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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die Zukunft Deutsch-Siidwesiafrikas

S. 273) nicht mehr zu bestreiten. Er meint nur, daß die Kosten solcher An¬
lagen zu groß seien, und in der vorerwähnten Denkschrift, Seite 130, heißt
es: "daß es außer Zweifel stehe, daß in Deutsch-Südwestafrika genügender
Grund und Boden von so guter Qualität vorhanden sei, daß sich bei hin¬
reichender Bewässerung der Anbau von Hafer, Weizen, Mais, Kafferkorn, sowie
von Gemüse" aller Art lohnen würde."

Richtig ist wohl, daß der Reichstag in seiner jetzigen Zusammensetzung
diese einen nachhaltigen Erfolg versprechenden Mittel nicht bewilligen wird; ja
es ist sogar unwahrscheinlich, daß die Regierung in den nächsten Jahren im
Reichstage für diese Zwecke eine Majorität erreichen wird. Da nun die Ver¬
hältnisse bei uns so liegen, so ist es nur zu verwundern, weshalb die Regie¬
rung nicht das von uns empfvhlne Projekt der Deportation mit allen ihr zu
Gebote stehenden Mitteln durchzuführen bestrebt ist. In unser" heimischen
Strafanstalten liegen nach Tausenden zählende intelligente Arbeitskräfte brach,
die mir ihrer rationellen Ausnutzung harren. Und die ungezählten Millionen,
die wir jetzt im Reich in einem vergeblichen Kampfe gegen das Verbrechertum
vergeuden, könnten zum Wohle der Kolonie verwandt werden. Die Gegner
des Dcportationsprojekts aus kolonialen Kreisen, selbst Gras Pfeil und
Vnlow, sind durchweg für die Verwendung unsrer Sträflinge bei den
Kultnrarbeiten in Deutsch-Südmestafnka, nur die dauernde Ansiedlung der
Sträflinge in der Kolonie nach ihrer Entlassung verabscheuen sie, einerseits,
weil sie fürchten, dieses schöne Land könnte mit dem Giftstoff verbrecherischer
Elemente infiziert werden, andrerseits, weil sie besorgen, daß der ehrliche Mann
das Land meiden würde, worin sich gewesene Sträflinge in größerer Zahl an¬
zusiedeln berechtigt wären. Allein wir habe", wie wir glauben, überzeugend
nachgewiesen, daß die von uns projektierte Ansiedlung enilassener Sträflinge
bei sachgemäßer Wahl des Ortes die Ansiedlung freier Einwandrer nicht im
geringsten zu stören vermag.

Wird das Ansiedlungsgebiet der Deportierten, wie Esser u. a. vorge¬
schlagen hat, nach dem Norden des Schutzgebietes südlich des Kuncne ober,
wie Franyois vorschlägt, in das Thal des Okavango gelegt, so liegt es ganz
außerhalb der Sphäre des Ansiedlungsgebiets freier Einwandrer. Das Thal
des Otavango insbesondre ist von dem übrigen Schutzgebiet "durch eine etwa
hundertzwanzig Kilometer breite, während des größten Teils des Jahres
wasserlose, parkähnliche Landschaft völlig getrennt" (Franyois). Und dieses


siedlungsfähigkeit dieses Schutzgebietes mit deutschen Kleinbauern schlechthin, sondern er macht
sie nur von der Vewässcruugssrage abhängig. Gerade zur Lösung dieser Frage empfahlen wir,
unsre Sträflinge heranzuziehen. Die Erschließung des Landes ist überhaupt aufs engste mit der
Wasscrfrnge verknüpft. Sie kommt für die Ausübung aller Erwerbszweige in Südmcstafrika in
Betracht, nicht nur für die Landmirlschaft, sondern auch für die Viehzucht und für den Bergbau.
(Berge. Rehbock, "Dmtsch-Südwchasrikn," Berlin, Dietrich Reimer, IM",)
Die Zukunft Deutsch-Siidwesiafrikas

