Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die imperialistische Bewegung in England

Zeit der Leiter der Kappolitik und der lenkende Geist in drei großen finan¬
ziellen Unternehmungen, in den vo Lse-rs, den (xolclüeläs und in der 1889
gegründeten Linn'tereä lüowpairy. --

Goethe kommt wiederholt auf den Gedanken zurück, daß Genuß und That
unverträglich seien, und daß Männer wie der Antonius Shakespeares deshalb
scheitern müssen, weil sie beides verbinden wollen. Auch dem Kaiser im zweiten
Teil des "Faust" beliebt es.,nach Mephisto


, . -^Osch.zu schließen,
Es könne ivohl zusgimnengehn, , ^
Und sei recht wchiMMiert Md schön,^.
Regieren und zugleich genießen. , ' ^

Darauf bemerkt Faust:


Ein großer Irrtum! Wer befehlen soll.
Muß im Befehlen Seligkeit empfinden.

Es machte Napoleon nach Goethe so groß, daß er nur wirken, nicht ge¬
nießen wollte, aber hierin lag auch die Gefahr eines solchen Charakters, der
niemals mit dem Erreichten zufrieden sein konnte, sondern immer weiter streben
mußte. In diese Klasse von Menschen scheint auch Cecil Rhodes zu gehören,
wenn man auch den ungeheuern Unterschied der Begabung mehr hätte in Be¬
tracht ziehen sollen, als man ihn den "Napoleon von Südafrika" nannte.

Am meisten scheint uns für ihn dies charakteristisch, daß er auf der Welt
nur das Wirken für seine Ziele kennt und ganz darin aufgeht. Der Jüng¬
ling, der in Kimberley Diamanten suchte, wird uns geschildert als träumerisch,
nachlässig in seinem Äußern, zurückhaltend und barsch, aber auffallend durch
seine Energie und seine selbständige Beurteilung von Menschen und Dingen.
Die Unabhängigkeit des Denkens, das auf die Dinge selber geht und weder
von den Meinungen der Bücher noch andrer Menschen beeinflußt wird, die
ungeheure Thatkraft, die nicht durch das Genießen abgelenkt oder gelähmt
wird, die Gleichgiltigkeit gegen den Schein und alle Äußerlichkeiten fallen auch
später besonders an dem Manne auf. "Ich gestand mir ein, erzählt der bekannte
Dr. Jameson über seine ersten Begegnungen mit ihm, daß, was bloße natür¬
liche Begabung anbetrifft, ich nie einen Mann getroffen hatte, der Cecil Rhodes
nahe kam; und ich habe noch immer meine anfänglichen Eindrücke von ihm,
die vollauf durch die Erfahrung gerechtfertigt wurden." Die Größe seiner
Ziele und die Selbständigkeit seiner Ansichten brachten es mit sich, daß er den
meisten exzentrisch und utopisch erschien. Das war auch noch 1889 bei der
Gründung der Otiartöroct <üoiv.xg,n^ die Ansicht der gewiegten Finanzleute,
obwohl doch genug Proben seines finanziellen Genies vorlagen. "Diese selt¬
same Persönlichkeit, sagt ein Franzose,*) der bei der Beurteilung südafrikanischer



-> Uvnnsix, Ils LiAnsvsal ot In. (ZltM'toi'va. 1'al-i", 1897.
Die imperialistische Bewegung in England

Zeit der Leiter der Kappolitik und der lenkende Geist in drei großen finan¬
ziellen Unternehmungen, in den vo Lse-rs, den (xolclüeläs und in der 1889
gegründeten Linn'tereä lüowpairy. —

Goethe kommt wiederholt auf den Gedanken zurück, daß Genuß und That
unverträglich seien, und daß Männer wie der Antonius Shakespeares deshalb
scheitern müssen, weil sie beides verbinden wollen. Auch dem Kaiser im zweiten
Teil des „Faust" beliebt es.,nach Mephisto


, . -^Osch.zu schließen,
Es könne ivohl zusgimnengehn, , ^
Und sei recht wchiMMiert Md schön,^.
Regieren und zugleich genießen. , ' ^

Darauf bemerkt Faust:


Ein großer Irrtum! Wer befehlen soll.
Muß im Befehlen Seligkeit empfinden.

Es machte Napoleon nach Goethe so groß, daß er nur wirken, nicht ge¬
nießen wollte, aber hierin lag auch die Gefahr eines solchen Charakters, der
niemals mit dem Erreichten zufrieden sein konnte, sondern immer weiter streben
mußte. In diese Klasse von Menschen scheint auch Cecil Rhodes zu gehören,
wenn man auch den ungeheuern Unterschied der Begabung mehr hätte in Be¬
tracht ziehen sollen, als man ihn den „Napoleon von Südafrika" nannte.

