Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Einige Bedenken über die Politik der konservativen Partei erscheint diese Behauptung für den Eingeweihten vielleicht als eine xtg, triM8, als Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zum eigentlichen Thema zurück. Einige Bedenken über die Politik der konservativen Partei erscheint diese Behauptung für den Eingeweihten vielleicht als eine xtg, triM8, als Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zum eigentlichen Thema zurück. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/230166"/> <fw type="header" place="top"> Einige Bedenken über die Politik der konservativen Partei</fw><lb/> <p xml:id="ID_1964" prev="#ID_1963"> erscheint diese Behauptung für den Eingeweihten vielleicht als eine xtg, triM8, als<lb/> eine Art Einbildung. Schon manchmal konnte man sich schwer der Empfindung<lb/> verschließen, als lasse sich die konservative Fraktion auch durch persönliche<lb/> Abneigung und bloße besondre Zuneigung in ihrer ganzen Haltung leiten oder<lb/> doch stark beeinflussen. Einem Minister, der allzu sozialpolitisch eifrig, zu<lb/> arbeiter- und arbciterfürsorgcfrcundlich, zu gleichgültig oder zu wenig rücksichts¬<lb/> voll gegen den Arbeitgeber zu sein schien (Frhr. von Berlepsch), dem zeigte<lb/> man Übelwollen bei jeder Gelegenheit, seine Gesetzesvorlagen wurden besouders<lb/> nachhaltig bekämpft; das war zum mindesten der Fall bei seiner Vorlage<lb/> wegen der Einführung obligatorischer Handelskammern, die man schon deshalb<lb/> ablehnte, weil man keine obligatorischen Landwirtschaftskammern bekommen<lb/> hatte, ohne den in die Augen fallenden Unterschied beider Einrichtungen zu<lb/> berücksichtigen. Umgekehrt kommt man den Planen des Finanzministers, der<lb/> agrarfrenndlicher erscheint, der die Grundsteuer mit den andern Nealsteuern<lb/> außer Hebung gesetzt hat, freundlicher entgegen. Als z. B. seiner Zeit durch<lb/> den Etat für zehn Regierungen neue (vierte) Oberregierungsräte für die<lb/> Leitung der Steuerangelegenhcitcn gefordert wurden, erhoben sich wie allgemein<lb/> bekannt lebhafte Besorgnisse und Bedenken: man fürchtete einen unliebsamen<lb/> büreaukratischen Einfluß auf die Einkommensteuerkommissionen und andre Nach¬<lb/> teile; aber der Widerspruch blieb im Hause unausgesprochen, die Stellen<lb/> wurden ohne weiteres bewilligt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1965" next="#ID_1966"> Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zum eigentlichen Thema zurück.<lb/> Nachdem man 1890 das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der<lb/> Sozialdemokratie hatte fallen lassen, wofür in erster Linie die Konservativen<lb/> die Verantwortung trugen, wäre es um so dringender gewesen, fortzuschreiten<lb/> auf dem Wege, den die berühmte Botschaft Kaiser Wilhelms I. vom 17. No¬<lb/> vember 1881 gewiesen hatte. Als sich aber trotz der Arbeiterfürsorgcgcsetze<lb/> (Kranken- und Unfall-, sowie Jnvaliditnts- und Altersversicherung) die sozial¬<lb/> demokratischen Stimmzettel bei den Reichstagswahlen immer vermehrten, als<lb/> man die Arbeiter immer unzufrieduer und begehrlicher werden sah, wandte man<lb/> sich von der Sozialreform ab, man verzichtete auf den Plan, die Arbeiter „in der<lb/> Form korporativer Genossenschaften" zusammenzufassen, man kehrte sich mehr<lb/> und mehr der Politik der Gewalt zu. Statt die sozialdemokratischen Ideen<lb/> zu bekämpfen, wollten die Konservativen die Arbeitermassen mundtot machen<lb/> durch die Vereinsgesetznovelle von 1897, die einen so schrillen Mißklang in<lb/> die Verhandlungen des preußischen Landtags brachte und zu einer Niederlage<lb/> des Ministeriums und seiner konservativen Gefolgschaft führte. Statt nur<lb/> sozialdemokratische, sozialistische und anarchistische, auf den Umsturz der Staats¬<lb/> und Gesellschaftsordnung gerichtete Unternehmungen zu bekämpfen, wollte man<lb/> durch „kautschukartige," der festen Begriffsbestimmung sich entziehende Bestim¬<lb/> mungen den Polizeiorganen Befugnisse einräumen, durch die schließlich in er-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