S. 273) nicht mehr zu bestreiten. Er meint nur, daß die Kosten solcher An¬
lagen zu groß seien, und in der vorerwähnten Denkschrift, Seite 130, heißt
es: „daß es außer Zweifel stehe, daß in Deutsch-Südwestafrika genügender
Grund und Boden von so guter Qualität vorhanden sei, daß sich bei hin¬
reichender Bewässerung der Anbau von Hafer, Weizen, Mais, Kafferkorn, sowie
von Gemüse» aller Art lohnen würde."

Richtig ist wohl, daß der Reichstag in seiner jetzigen Zusammensetzung
diese einen nachhaltigen Erfolg versprechenden Mittel nicht bewilligen wird; ja
es ist sogar unwahrscheinlich, daß die Regierung in den nächsten Jahren im
Reichstage für diese Zwecke eine Majorität erreichen wird. Da nun die Ver¬
hältnisse bei uns so liegen, so ist es nur zu verwundern, weshalb die Regie¬
rung nicht das von uns empfvhlne Projekt der Deportation mit allen ihr zu
Gebote stehenden Mitteln durchzuführen bestrebt ist. In unser» heimischen
Strafanstalten liegen nach Tausenden zählende intelligente Arbeitskräfte brach,
die mir ihrer rationellen Ausnutzung harren. Und die ungezählten Millionen,
die wir jetzt im Reich in einem vergeblichen Kampfe gegen das Verbrechertum
vergeuden, könnten zum Wohle der Kolonie verwandt werden. Die Gegner
des Dcportationsprojekts aus kolonialen Kreisen, selbst Gras Pfeil und
Vnlow, sind durchweg für die Verwendung unsrer Sträflinge bei den
Kultnrarbeiten in Deutsch-Südmestafnka, nur die dauernde Ansiedlung der
Sträflinge in der Kolonie nach ihrer Entlassung verabscheuen sie, einerseits,
weil sie fürchten, dieses schöne Land könnte mit dem Giftstoff verbrecherischer
Elemente infiziert werden, andrerseits, weil sie besorgen, daß der ehrliche Mann
das Land meiden würde, worin sich gewesene Sträflinge in größerer Zahl an¬
zusiedeln berechtigt wären. Allein wir habe», wie wir glauben, überzeugend
nachgewiesen, daß die von uns projektierte Ansiedlung enilassener Sträflinge
bei sachgemäßer Wahl des Ortes die Ansiedlung freier Einwandrer nicht im
geringsten zu stören vermag.

Wird das Ansiedlungsgebiet der Deportierten, wie Esser u. a. vorge¬
schlagen hat, nach dem Norden des Schutzgebietes südlich des Kuncne ober,
wie Franyois vorschlägt, in das Thal des Okavango gelegt, so liegt es ganz
außerhalb der Sphäre des Ansiedlungsgebiets freier Einwandrer. Das Thal
des Otavango insbesondre ist von dem übrigen Schutzgebiet „durch eine etwa
hundertzwanzig Kilometer breite, während des größten Teils des Jahres
wasserlose, parkähnliche Landschaft völlig getrennt" (Franyois). Und dieses