Am meisten scheint uns für ihn dies charakteristisch, daß er auf der Welt
nur das Wirken für seine Ziele kennt und ganz darin aufgeht. Der Jüng¬
ling, der in Kimberley Diamanten suchte, wird uns geschildert als träumerisch,
nachlässig in seinem Äußern, zurückhaltend und barsch, aber auffallend durch
seine Energie und seine selbständige Beurteilung von Menschen und Dingen.
Die Unabhängigkeit des Denkens, das auf die Dinge selber geht und weder
von den Meinungen der Bücher noch andrer Menschen beeinflußt wird, die
ungeheure Thatkraft, die nicht durch das Genießen abgelenkt oder gelähmt
wird, die Gleichgiltigkeit gegen den Schein und alle Äußerlichkeiten fallen auch
später besonders an dem Manne auf. „Ich gestand mir ein, erzählt der bekannte
Dr. Jameson über seine ersten Begegnungen mit ihm, daß, was bloße natür¬
liche Begabung anbetrifft, ich nie einen Mann getroffen hatte, der Cecil Rhodes
nahe kam; und ich habe noch immer meine anfänglichen Eindrücke von ihm,
die vollauf durch die Erfahrung gerechtfertigt wurden." Die Größe seiner
Ziele und die Selbständigkeit seiner Ansichten brachten es mit sich, daß er den
meisten exzentrisch und utopisch erschien. Das war auch noch 1889 bei der
Gründung der Otiartöroct <üoiv.xg,n^ die Ansicht der gewiegten Finanzleute,
obwohl doch genug Proben seines finanziellen Genies vorlagen. „Diese selt¬
same Persönlichkeit, sagt ein Franzose,*) der bei der Beurteilung südafrikanischer



