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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Zur Reform des Personentarifs der preußischen Eisenbahnen

kommen, daß ich während der Reise genötigt werde, für die Rückfahrt irgend
eine andre Strecke zu nehmen, für die meine Rückfahrkarte nicht gilt. Eine
dritte Schwierigkeit bei der Entscheidung, ob Rückfahrkarte oder einfache Karte,
bereitet der Umstand, daß die Unterbrechung der Fahrt auf Zwischenstationen
nur je einmal bei der Hin- und Rückfahrt erlaubt ist. Muß ich mich unter¬
wegs entschließen, auf der Hin- oder auf der Rückfahrt mehr als einmal den
Zug zu verlassen, so wird meine Fahrkarte nach der zweiten Fahrtunterbrechung
für den Rest der Hin- oder Rückfahrt ungiltig.

Ich kann also eine Rückfahrkarte nur dann ohne die Gefahr einer Ver¬
teuerung benutzen, wenn vor dem Antritt der Reise feststeht: 1. daß die Rück¬
reise vor Ablauf des dritten Kalendertages angetreten wird, 2. daß die Rückreise
auf einer der hierfür zugelassenen Strecken stattfinden, 3. daß weder auf der
Hin- noch auf der Rückfahrt die Fahrt mehr als einmal unterbrochen werden
wird. Trifft eine dieser drei Voraussetzungen nicht zu, so liegt es in meinem
Vorteil, wenigstens insoweit Rückfahrkarten zu benutzen, als meine Reisedisposition
zuläßt. Zu diesem Zwecke muß ich an der Hand des Fahrplans und der
Karte mühsam zu ermitteln suchen, sür welche Strecken ich Rückfahrkarten, für
welche einfache lösen muß, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, ob der Auf¬
enthalt auf den einzelnen Stationen zur Lösung neuer Fahrkarten Zeit läßt.
Nun kann es aber auch leicht vorkommen, daß ich vorteilhaft handle, wenn ich
eine Rückfahrkarte nach einem Orte löse, den ich gar nicht besuchen will, weil
sich von diesem Orte aus die Möglichkeit bietet, die Rückfahrt auf einer Strecke
zu nehmen, die zu benutzen ich Veranlassung habe. Voraussetzung ist dabei,
daß ich den Weg von dem Orte, wo ich auf der Hinfahrt den Zug verlasse,
zu dem Orte, von wo ich die Rückfahrt antrete, mit einem andern Verkehrs¬
mittel, z. B. der Straßenbahn oder einer Kleinbahn oder auch zu Fuß zurück¬
lege, wie das namentlich auf Vergnügungsreisen, aber auch auf Geschäftsreisen
leicht vorkommt. Auch darauf muß ich also bei der Reisevorbereitung mein
Augenmerk richten. Dabei ist nur der Übelstand zu beklagen, daß die Kurs¬
bücher leine erschöpfende Auskunft darüber geben, welche Rückfahrkarten zur
Fahrt auf verschiednen Strecken berechtigen. Es kann also vorkommen, daß
ich aus Unkenntnis der Bestimmungen von den Vorteilen, die die Eisenbahn
bietet, keinen Gebrauch mache.

Man sieht, es liegen auf den Wegen der Fahrpreisermäßigungen durch
Rückfahrkarten viele Fußangeln, in denen man gefangen werden und statt der
Ermäßigung eine Erhöhung der Ausgabe finden kann. Um diesen Fußangeln
zu entgehen, bedarf es eines mühevollen und zeitraubenden Überlegens und
Studierens der Fahrpläne und mancher Erkundigung an den Auskunftsstellen,
Umstände, die das Aufstellen des einfachsten Reiseplans sehr erschweren können.
Und doch will die Eisenbahnverwaltung durch die Rückfahrkarten das Reisen
nicht erschweren, sondern erleichtern! Zu dieser Erschwerung des Reiseplan-


