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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Kaiserliche Finanzen

günstig sei. Selbstverständlich entziehen sich die Gründe für diese Sparsamkeit
der Beurteilung; aber man sollte meinen, sie wären leicht zu erkennen. Sicher¬
lich denkt der Kaiser daran, daß in nicht zu langer Zeit seine sechs Prinzen
erwachsen sein, sich vermählen und ihre eignen Haushaltungen haben werden.
Dann müssen ^ denn die Zahl evangelischer Prinzessinnen und insbesondre
solcher, die eine einigermaßen bedeutende Mitgift besitzen, ist sehr gering --
die Anforderungen an die Königliche Kasse recht groß werden, viel größer als
heute, wo die Kaiserlichen Kinder noch bei ihren Eltern oder, wie die drei
ältesten Prinzen, in einfachster Weise in Plön wohnen.

Somit kann jeder gute Preuße und Deutsche sicher sein, daß die Finanzen
seines Königs und Kaisers so geordnet sind, wie es die irgend eines reichen
Privatmannes im Staat oder Reich nur irgend sein können. Wer aber
noch weiter nachforschen will, der schlage einmal das "Handbuch über den
Königlich Preußischen Hof und Staat" uach. In dem Abschnitt Ministerium
des Königlichen Hauses wird er die unter der Verwaltung der Hofkammer
stehenden Fcnnilicngüter einschließlich des Forstbesitzes, und zwar gegen achtzig
sogenannte "Pachtvorwerke," d. h. Landgüter und fünfzehn Oberförstereien, die
dem Könige, daneben zehn Besitzungen, die dem Prinzen Heinrich gehören, und
außerdem das Königlich Prinzliche Fideikommiß verzeichnet finden, und weiter
unter Hofmarschallamt, Unterabschnitt Schloßverwaltungen, den sonstigen Grund¬
besitz -- alles nicht Staats- sondern Krongut, das durch die dazu eingesetzten
Behörden nach den Grundsätzen altpreußischer Sparsamkeit verwaltet wird.
Selbst wenn man sich den Fall denken wollte, der Herr eines so großen Ver¬
mögens -- der Kaiser hat sich selbst einmal den größten Grundbesitzer im Lande
genannt -- könnte einmal in Verlegenheiten geraten, so hätte er doch Wert¬
objekte genug, die er verkaufen oder verpfänden könnte, ohne in die Notwendigkeit
versetzt zu werden, irgend welche fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es ist wie gesagt kein Gerücht so widersinnig, daß es nicht doch Glauben
funde. "Etwas muß doch daran sein, sonst könnte man es nicht verbreiten,"
pflegt man zu sagen. Und leider giebt es Leute, die es sich angelegen sein
lasten, aus solchen Verdächtigungen Waffen gegen die Krone zu schmieden.
Die Meinung, der Kaiser sei finanziell in bedrängter Lage, ja er sei sogar
verschuldet und von seinen Gläubigern abhängig, spielt eine vergiftende Rolle
in weiten Kreisen des Volks. So war, wie noch in frischer Erinnerung steht,
verbreitet worden, der preußische Landtag sollte um eine Beisteuer zu den
Kosten der Fahrt nach Konstantinopel und Jerusalem angegangen werden.
Eine derartige Reise hat nicht nur Erholung und Vergnügen, sondern, das
sah man im Ausland wieder besser ein als bei uns, auch die Vertretung poli¬
tischer Interessen zum Zweck, wie dies ja auch in der Thronrede hervorgehoben
worden ist. Somit wäre eine staatliche Kostenbeteiligung durchaus nicht un¬
billig gewesen, höchstens hätte man darüber streiten können, ob sie Preußen


Kaiserliche Finanzen

günstig sei. Selbstverständlich entziehen sich die Gründe für diese Sparsamkeit
der Beurteilung; aber man sollte meinen, sie wären leicht zu erkennen. Sicher¬
lich denkt der Kaiser daran, daß in nicht zu langer Zeit seine sechs Prinzen
erwachsen sein, sich vermählen und ihre eignen Haushaltungen haben werden.
Dann müssen ^ denn die Zahl evangelischer Prinzessinnen und insbesondre
solcher, die eine einigermaßen bedeutende Mitgift besitzen, ist sehr gering —
die Anforderungen an die Königliche Kasse recht groß werden, viel größer als
heute, wo die Kaiserlichen Kinder noch bei ihren Eltern oder, wie die drei
ältesten Prinzen, in einfachster Weise in Plön wohnen.