-> Uvnnsix, Ils LiAnsvsal ot In. (ZltM'toi'va. 1'al-i», 1897.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0091" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229777"/>
            <fw type="header" place="top"> Die imperialistische Bewegung in England</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_334" prev="#ID_333"> Zeit der Leiter der Kappolitik und der lenkende Geist in drei großen finan¬<lb/>
ziellen Unternehmungen, in den vo Lse-rs, den (xolclüeläs und in der 1889<lb/>
gegründeten Linn'tereä lüowpairy. &#x2014;</p><lb/>
            <p xml:id="ID_335" next="#ID_336"> Goethe kommt wiederholt auf den Gedanken zurück, daß Genuß und That<lb/>
unverträglich seien, und daß Männer wie der Antonius Shakespeares deshalb<lb/>
scheitern müssen, weil sie beides verbinden wollen. Auch dem Kaiser im zweiten<lb/>
Teil des &#x201E;Faust" beliebt es.,nach Mephisto</p><lb/>
            <quote> ,  .  -^Osch.zu schließen,<lb/>
Es könne ivohl zusgimnengehn, , ^<lb/>
Und sei recht wchiMMiert Md schön,^.<lb/>
Regieren und zugleich genießen. , ' ^</quote><lb/>
            <p xml:id="ID_336" prev="#ID_335" next="#ID_337"> Darauf bemerkt Faust:</p><lb/>
            <quote> Ein großer Irrtum!  Wer befehlen soll.<lb/>
Muß im Befehlen Seligkeit empfinden.</quote><lb/>
            <p xml:id="ID_337" prev="#ID_336"> Es machte Napoleon nach Goethe so groß, daß er nur wirken, nicht ge¬<lb/>
nießen wollte, aber hierin lag auch die Gefahr eines solchen Charakters, der<lb/>
niemals mit dem Erreichten zufrieden sein konnte, sondern immer weiter streben<lb/>
mußte. In diese Klasse von Menschen scheint auch Cecil Rhodes zu gehören,<lb/>
wenn man auch den ungeheuern Unterschied der Begabung mehr hätte in Be¬<lb/>
tracht ziehen sollen, als man ihn den &#x201E;Napoleon von Südafrika" nannte.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_338" next="#ID_339"> Am meisten scheint uns für ihn dies charakteristisch, daß er auf der Welt<lb/>
nur das Wirken für seine Ziele kennt und ganz darin aufgeht. Der Jüng¬<lb/>
ling, der in Kimberley Diamanten suchte, wird uns geschildert als träumerisch,<lb/>
nachlässig in seinem Äußern, zurückhaltend und barsch, aber auffallend durch<lb/>
seine Energie und seine selbständige Beurteilung von Menschen und Dingen.<lb/>
Die Unabhängigkeit des Denkens, das auf die Dinge selber geht und weder<lb/>
von den Meinungen der Bücher noch andrer Menschen beeinflußt wird, die<lb/>
ungeheure Thatkraft, die nicht durch das Genießen abgelenkt oder gelähmt<lb/>
wird, die Gleichgiltigkeit gegen den Schein und alle Äußerlichkeiten fallen auch<lb/>
später besonders an dem Manne auf. &#x201E;Ich gestand mir ein, erzählt der bekannte<lb/>
Dr. Jameson über seine ersten Begegnungen mit ihm, daß, was bloße natür¬<lb/>
liche Begabung anbetrifft, ich nie einen Mann getroffen hatte, der Cecil Rhodes<lb/>
nahe kam; und ich habe noch immer meine anfänglichen Eindrücke von ihm,<lb/>
die vollauf durch die Erfahrung gerechtfertigt wurden." Die Größe seiner<lb/>
Ziele und die Selbständigkeit seiner Ansichten brachten es mit sich, daß er den<lb/>
meisten exzentrisch und utopisch erschien. Das war auch noch 1889 bei der<lb/>
Gründung der Otiartöroct &lt;üoiv.xg,n^ die Ansicht der gewiegten Finanzleute,<lb/>
obwohl doch genug Proben seines finanziellen Genies vorlagen. &#x201E;Diese selt¬<lb/>
same Persönlichkeit, sagt ein Franzose,*) der bei der Beurteilung südafrikanischer</p><lb/>
            <note xml:id="FID_23" place="foot"> -&gt; Uvnnsix, Ils LiAnsvsal ot In. (ZltM'toi'va.  1'al-i», 1897.</note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0091] Die imperialistische Bewegung in England Zeit der Leiter der Kappolitik und der lenkende Geist in drei großen finan¬ ziellen Unternehmungen, in den vo Lse-rs, den (xolclüeläs und in der 1889 gegründeten Linn'tereä lüowpairy. — Goethe kommt wiederholt auf den Gedanken zurück, daß Genuß und That unverträglich seien, und daß Männer wie der Antonius Shakespeares deshalb scheitern müssen, weil sie beides verbinden wollen. Auch dem Kaiser im zweiten Teil des „Faust" beliebt es.,nach Mephisto , . -^Osch.zu schließen, Es könne ivohl zusgimnengehn, , ^ Und sei recht wchiMMiert Md schön,^. Regieren und zugleich genießen. , ' ^ Darauf bemerkt Faust: Ein großer Irrtum! Wer befehlen soll. Muß im Befehlen Seligkeit empfinden. Es machte Napoleon nach Goethe so groß, daß er nur wirken, nicht ge¬ nießen wollte, aber hierin lag auch die Gefahr eines solchen Charakters, der niemals mit dem Erreichten zufrieden sein konnte, sondern immer weiter streben mußte. In diese Klasse von Menschen scheint auch Cecil Rhodes zu gehören, wenn man auch den ungeheuern Unterschied der Begabung mehr hätte in Be¬ tracht ziehen sollen, als man ihn den „Napoleon von Südafrika" nannte. Am meisten scheint uns für ihn dies charakteristisch, daß er auf der Welt nur das Wirken für seine Ziele kennt und ganz darin aufgeht. Der Jüng¬ ling, der in Kimberley Diamanten suchte, wird uns geschildert als träumerisch, nachlässig in seinem Äußern, zurückhaltend und barsch, aber auffallend durch seine Energie und seine selbständige Beurteilung von Menschen und Dingen. Die Unabhängigkeit des Denkens, das auf die Dinge selber geht und weder von den Meinungen der Bücher noch andrer Menschen beeinflußt wird, die ungeheure Thatkraft, die nicht durch das Genießen abgelenkt oder gelähmt wird, die Gleichgiltigkeit gegen den Schein und alle Äußerlichkeiten fallen auch später besonders an dem Manne auf. „Ich gestand mir ein, erzählt der bekannte Dr. Jameson über seine ersten Begegnungen mit ihm, daß, was bloße natür¬ liche Begabung anbetrifft, ich nie einen Mann getroffen hatte, der Cecil Rhodes nahe kam; und ich habe noch immer meine anfänglichen Eindrücke von ihm, die vollauf durch die Erfahrung gerechtfertigt wurden." Die Größe seiner Ziele und die Selbständigkeit seiner Ansichten brachten es mit sich, daß er den meisten exzentrisch und utopisch erschien. Das war auch noch 1889 bei der Gründung der Otiartöroct <üoiv.xg,n^ die Ansicht der gewiegten Finanzleute, obwohl doch genug Proben seines finanziellen Genies vorlagen. „Diese selt¬ same Persönlichkeit, sagt ein Franzose,*) der bei der Beurteilung südafrikanischer -> Uvnnsix, Ils LiAnsvsal ot In. (ZltM'toi'va. 1'al-i», 1897.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/91
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/91>, abgerufen am 23.07.2024.