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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Moritz Busch und Fürst Bismarck

Interesses getreten, die "Gedanken und Erinnerungen des Fürsten Otto von
Bismarck". Dieser Augenblick der Ruhe macht es möglich, ein ruhiges Wort
über den Verfasser und sein Buch zu sagen.

Wenn ich sage, daß das Originalmanuskript dem bei Macmillan er¬
schienenen Werke als Grundlage gedient habe, so soll damit gesagt sein, daß es
sich nicht völlig mit diesem deckt. Die englische Übersetzung hat das Original
nur verstümmelt wiedergegeben, außerdem hat sie manche Stellen falsch ver¬
standen; daraus läßt sich leicht schließen, von welcher Zuverlässigkeit das war,
was nun dem deutschen Publikum als Buschs Worte gegeben wurde, nachdem die
fehlerhafte englische Übersetzung wieder ins Deutsche übertragen worden war, und
mit welcher Vorsicht die so entstandnen Auszüge, denen die böswillige Tendenz
klar auf der Stirn stand, hätten aufgenommen werden sollen. Es sei hier
gleich vorweg gesagt, daß mit dieser Bemerkung nicht alles verteidigt und gut¬
geheißen werden soll, was das Original enthalten hat, ebenso wenig der Augen¬
blick und die Art und Weise des Erscheinens. Es war nach meiner Meinung
ein Unrecht des Verfassers, das Buch nach England zu verkaufen, was
übrigens schon im Jahre 1895 geschehen ist; geschrieben war es selbstverständlich
schon viel früher und gewissermaßen uuter den Augen des Fürsten Bismarck,
der ja an der Abfassung des ersten Bandes ("Graf Bismarck und seine Leute")
direkt beteiligt war. Busch überließ es damit der Willkür der Engländer, ohne
zu bedenke", ob er noch mit allem einverstanden sein würde, was er dem Manu¬
skript anvertraut hatte, wenn das Buch erschiene. Die Engländer haben ihre
Vollmacht natürlich dahin benutzt, daß sie alles, was nicht in ihren Kram paßte,
unterdrückten, während sie Dinge, die ein besonnener deutscher Verleger unterdrückt
Hütte, ohne Skrupel brachten. Und die Leute, die ein Interesse daran hatten,
aus dem Lärm über die Publikation Kapital für sich selbst zu schlagen, haben
sich selbstverständlich mit geschickter Hand alles das zu nutze gemacht, was sich zu
einem Radau benutzen ließ, ohne Rücksicht darauf, welchen Schaden der Brand
stiften konnte, den sie ohne Besinnen anfachten. Und leider hat sich ein großer
Teil der Presse zu Vorspanndiensten für sie benutzen lassen. Diese Leute, die
sich jetzt natürlich "seine Leute" nennen, werden nicht das Vergnügen haben,
weiteres Kapital aus meiner Publikation zu schlagen; sie wird durchaus un¬
anstößig sein und dennoch den Kanzler zeigen, wie er war, wie er dachte und
fühlte, und wie er sprach. Alles, was er Busch gesagt und für eine einstmalige
Veröffentlichung bestimmt hatte, werden auch diese Baude noch nicht bringen,
aber doch das, was jetzt gebracht werden kann, und sie werden auch damit
sah"n eine unvergleichliche Quelle für die Charakteristik des Fürsten auf lange
Zeit hinaus bleiben, trotz aller Schmach, die man auf Busch zu häufen gesucht
hat, der "wie Nikodemus zum Herrn" zu kommen pflegte, als von denen noch
kenie Rede war, die sich jetzt damit brüsten, daß sie sein Vertrauen gehabt
haben und in seine Geheimnisse eingeweiht waren.


Moritz Busch und Fürst Bismarck

Interesses getreten, die „Gedanken und Erinnerungen des Fürsten Otto von
Bismarck". Dieser Augenblick der Ruhe macht es möglich, ein ruhiges Wort
über den Verfasser und sein Buch zu sagen.

Wenn ich sage, daß das Originalmanuskript dem bei Macmillan er¬
schienenen Werke als Grundlage gedient habe, so soll damit gesagt sein, daß es
sich nicht völlig mit diesem deckt. Die englische Übersetzung hat das Original
nur verstümmelt wiedergegeben, außerdem hat sie manche Stellen falsch ver¬
standen; daraus läßt sich leicht schließen, von welcher Zuverlässigkeit das war,
was nun dem deutschen Publikum als Buschs Worte gegeben wurde, nachdem die
fehlerhafte englische Übersetzung wieder ins Deutsche übertragen worden war, und
mit welcher Vorsicht die so entstandnen Auszüge, denen die böswillige Tendenz
klar auf der Stirn stand, hätten aufgenommen werden sollen. Es sei hier
gleich vorweg gesagt, daß mit dieser Bemerkung nicht alles verteidigt und gut¬
geheißen werden soll, was das Original enthalten hat, ebenso wenig der Augen¬
blick und die Art und Weise des Erscheinens. Es war nach meiner Meinung
ein Unrecht des Verfassers, das Buch nach England zu verkaufen, was
übrigens schon im Jahre 1895 geschehen ist; geschrieben war es selbstverständlich
schon viel früher und gewissermaßen uuter den Augen des Fürsten Bismarck,
der ja an der Abfassung des ersten Bandes („Graf Bismarck und seine Leute")
direkt beteiligt war. Busch überließ es damit der Willkür der Engländer, ohne
zu bedenke», ob er noch mit allem einverstanden sein würde, was er dem Manu¬
skript anvertraut hatte, wenn das Buch erschiene. Die Engländer haben ihre
Vollmacht natürlich dahin benutzt, daß sie alles, was nicht in ihren Kram paßte,
unterdrückten, während sie Dinge, die ein besonnener deutscher Verleger unterdrückt
Hütte, ohne Skrupel brachten. Und die Leute, die ein Interesse daran hatten,
aus dem Lärm über die Publikation Kapital für sich selbst zu schlagen, haben
sich selbstverständlich mit geschickter Hand alles das zu nutze gemacht, was sich zu
einem Radau benutzen ließ, ohne Rücksicht darauf, welchen Schaden der Brand
stiften konnte, den sie ohne Besinnen anfachten. Und leider hat sich ein großer
Teil der Presse zu Vorspanndiensten für sie benutzen lassen. Diese Leute, die
sich jetzt natürlich „seine Leute" nennen, werden nicht das Vergnügen haben,
weiteres Kapital aus meiner Publikation zu schlagen; sie wird durchaus un¬
anstößig sein und dennoch den Kanzler zeigen, wie er war, wie er dachte und
fühlte, und wie er sprach. Alles, was er Busch gesagt und für eine einstmalige
Veröffentlichung bestimmt hatte, werden auch diese Baude noch nicht bringen,
aber doch das, was jetzt gebracht werden kann, und sie werden auch damit
sah»n eine unvergleichliche Quelle für die Charakteristik des Fürsten auf lange
Zeit hinaus bleiben, trotz aller Schmach, die man auf Busch zu häufen gesucht
hat, der „wie Nikodemus zum Herrn" zu kommen pflegte, als von denen noch
kenie Rede war, die sich jetzt damit brüsten, daß sie sein Vertrauen gehabt
haben und in seine Geheimnisse eingeweiht waren.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/31>, abgerufen am 23.07.2024.