siedlungsfähigkeit dieses Schutzgebietes mit deutschen Kleinbauern schlechthin, sondern er macht
sie nur von der Vewässcruugssrage abhängig. Gerade zur Lösung dieser Frage empfahlen wir,
unsre Sträflinge heranzuziehen. Die Erschließung des Landes ist überhaupt aufs engste mit der
Wasscrfrnge verknüpft. Sie kommt für die Ausübung aller Erwerbszweige in Südmcstafrika in
Betracht, nicht nur für die Landmirlschaft, sondern auch für die Viehzucht und für den Bergbau.
(Berge. Rehbock, „Dmtsch-Südwchasrikn," Berlin, Dietrich Reimer, IM«,)
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[0299] Die Zukunft Deutsch-Siidwesiafrikas S. 273) nicht mehr zu bestreiten. Er meint nur, daß die Kosten solcher An¬ lagen zu groß seien, und in der vorerwähnten Denkschrift, Seite 130, heißt es: „daß es außer Zweifel stehe, daß in Deutsch-Südwestafrika genügender Grund und Boden von so guter Qualität vorhanden sei, daß sich bei hin¬ reichender Bewässerung der Anbau von Hafer, Weizen, Mais, Kafferkorn, sowie von Gemüse» aller Art lohnen würde." Richtig ist wohl, daß der Reichstag in seiner jetzigen Zusammensetzung diese einen nachhaltigen Erfolg versprechenden Mittel nicht bewilligen wird; ja es ist sogar unwahrscheinlich, daß die Regierung in den nächsten Jahren im Reichstage für diese Zwecke eine Majorität erreichen wird. Da nun die Ver¬ hältnisse bei uns so liegen, so ist es nur zu verwundern, weshalb die Regie¬ rung nicht das von uns empfvhlne Projekt der Deportation mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln durchzuführen bestrebt ist. In unser» heimischen Strafanstalten liegen nach Tausenden zählende intelligente Arbeitskräfte brach, die mir ihrer rationellen Ausnutzung harren. Und die ungezählten Millionen, die wir jetzt im Reich in einem vergeblichen Kampfe gegen das Verbrechertum vergeuden, könnten zum Wohle der Kolonie verwandt werden. Die Gegner des Dcportationsprojekts aus kolonialen Kreisen, selbst Gras Pfeil und Vnlow, sind durchweg für die Verwendung unsrer Sträflinge bei den Kultnrarbeiten in Deutsch-Südmestafnka, nur die dauernde Ansiedlung der Sträflinge in der Kolonie nach ihrer Entlassung verabscheuen sie, einerseits, weil sie fürchten, dieses schöne Land könnte mit dem Giftstoff verbrecherischer Elemente infiziert werden, andrerseits, weil sie besorgen, daß der ehrliche Mann das Land meiden würde, worin sich gewesene Sträflinge in größerer Zahl an¬ zusiedeln berechtigt wären. Allein wir habe», wie wir glauben, überzeugend nachgewiesen, daß die von uns projektierte Ansiedlung enilassener Sträflinge bei sachgemäßer Wahl des Ortes die Ansiedlung freier Einwandrer nicht im geringsten zu stören vermag. Wird das Ansiedlungsgebiet der Deportierten, wie Esser u. a. vorge¬ schlagen hat, nach dem Norden des Schutzgebietes südlich des Kuncne ober, wie Franyois vorschlägt, in das Thal des Okavango gelegt, so liegt es ganz außerhalb der Sphäre des Ansiedlungsgebiets freier Einwandrer. Das Thal des Otavango insbesondre ist von dem übrigen Schutzgebiet „durch eine etwa hundertzwanzig Kilometer breite, während des größten Teils des Jahres wasserlose, parkähnliche Landschaft völlig getrennt" (Franyois). Und dieses siedlungsfähigkeit dieses Schutzgebietes mit deutschen Kleinbauern schlechthin, sondern er macht sie nur von der Vewässcruugssrage abhängig. Gerade zur Lösung dieser Frage empfahlen wir, unsre Sträflinge heranzuziehen. Die Erschließung des Landes ist überhaupt aufs engste mit der Wasscrfrnge verknüpft. Sie kommt für die Ausübung aller Erwerbszweige in Südmcstafrika in Betracht, nicht nur für die Landmirlschaft, sondern auch für die Viehzucht und für den Bergbau. (Berge. Rehbock, „Dmtsch-Südwchasrikn," Berlin, Dietrich Reimer, IM«,)

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/299>, abgerufen am 23.07.2024.