Somit kann jeder gute Preuße und Deutsche sicher sein, daß die Finanzen
seines Königs und Kaisers so geordnet sind, wie es die irgend eines reichen
Privatmannes im Staat oder Reich nur irgend sein können. Wer aber
noch weiter nachforschen will, der schlage einmal das „Handbuch über den
Königlich Preußischen Hof und Staat" uach. In dem Abschnitt Ministerium
des Königlichen Hauses wird er die unter der Verwaltung der Hofkammer
stehenden Fcnnilicngüter einschließlich des Forstbesitzes, und zwar gegen achtzig
sogenannte „Pachtvorwerke," d. h. Landgüter und fünfzehn Oberförstereien, die
dem Könige, daneben zehn Besitzungen, die dem Prinzen Heinrich gehören, und
außerdem das Königlich Prinzliche Fideikommiß verzeichnet finden, und weiter
unter Hofmarschallamt, Unterabschnitt Schloßverwaltungen, den sonstigen Grund¬
besitz — alles nicht Staats- sondern Krongut, das durch die dazu eingesetzten
Behörden nach den Grundsätzen altpreußischer Sparsamkeit verwaltet wird.
Selbst wenn man sich den Fall denken wollte, der Herr eines so großen Ver¬
mögens — der Kaiser hat sich selbst einmal den größten Grundbesitzer im Lande
genannt — könnte einmal in Verlegenheiten geraten, so hätte er doch Wert¬
objekte genug, die er verkaufen oder verpfänden könnte, ohne in die Notwendigkeit
versetzt zu werden, irgend welche fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Es ist wie gesagt kein Gerücht so widersinnig, daß es nicht doch Glauben
funde. „Etwas muß doch daran sein, sonst könnte man es nicht verbreiten,"
pflegt man zu sagen. Und leider giebt es Leute, die es sich angelegen sein
lasten, aus solchen Verdächtigungen Waffen gegen die Krone zu schmieden.
Die Meinung, der Kaiser sei finanziell in bedrängter Lage, ja er sei sogar
verschuldet und von seinen Gläubigern abhängig, spielt eine vergiftende Rolle
in weiten Kreisen des Volks. So war, wie noch in frischer Erinnerung steht,
verbreitet worden, der preußische Landtag sollte um eine Beisteuer zu den
Kosten der Fahrt nach Konstantinopel und Jerusalem angegangen werden.
Eine derartige Reise hat nicht nur Erholung und Vergnügen, sondern, das
sah man im Ausland wieder besser ein als bei uns, auch die Vertretung poli¬
tischer Interessen zum Zweck, wie dies ja auch in der Thronrede hervorgehoben
worden ist. Somit wäre eine staatliche Kostenbeteiligung durchaus nicht un¬
billig gewesen, höchstens hätte man darüber streiten können, ob sie Preußen


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[0078] Kaiserliche Finanzen günstig sei. Selbstverständlich entziehen sich die Gründe für diese Sparsamkeit der Beurteilung; aber man sollte meinen, sie wären leicht zu erkennen. Sicher¬ lich denkt der Kaiser daran, daß in nicht zu langer Zeit seine sechs Prinzen erwachsen sein, sich vermählen und ihre eignen Haushaltungen haben werden. Dann müssen ^ denn die Zahl evangelischer Prinzessinnen und insbesondre solcher, die eine einigermaßen bedeutende Mitgift besitzen, ist sehr gering — die Anforderungen an die Königliche Kasse recht groß werden, viel größer als heute, wo die Kaiserlichen Kinder noch bei ihren Eltern oder, wie die drei ältesten Prinzen, in einfachster Weise in Plön wohnen. Somit kann jeder gute Preuße und Deutsche sicher sein, daß die Finanzen seines Königs und Kaisers so geordnet sind, wie es die irgend eines reichen Privatmannes im Staat oder Reich nur irgend sein können. Wer aber noch weiter nachforschen will, der schlage einmal das „Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat" uach. In dem Abschnitt Ministerium des Königlichen Hauses wird er die unter der Verwaltung der Hofkammer stehenden Fcnnilicngüter einschließlich des Forstbesitzes, und zwar gegen achtzig sogenannte „Pachtvorwerke," d. h. Landgüter und fünfzehn Oberförstereien, die dem Könige, daneben zehn Besitzungen, die dem Prinzen Heinrich gehören, und außerdem das Königlich Prinzliche Fideikommiß verzeichnet finden, und weiter unter Hofmarschallamt, Unterabschnitt Schloßverwaltungen, den sonstigen Grund¬ besitz — alles nicht Staats- sondern Krongut, das durch die dazu eingesetzten Behörden nach den Grundsätzen altpreußischer Sparsamkeit verwaltet wird. Selbst wenn man sich den Fall denken wollte, der Herr eines so großen Ver¬ mögens — der Kaiser hat sich selbst einmal den größten Grundbesitzer im Lande genannt — könnte einmal in Verlegenheiten geraten, so hätte er doch Wert¬ objekte genug, die er verkaufen oder verpfänden könnte, ohne in die Notwendigkeit versetzt zu werden, irgend welche fremde Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist wie gesagt kein Gerücht so widersinnig, daß es nicht doch Glauben funde. „Etwas muß doch daran sein, sonst könnte man es nicht verbreiten," pflegt man zu sagen. Und leider giebt es Leute, die es sich angelegen sein lasten, aus solchen Verdächtigungen Waffen gegen die Krone zu schmieden. Die Meinung, der Kaiser sei finanziell in bedrängter Lage, ja er sei sogar verschuldet und von seinen Gläubigern abhängig, spielt eine vergiftende Rolle in weiten Kreisen des Volks. So war, wie noch in frischer Erinnerung steht, verbreitet worden, der preußische Landtag sollte um eine Beisteuer zu den Kosten der Fahrt nach Konstantinopel und Jerusalem angegangen werden. Eine derartige Reise hat nicht nur Erholung und Vergnügen, sondern, das sah man im Ausland wieder besser ein als bei uns, auch die Vertretung poli¬ tischer Interessen zum Zweck, wie dies ja auch in der Thronrede hervorgehoben worden ist. Somit wäre eine staatliche Kostenbeteiligung durchaus nicht un¬ billig gewesen, höchstens hätte man darüber streiten können, ob sie Preußen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/78>, abgerufen am 23.07.2024.