Zur Reform des Personentarifs der preußischen Eisenbahnen

kommen, daß ich während der Reise genötigt werde, für die Rückfahrt irgend
eine andre Strecke zu nehmen, für die meine Rückfahrkarte nicht gilt. Eine
dritte Schwierigkeit bei der Entscheidung, ob Rückfahrkarte oder einfache Karte,
bereitet der Umstand, daß die Unterbrechung der Fahrt auf Zwischenstationen
nur je einmal bei der Hin- und Rückfahrt erlaubt ist. Muß ich mich unter¬
wegs entschließen, auf der Hin- oder auf der Rückfahrt mehr als einmal den
Zug zu verlassen, so wird meine Fahrkarte nach der zweiten Fahrtunterbrechung
für den Rest der Hin- oder Rückfahrt ungiltig.

Ich kann also eine Rückfahrkarte nur dann ohne die Gefahr einer Ver¬
teuerung benutzen, wenn vor dem Antritt der Reise feststeht: 1. daß die Rück¬
reise vor Ablauf des dritten Kalendertages angetreten wird, 2. daß die Rückreise
auf einer der hierfür zugelassenen Strecken stattfinden, 3. daß weder auf der
Hin- noch auf der Rückfahrt die Fahrt mehr als einmal unterbrochen werden
wird. Trifft eine dieser drei Voraussetzungen nicht zu, so liegt es in meinem
Vorteil, wenigstens insoweit Rückfahrkarten zu benutzen, als meine Reisedisposition
zuläßt. Zu diesem Zwecke muß ich an der Hand des Fahrplans und der
Karte mühsam zu ermitteln suchen, sür welche Strecken ich Rückfahrkarten, für
welche einfache lösen muß, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, ob der Auf¬
enthalt auf den einzelnen Stationen zur Lösung neuer Fahrkarten Zeit läßt.
Nun kann es aber auch leicht vorkommen, daß ich vorteilhaft handle, wenn ich
eine Rückfahrkarte nach einem Orte löse, den ich gar nicht besuchen will, weil
sich von diesem Orte aus die Möglichkeit bietet, die Rückfahrt auf einer Strecke
zu nehmen, die zu benutzen ich Veranlassung habe. Voraussetzung ist dabei,
daß ich den Weg von dem Orte, wo ich auf der Hinfahrt den Zug verlasse,
zu dem Orte, von wo ich die Rückfahrt antrete, mit einem andern Verkehrs¬
mittel, z. B. der Straßenbahn oder einer Kleinbahn oder auch zu Fuß zurück¬
lege, wie das namentlich auf Vergnügungsreisen, aber auch auf Geschäftsreisen
leicht vorkommt. Auch darauf muß ich also bei der Reisevorbereitung mein
Augenmerk richten. Dabei ist nur der Übelstand zu beklagen, daß die Kurs¬
bücher leine erschöpfende Auskunft darüber geben, welche Rückfahrkarten zur
Fahrt auf verschiednen Strecken berechtigen. Es kann also vorkommen, daß
ich aus Unkenntnis der Bestimmungen von den Vorteilen, die die Eisenbahn
bietet, keinen Gebrauch mache.

Man sieht, es liegen auf den Wegen der Fahrpreisermäßigungen durch
Rückfahrkarten viele Fußangeln, in denen man gefangen werden und statt der
Ermäßigung eine Erhöhung der Ausgabe finden kann. Um diesen Fußangeln
zu entgehen, bedarf es eines mühevollen und zeitraubenden Überlegens und
Studierens der Fahrpläne und mancher Erkundigung an den Auskunftsstellen,
Umstände, die das Aufstellen des einfachsten Reiseplans sehr erschweren können.
Und doch will die Eisenbahnverwaltung durch die Rückfahrkarten das Reisen
nicht erschweren, sondern erleichtern! Zu dieser Erschwerung des Reiseplan-


