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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die imperialistische Bewegung in England

haben beinahe den Charakter eines Duells zwischen seinen zwei bedeutendsten
Männern, Rhodes und Krüger. Ein jeder Schlag, den der eine führt, wird
von dem andern pariert und mit einem Gegenschlag beantwortet. Der Jamesonsche
Pulses, dessen Wirkung unsers Trachtens vielfach überschätzt wird, hat momentan
die Sache zu Gunsten von Krüger und zum Nachteil von Rhodes verschoben,
dessen Sache bei den Holländern des Kaplandes dadurch schwer geschädigt war.

Bei der Schwierigkeit, auf dem nächsten Wege zum Ziele zu gelangen,
hatte Rhodes von Anfang an damit gerechnet, daß man es nur auf einem
Umweg erreichen könne. Als er im Jahre 1884 in einer Rede im Kap¬
parlament sein politisches Programm entwickelte, erklärte er, daß die Aus¬
dehnung nach Norden zugleich das sicherste Mittel sei, die Vereinigung Süd¬
afrikas herbeizuführen. Damals stimmte kein einziger für ihn. Bei seiner
Ausdehnungspvlitik hatte er einen Widerstand zu überwinden, den man heute
kaum mehr begreift. Als er, um eine Grenzstreitigkeit aus der Welt zu schaffen,
als Kommissar Niederbetschuanaland für die Kapkolonie erwarb, weigerte sich
diese, das Land anzunehmen. Durch den Einfluß des dortigen Gouverneurs
wurde schließlich das Auswärtige Amt in London soweit umgestimmt, daß es
das Land annehmen wollte, falls die Kapkolonie die Hälfte der Ausgaben
bestritte. Auch dazu verstand man sich nicht. Im Jahre 1884 kam endlich
das Protektorat zustande, als Mackenzie zum Vertreter Großbritanniens ernannt
wurde. Dieselbe Teilnahmlosigkeit begegnete ihm auch später immer. Nicht
der Energie des Auswärtigen Amts oder der Kapregieruug, sondern ausschließlich
dem Dazwischentreten von Cecil Rhodes hat es England zu danken, daß Ober-
betschuanaland nicht den Buren und Matabeleland und damit Rhodesia den
Deutschen oder Buren in die Hand fielen. Graf v. Pfeil war schon auf dem
Wege zu Lobengula, dem Könige von Matabeleland, als er erkrankte und so
von Rhodes Abgesandten überholt wurde. Mit diesen hatte inzwischen Lo¬
bengula den Vertrag unterzeichnet, auf Grund dessen 1838 die "Südafrikanische
Gesellschaft" zustande kam.

Es scheint uns einer der großen Triumphe von Rhodes Staatskunst, daß
er die Holländer der Kapkolonie zur Annexion von Matabeleland bewog, obwohl
dadurch die stammverwandten Buren ebenso vom Innern Afrikas abgeschnitten
wurden, wie sie schon von dem Meere abgeschnitten waren. Bei der geringen
Opferwilligkeit der heimischen wie der Kapregierung glaubte Rhodes zu einem
andern System, die neu gewonnenen Länder zu erschließen, greifen zu müssen:
er erlangte einen königlichen Freibrief lMarwr) für die Südafrikanische
Gesellschaft, die von jetzt an meist die (nu-utsrect vompan^ genannt --
damit aus der Reihe der Handelsgesellschaften heraustrat und eine politische
Macht wurde. "Ich habe -- sagte er später -- im Rückblick auf diese Kämpfe
eines herausgefunden, und das ist: wenn man eine Idee hat, und es ist eine
gute Idee, und man hält bloß an ihr fest, so wird man schließlich damit zum


Die imperialistische Bewegung in England

haben beinahe den Charakter eines Duells zwischen seinen zwei bedeutendsten
Männern, Rhodes und Krüger. Ein jeder Schlag, den der eine führt, wird
von dem andern pariert und mit einem Gegenschlag beantwortet. Der Jamesonsche
Pulses, dessen Wirkung unsers Trachtens vielfach überschätzt wird, hat momentan
die Sache zu Gunsten von Krüger und zum Nachteil von Rhodes verschoben,
dessen Sache bei den Holländern des Kaplandes dadurch schwer geschädigt war.

Bei der Schwierigkeit, auf dem nächsten Wege zum Ziele zu gelangen,
hatte Rhodes von Anfang an damit gerechnet, daß man es nur auf einem
Umweg erreichen könne. Als er im Jahre 1884 in einer Rede im Kap¬
parlament sein politisches Programm entwickelte, erklärte er, daß die Aus¬
dehnung nach Norden zugleich das sicherste Mittel sei, die Vereinigung Süd¬
afrikas herbeizuführen. Damals stimmte kein einziger für ihn. Bei seiner
Ausdehnungspvlitik hatte er einen Widerstand zu überwinden, den man heute
kaum mehr begreift. Als er, um eine Grenzstreitigkeit aus der Welt zu schaffen,
als Kommissar Niederbetschuanaland für die Kapkolonie erwarb, weigerte sich
diese, das Land anzunehmen. Durch den Einfluß des dortigen Gouverneurs
wurde schließlich das Auswärtige Amt in London soweit umgestimmt, daß es
das Land annehmen wollte, falls die Kapkolonie die Hälfte der Ausgaben
bestritte. Auch dazu verstand man sich nicht. Im Jahre 1884 kam endlich
das Protektorat zustande, als Mackenzie zum Vertreter Großbritanniens ernannt
wurde. Dieselbe Teilnahmlosigkeit begegnete ihm auch später immer. Nicht
der Energie des Auswärtigen Amts oder der Kapregieruug, sondern ausschließlich
dem Dazwischentreten von Cecil Rhodes hat es England zu danken, daß Ober-
betschuanaland nicht den Buren und Matabeleland und damit Rhodesia den
Deutschen oder Buren in die Hand fielen. Graf v. Pfeil war schon auf dem
Wege zu Lobengula, dem Könige von Matabeleland, als er erkrankte und so
von Rhodes Abgesandten überholt wurde. Mit diesen hatte inzwischen Lo¬
bengula den Vertrag unterzeichnet, auf Grund dessen 1838 die „Südafrikanische
Gesellschaft" zustande kam.

Es scheint uns einer der großen Triumphe von Rhodes Staatskunst, daß
er die Holländer der Kapkolonie zur Annexion von Matabeleland bewog, obwohl
dadurch die stammverwandten Buren ebenso vom Innern Afrikas abgeschnitten
wurden, wie sie schon von dem Meere abgeschnitten waren. Bei der geringen
Opferwilligkeit der heimischen wie der Kapregierung glaubte Rhodes zu einem
andern System, die neu gewonnenen Länder zu erschließen, greifen zu müssen:
er erlangte einen königlichen Freibrief lMarwr) für die Südafrikanische
Gesellschaft, die von jetzt an meist die (nu-utsrect vompan^ genannt —
damit aus der Reihe der Handelsgesellschaften heraustrat und eine politische
Macht wurde. „Ich habe — sagte er später — im Rückblick auf diese Kämpfe
eines herausgefunden, und das ist: wenn man eine Idee hat, und es ist eine
gute Idee, und man hält bloß an ihr fest, so wird man schließlich damit zum


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/94>, abgerufen am 23.07.2024.