiel "Otto >) Lebte längere Zeit als Lehrerin in London, wohnt zur Zeit in Bonn. 2 ) Ist schon im zwanzigsten Lebensjahre zu Bonn gestorben. " ) Sie war die Tochter des Landrnts Heuberger zu Se. Goar, der mit Frciligrnth und Geibel befreundet war. < ) Tochter des bekannten Zoologen Professor Goldfuß, Schülerin von Johanna Kinkel; die Eltern wohnten mit Kinkels im Poppelsdorfer Schloß. Anna heiratete später .Herrn de Weerth zu Clberfeld, wo sie noch als Witwe lebt. ° ) Lebt noch in Bonn. Sie schreibt an den Verfasser 4. November 1898: Es war uns
Gästen immer ein beklemmendes Gefühl, über den Wert der Arbeiten ein Urteil abzugeben, wo bedeutende Männer wie Simrock, Kinkel und aufstrebende Talente dazu beitrugen. Ich selbst hatte öfters die Aufgabe, zu irgend einer Dichtung eine, Aauarellvignette zu liefern; auch Frau Johanna lieferte drastische und oft urkomische Bildchen zu heitern Erzählungen. Litterarisches Leben am Rhein Köln und auch Arnold Schlönbach eingetroffen. Die männlichen Mitglieder Maikäfer flieg! [Beginn Spaltensatz] Maikäferlein wollt freien gehn, Maikäfer flieg! Goldkäfer sprach: So sei doch klug! Bist ja noch lang nicht Schmuck genug, Maikäfer flieg! Wie sollt ich denn noch schmucker sein? Maikäfer flieg! El wie man nur so fragen kann! Schafs dir erst goldne Flügel an, Maikäfer flieg! Maikäferlein wollt freien gehn. Hirschkäfer sprach: So sei doch klug, Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein? So Schafs dir erst ein Prachtgeweih, Als ob dein Vater König sei. [Spaltenumbruch] Maikäferlein wollt freien gehn, Mistkäfer sprach- So sei doch klug, Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein? Paß auf und höre meinen Spruch: Schafs erst dir guten Wohlgeruch. Maikäferlein flog weit und breit, Wo kauft man goldne Flügelein Und .Hirschgeweih und Düfte fein? Maikäferlein flog lang umher Und ward ein alt Maikäferlein Und blieb doch, wie Maikäfer sein. Maikäfer ward betrübet sehr Und sprach: Ich arm Maikäferlein, Jetzt bin ich alt und kriege kein! [Ende Spaltensatz] Und was man lernt aus der Geschicht? Maikäfer flieg! Wer alt ist, kriegt kein Weiblein mehr. Drum hör, bedeut dich nicht zu sehr, Maikäfer flieg! Am Nachmittage las Johanna das von ihr verfaßte Liederspiel „Otto >) Lebte längere Zeit als Lehrerin in London, wohnt zur Zeit in Bonn. 2 ) Ist schon im zwanzigsten Lebensjahre zu Bonn gestorben. " ) Sie war die Tochter des Landrnts Heuberger zu Se. Goar, der mit Frciligrnth und Geibel befreundet war. < ) Tochter des bekannten Zoologen Professor Goldfuß, Schülerin von Johanna Kinkel; die Eltern wohnten mit Kinkels im Poppelsdorfer Schloß. Anna heiratete später .Herrn de Weerth zu Clberfeld, wo sie noch als Witwe lebt. ° ) Lebt noch in Bonn. Sie schreibt an den Verfasser 4. November 1898: Es war uns
Gästen immer ein beklemmendes Gefühl, über den Wert der Arbeiten ein Urteil abzugeben, wo bedeutende Männer wie Simrock, Kinkel und aufstrebende Talente dazu beitrugen. Ich selbst hatte öfters die Aufgabe, zu irgend einer Dichtung eine, Aauarellvignette zu liefern; auch Frau Johanna lieferte drastische und oft urkomische Bildchen zu heitern Erzählungen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0216" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230648"/> <fw type="header" place="top"> Litterarisches Leben am Rhein</fw><lb/> <p xml:id="ID_678" prev="#ID_677"> Köln und auch Arnold Schlönbach eingetroffen. Die männlichen Mitglieder<lb/> versammelten sich um zehn Uhr in Kinkels Wohnung und zogen darauf vom<lb/> Poppelsdorfer Schloß in die mit Blumen und Guirlanden bekränzte Wohnung<lb/> der Königin Johanna in der Josephstraße. Dort waren die Damen Fräulein<lb/> Auguste Heinrich/) Maia Thormann/) Mathilde Heuberger, ^) Anna Goldfuß'')<lb/> nud Linda Bernb"') schon als Gäste versammelt. Hier eröffnete Kinkel das<lb/> Fest mit einer geistvollen Rede über die Tendenz, die Geschichte und den gegen¬<lb/> wärtigen Bestand des Vereins und die Leistungen seiner Mitglieder. Dann<lb/> erfolgte die Verlosung der Reihenfolge, in der die Preisaufgaben über Otto<lb/> den Schützen — das diesmalige Thema — zur Vorlesung kommen sollten.