Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.Die litterarische Bildung am Rhein im vorigen Jahrhundert ratur aussah, das beweist folgende Anzeige eines Kölner Buchhändlers aus Der Verfasser der "Reise auf dem Rhein," Joseph Gregor Lang (Koblenz, Er nimmt daher auch S. 258 kein Blatt vor den Mund, wenn er von Die litterarische Bildung am Rhein im vorigen Jahrhundert ratur aussah, das beweist folgende Anzeige eines Kölner Buchhändlers aus Der Verfasser der „Reise auf dem Rhein," Joseph Gregor Lang (Koblenz, Er nimmt daher auch S. 258 kein Blatt vor den Mund, wenn er von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0282" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229968"/> <fw type="header" place="top"> Die litterarische Bildung am Rhein im vorigen Jahrhundert</fw><lb/> <p xml:id="ID_1120" prev="#ID_1119"> ratur aussah, das beweist folgende Anzeige eines Kölner Buchhändlers aus<lb/> dem Jahre 1785: „Joh. Arnold Jmhof, aus Köln a. Rh., hat die Ere, den<lb/> Herrn Liebhabern der Litteratur und schönen Wissenschaften hiemit bekannt zu<lb/> machen, daß er bei seiner Durchreise uach Koblenz gesonnen sei, sich dahier<lb/> zu Bonn bis den 12. April laufenden Jahres aufzuhalten. Er furt ein<lb/> starkes und schönes Sortiment der neuesten und auserlesensten Bücher aus<lb/> allen Teilen der Wissenschaften bei sich, worunter viele prächtige Berliner,<lb/> Leipziger, Dresdener, Hamburger usw. Originalausgaben usw., die er aus den<lb/> Leipziger Messen gezogen, und in hiesigen Gegenden gar nicht wohl zu haben<lb/> sind. Sein Laden ist bei Hofe dahier."</p><lb/> <p xml:id="ID_1121"> Der Verfasser der „Reise auf dem Rhein," Joseph Gregor Lang (Koblenz,<lb/> 1789—1890) berichtet, daß ein Koblenzer Buchhändler ihm im Gespräche<lb/> mitgeteilt habe, „obschon viele denkende Köpfe in Koblenz sich vorfänden, so<lb/> wäre doch verhältnismäßig wenig Hang zur Schriftstellerei." Er begrüßte<lb/> daher des Verfassers Absicht, ein Buch über den Rhein zu schreiben, mit<lb/> um so größerer Freude, als er bisher keinen Schriftsteller dazu hätte aus¬<lb/> findig machen können (S. 174 ff., I. Band). Von den Benediktinern in der<lb/> Abtei Laach rühmte er dagegen, „daß sie eine ausgebreitete Littcraturkenntnis<lb/> besäßen, und in deren Privatbibliotheken auch die neuere deutsche Litteratur<lb/> durch ihre deutschen Dichter vertreten wären." Dabei bemerkt er: „Welch ein<lb/> auffallender Abstich zwischen der ersten und zwoten Hälfte des achtzehnten<lb/> Jahrhunderts im Mönchtum, in welcher erstern, wenn man zurückblickt, der<lb/> Mönch nebst seinem Brevier nichts andres kannte, als eine oft höchst wider¬<lb/> sinnige Dogmatik oder fabelhafte Legende" (Band II, S. 98 ff.). Der Ver¬<lb/> fasser ist, wie man sieht, ein freidenkender Mann. Wir vermögen daher auch<lb/> seine Betrachtungen (Band I, S. 196) über die damalige Reform des<lb/> Schulwesens nur als berechtigt anzuerkennen, wenn er seine Freude über<lb/> den geistigen Umschwung in folgenden Worten ausdrückt: „Glückliches Zeitalter<lb/> für jeden Freund der Menschheit — wo mau alle Zweige nützlicher und an¬<lb/> genehmer Kenntnisse nicht nur für den gelehrten Stand, sondern für jeden<lb/> Freund des Guten und Schönen überhaupt bearbeitet, und den Menschen durch<lb/> zweckmäßigere Bildung seiner geistigen und körperlichen Kräfte stets mehr zu<lb/> jenem Grade der Vollkommenheit vorzubereiten sucht, den er ungehindert in<lb/> kommenden Zeitaltern unter dem Schutze weiser und thätiger Fürsten ersteigen<lb/> kann und wird!"