Einige Bedenken über die Politik der konservativen Partei
erscheint diese Behauptung für den Eingeweihten vielleicht als eine xtg, triM8, als
eine Art Einbildung. Schon manchmal konnte man sich schwer der Empfindung
verschließen, als lasse sich die konservative Fraktion auch durch persönliche
Abneigung und bloße besondre Zuneigung in ihrer ganzen Haltung leiten oder
doch stark beeinflussen. Einem Minister, der allzu sozialpolitisch eifrig, zu
arbeiter- und arbciterfürsorgcfrcundlich, zu gleichgültig oder zu wenig rücksichts¬
voll gegen den Arbeitgeber zu sein schien (Frhr. von Berlepsch), dem zeigte
man Übelwollen bei jeder Gelegenheit, seine Gesetzesvorlagen wurden besouders
nachhaltig bekämpft; das war zum mindesten der Fall bei seiner Vorlage
wegen der Einführung obligatorischer Handelskammern, die man schon deshalb
ablehnte, weil man keine obligatorischen Landwirtschaftskammern bekommen
hatte, ohne den in die Augen fallenden Unterschied beider Einrichtungen zu
berücksichtigen. Umgekehrt kommt man den Planen des Finanzministers, der
agrarfrenndlicher erscheint, der die Grundsteuer mit den andern Nealsteuern
außer Hebung gesetzt hat, freundlicher entgegen. Als z. B. seiner Zeit durch
den Etat für zehn Regierungen neue (vierte) Oberregierungsräte für die
Leitung der Steuerangelegenhcitcn gefordert wurden, erhoben sich wie allgemein
bekannt lebhafte Besorgnisse und Bedenken: man fürchtete einen unliebsamen
büreaukratischen Einfluß auf die Einkommensteuerkommissionen und andre Nach¬
teile; aber der Widerspruch blieb im Hause unausgesprochen, die Stellen
wurden ohne weiteres bewilligt.
Doch wir kehren nach dieser Abschweifung zum eigentlichen Thema zurück.
Nachdem man 1890 das Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der
Sozialdemokratie hatte fallen lassen, wofür in erster Linie die Konservativen
die Verantwortung trugen, wäre es um so dringender gewesen, fortzuschreiten
auf dem Wege, den die berühmte Botschaft Kaiser Wilhelms I. vom 17. No¬
vember 1881 gewiesen hatte. Als sich aber trotz der Arbeiterfürsorgcgcsetze
(Kranken- und Unfall-, sowie Jnvaliditnts- und Altersversicherung) die sozial¬
demokratischen Stimmzettel bei den Reichstagswahlen immer vermehrten, als
man die Arbeiter immer unzufrieduer und begehrlicher werden sah, wandte man
sich von der Sozialreform ab, man verzichtete auf den Plan, die Arbeiter „in der
Form korporativer Genossenschaften" zusammenzufassen, man kehrte sich mehr
und mehr der Politik der Gewalt zu. Statt die sozialdemokratischen Ideen
zu bekämpfen, wollten die Konservativen die Arbeitermassen mundtot machen
durch die Vereinsgesetznovelle von 1897, die einen so schrillen Mißklang in
die Verhandlungen des preußischen Landtags brachte und zu einer Niederlage
des Ministeriums und seiner konservativen Gefolgschaft führte. Statt nur
sozialdemokratische, sozialistische und anarchistische, auf den Umsturz der Staats¬
und Gesellschaftsordnung gerichtete Unternehmungen zu bekämpfen, wollte man
durch „kautschukartige," der festen Begriffsbestimmung sich entziehende Bestim¬
mungen den Polizeiorganen Befugnisse einräumen, durch die schließlich in er-
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