<lb/> Man sang das von Alexander Kaufmann gedichtete und von Johanna in<lb/> Musik gesetzte Maiküfer-Nationallied:</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_8" type="poem"> <head> Maikäfer flieg!</head> <l><lb/><cb type="start"/> Maikäferlein wollt freien gehn,<lb/> Maikäfer flieg!<lb/> Goldkäfer sprach: So sei doch klug!<lb/> Bist ja noch lang nicht Schmuck genug,<lb/> Maikäfer flieg! Wie sollt ich denn noch schmucker sein?<lb/> Maikäfer flieg!<lb/> El wie man nur so fragen kann!<lb/> Schafs dir erst goldne Flügel an,<lb/> Maikäfer flieg!<lb/> Maikäferlein wollt freien gehn.<lb/> Hirschkäfer sprach: So sei doch klug,<lb/> Bist ja noch lang nicht schmuck genug.<lb/><lb/><lb/> Wie sollt ich denn noch schmucker sein?<lb/> So Schafs dir erst ein Prachtgeweih,<lb/> Als ob dein Vater König sei. <cb/> Maikäferlein wollt freien gehn,<lb/> Mistkäfer sprach- So sei doch klug,<lb/> Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein?<lb/> Paß auf und höre meinen Spruch:<lb/> Schafs erst dir guten Wohlgeruch. Maikäferlein flog weit und breit,<lb/> Wo kauft man goldne Flügelein<lb/> Und .Hirschgeweih und Düfte fein?<lb/> Maikäferlein flog lang umher<lb/> Und ward ein alt Maikäferlein<lb/> Und blieb doch, wie Maikäfer sein.<lb/> Maikäfer ward betrübet sehr<lb/> Und sprach: Ich arm Maikäferlein,<lb/> Jetzt bin ich alt und kriege kein! <cb type="end"/><lb/> Und was man lernt aus der Geschicht?<lb/> Maikäfer flieg!<lb/> Wer alt ist, kriegt kein Weiblein mehr.<lb/> Drum hör, bedeut dich nicht zu sehr,<lb/> Maikäfer flieg! </l> </lg><lb/> <p xml:id="ID_679" next="#ID_680"> Am Nachmittage las Johanna das von ihr verfaßte Liederspiel „Otto<lb/> der Schütz" in einem Aufzuge vor. Dann las Kinkel sein unsterbliches Epos<lb/> „Otto der Schütz" vor, das ihn als einen der ersten und besten Epiker</p><lb/> <note xml:id="FID_33" place="foot"> >) Lebte längere Zeit als Lehrerin in London, wohnt zur Zeit in Bonn.<lb/> 2</note><lb/> <note xml:id="FID_34" place="foot"> ) Ist schon im zwanzigsten Lebensjahre zu Bonn gestorben.<lb/> "</note><lb/> <note xml:id="FID_35" place="foot"> ) Sie war die Tochter des Landrnts Heuberger zu Se. Goar, der mit Frciligrnth und<lb/> Geibel befreundet war.<lb/> <</note><lb/> <note xml:id="FID_36" place="foot"> ) Tochter des bekannten Zoologen Professor Goldfuß, Schülerin von Johanna Kinkel;<lb/> die Eltern wohnten mit Kinkels im Poppelsdorfer Schloß. Anna heiratete später .Herrn de<lb/> Weerth zu Clberfeld, wo sie noch als Witwe lebt.<lb/> °</note><lb/> <note xml:id="FID_37" place="foot"> ) Lebt noch in Bonn. Sie schreibt an den Verfasser 4. November 1898: Es war uns<lb/> Gästen immer ein beklemmendes Gefühl, über den Wert der Arbeiten ein Urteil abzugeben, wo<lb/> bedeutende Männer wie Simrock, Kinkel und aufstrebende Talente dazu beitrugen. Ich selbst<lb/> hatte öfters die Aufgabe, zu irgend einer Dichtung eine, Aauarellvignette zu liefern; auch Frau<lb/> Johanna lieferte drastische und oft urkomische Bildchen zu heitern Erzählungen.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0216]
Litterarisches Leben am Rhein
Köln und auch Arnold Schlönbach eingetroffen. Die männlichen Mitglieder
versammelten sich um zehn Uhr in Kinkels Wohnung und zogen darauf vom
Poppelsdorfer Schloß in die mit Blumen und Guirlanden bekränzte Wohnung
der Königin Johanna in der Josephstraße. Dort waren die Damen Fräulein
Auguste Heinrich/) Maia Thormann/) Mathilde Heuberger, ^) Anna Goldfuß'')
nud Linda Bernb"') schon als Gäste versammelt. Hier eröffnete Kinkel das
Fest mit einer geistvollen Rede über die Tendenz, die Geschichte und den gegen¬
wärtigen Bestand des Vereins und die Leistungen seiner Mitglieder. Dann
erfolgte die Verlosung der Reihenfolge, in der die Preisaufgaben über Otto
den Schützen — das diesmalige Thema — zur Vorlesung kommen sollten.