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[0312] Zur Reform des Personentarifs der preußischen Eisenbahnen kommen, daß ich während der Reise genötigt werde, für die Rückfahrt irgend eine andre Strecke zu nehmen, für die meine Rückfahrkarte nicht gilt. Eine dritte Schwierigkeit bei der Entscheidung, ob Rückfahrkarte oder einfache Karte, bereitet der Umstand, daß die Unterbrechung der Fahrt auf Zwischenstationen nur je einmal bei der Hin- und Rückfahrt erlaubt ist. Muß ich mich unter¬ wegs entschließen, auf der Hin- oder auf der Rückfahrt mehr als einmal den Zug zu verlassen, so wird meine Fahrkarte nach der zweiten Fahrtunterbrechung für den Rest der Hin- oder Rückfahrt ungiltig. Ich kann also eine Rückfahrkarte nur dann ohne die Gefahr einer Ver¬ teuerung benutzen, wenn vor dem Antritt der Reise feststeht: 1. daß die Rück¬ reise vor Ablauf des dritten Kalendertages angetreten wird, 2. daß die Rückreise auf einer der hierfür zugelassenen Strecken stattfinden, 3. daß weder auf der Hin- noch auf der Rückfahrt die Fahrt mehr als einmal unterbrochen werden wird. Trifft eine dieser drei Voraussetzungen nicht zu, so liegt es in meinem Vorteil, wenigstens insoweit Rückfahrkarten zu benutzen, als meine Reisedisposition zuläßt. Zu diesem Zwecke muß ich an der Hand des Fahrplans und der Karte mühsam zu ermitteln suchen, sür welche Strecken ich Rückfahrkarten, für welche einfache lösen muß, wobei sorgfältig darauf zu achten ist, ob der Auf¬ enthalt auf den einzelnen Stationen zur Lösung neuer Fahrkarten Zeit läßt. Nun kann es aber auch leicht vorkommen, daß ich vorteilhaft handle, wenn ich eine Rückfahrkarte nach einem Orte löse, den ich gar nicht besuchen will, weil sich von diesem Orte aus die Möglichkeit bietet, die Rückfahrt auf einer Strecke zu nehmen, die zu benutzen ich Veranlassung habe. Voraussetzung ist dabei, daß ich den Weg von dem Orte, wo ich auf der Hinfahrt den Zug verlasse, zu dem Orte, von wo ich die Rückfahrt antrete, mit einem andern Verkehrs¬ mittel, z. B. der Straßenbahn oder einer Kleinbahn oder auch zu Fuß zurück¬ lege, wie das namentlich auf Vergnügungsreisen, aber auch auf Geschäftsreisen leicht vorkommt. Auch darauf muß ich also bei der Reisevorbereitung mein Augenmerk richten. Dabei ist nur der Übelstand zu beklagen, daß die Kurs¬ bücher leine erschöpfende Auskunft darüber geben, welche Rückfahrkarten zur Fahrt auf verschiednen Strecken berechtigen. Es kann also vorkommen, daß ich aus Unkenntnis der Bestimmungen von den Vorteilen, die die Eisenbahn bietet, keinen Gebrauch mache. Man sieht, es liegen auf den Wegen der Fahrpreisermäßigungen durch Rückfahrkarten viele Fußangeln, in denen man gefangen werden und statt der Ermäßigung eine Erhöhung der Ausgabe finden kann. Um diesen Fußangeln zu entgehen, bedarf es eines mühevollen und zeitraubenden Überlegens und Studierens der Fahrpläne und mancher Erkundigung an den Auskunftsstellen, Umstände, die das Aufstellen des einfachsten Reiseplans sehr erschweren können. Und doch will die Eisenbahnverwaltung durch die Rückfahrkarten das Reisen nicht erschweren, sondern erleichtern! Zu dieser Erschwerung des Reiseplan-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/312>, abgerufen am 23.07.2024.