Man sang das von Alexander Kaufmann gedichtete und von Johanna in
Musik gesetzte Maiküfer-Nationallied:
Maikäfer flieg!
Maikäferlein wollt freien gehn,
Maikäfer flieg!
Goldkäfer sprach: So sei doch klug!
Bist ja noch lang nicht Schmuck genug,
Maikäfer flieg! Wie sollt ich denn noch schmucker sein?
Maikäfer flieg!
El wie man nur so fragen kann!
Schafs dir erst goldne Flügel an,
Maikäfer flieg!
Maikäferlein wollt freien gehn.
Hirschkäfer sprach: So sei doch klug,
Bist ja noch lang nicht schmuck genug.
Wie sollt ich denn noch schmucker sein?
So Schafs dir erst ein Prachtgeweih,
Als ob dein Vater König sei.
Maikäferlein wollt freien gehn,
Mistkäfer sprach- So sei doch klug,
Bist ja noch lang nicht schmuck genug. Wie sollt ich denn noch schmucker sein?
Paß auf und höre meinen Spruch:
Schafs erst dir guten Wohlgeruch. Maikäferlein flog weit und breit,
Wo kauft man goldne Flügelein
Und .Hirschgeweih und Düfte fein?
Maikäferlein flog lang umher
Und ward ein alt Maikäferlein
Und blieb doch, wie Maikäfer sein.
Maikäfer ward betrübet sehr
Und sprach: Ich arm Maikäferlein,
Jetzt bin ich alt und kriege kein!
Und was man lernt aus der Geschicht?
Maikäfer flieg!
Wer alt ist, kriegt kein Weiblein mehr.
Drum hör, bedeut dich nicht zu sehr,
Maikäfer flieg!
Am Nachmittage las Johanna das von ihr verfaßte Liederspiel „Otto
der Schütz" in einem Aufzuge vor. Dann las Kinkel sein unsterbliches Epos
„Otto der Schütz" vor, das ihn als einen der ersten und besten Epiker
>) Lebte längere Zeit als Lehrerin in London, wohnt zur Zeit in Bonn.
2
) Ist schon im zwanzigsten Lebensjahre zu Bonn gestorben.
"
) Sie war die Tochter des Landrnts Heuberger zu Se. Goar, der mit Frciligrnth und
Geibel befreundet war.
<
) Tochter des bekannten Zoologen Professor Goldfuß, Schülerin von Johanna Kinkel;
die Eltern wohnten mit Kinkels im Poppelsdorfer Schloß. Anna heiratete später .Herrn de
Weerth zu Clberfeld, wo sie noch als Witwe lebt.
°
) Lebt noch in Bonn. Sie schreibt an den Verfasser 4. November 1898: Es war uns
Gästen immer ein beklemmendes Gefühl, über den Wert der Arbeiten ein Urteil abzugeben, wo
bedeutende Männer wie Simrock, Kinkel und aufstrebende Talente dazu beitrugen. Ich selbst
hatte öfters die Aufgabe, zu irgend einer Dichtung eine, Aauarellvignette zu liefern; auch Frau
Johanna lieferte drastische und oft urkomische Bildchen zu heitern Erzählungen.
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