</p><lb/> <p xml:id="ID_1122" next="#ID_1123"> Er nimmt daher auch S. 258 kein Blatt vor den Mund, wenn er von<lb/> Köln sagt, daß „Haß gegen Neuerungen, Intoleranz, mißverstandne Freiheit,<lb/> womit sie ihre verjährten Privilegien durchsetzen wollen, und die keine Polizei<lb/> ahnden darf, die Hindernisse sind, warum es nicht recht Tag werden will;<lb/> und wenn, wie hier, Steifsinn und Vorurteil die Zerstreuung des Nebels<lb/> verbaut, da weiß man schon, wie schwer es der Philosophie wird, mit ihren</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0282]
Die litterarische Bildung am Rhein im vorigen Jahrhundert
ratur aussah, das beweist folgende Anzeige eines Kölner Buchhändlers aus
dem Jahre 1785: „Joh. Arnold Jmhof, aus Köln a. Rh., hat die Ere, den
Herrn Liebhabern der Litteratur und schönen Wissenschaften hiemit bekannt zu
machen, daß er bei seiner Durchreise uach Koblenz gesonnen sei, sich dahier
zu Bonn bis den 12. April laufenden Jahres aufzuhalten. Er furt ein
starkes und schönes Sortiment der neuesten und auserlesensten Bücher aus
allen Teilen der Wissenschaften bei sich, worunter viele prächtige Berliner,
Leipziger, Dresdener, Hamburger usw. Originalausgaben usw., die er aus den
Leipziger Messen gezogen, und in hiesigen Gegenden gar nicht wohl zu haben
sind. Sein Laden ist bei Hofe dahier."
Der Verfasser der „Reise auf dem Rhein," Joseph Gregor Lang (Koblenz,
1789—1890) berichtet, daß ein Koblenzer Buchhändler ihm im Gespräche
mitgeteilt habe, „obschon viele denkende Köpfe in Koblenz sich vorfänden, so
wäre doch verhältnismäßig wenig Hang zur Schriftstellerei." Er begrüßte
daher des Verfassers Absicht, ein Buch über den Rhein zu schreiben, mit
um so größerer Freude, als er bisher keinen Schriftsteller dazu hätte aus¬
findig machen können (S. 174 ff., I. Band). Von den Benediktinern in der
Abtei Laach rühmte er dagegen, „daß sie eine ausgebreitete Littcraturkenntnis
besäßen, und in deren Privatbibliotheken auch die neuere deutsche Litteratur
durch ihre deutschen Dichter vertreten wären." Dabei bemerkt er: „Welch ein
auffallender Abstich zwischen der ersten und zwoten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts im Mönchtum, in welcher erstern, wenn man zurückblickt, der
Mönch nebst seinem Brevier nichts andres kannte, als eine oft höchst wider¬
sinnige Dogmatik oder fabelhafte Legende" (Band II, S. 98 ff.). Der Ver¬
fasser ist, wie man sieht, ein freidenkender Mann. Wir vermögen daher auch
seine Betrachtungen (Band I, S. 196) über die damalige Reform des
Schulwesens nur als berechtigt anzuerkennen, wenn er seine Freude über
den geistigen Umschwung in folgenden Worten ausdrückt: „Glückliches Zeitalter
für jeden Freund der Menschheit — wo mau alle Zweige nützlicher und an¬
genehmer Kenntnisse nicht nur für den gelehrten Stand, sondern für jeden
Freund des Guten und Schönen überhaupt bearbeitet, und den Menschen durch
zweckmäßigere Bildung seiner geistigen und körperlichen Kräfte stets mehr zu
jenem Grade der Vollkommenheit vorzubereiten sucht, den er ungehindert in
kommenden Zeitaltern unter dem Schutze weiser und thätiger Fürsten ersteigen
kann und wird!"
Er nimmt daher auch S. 258 kein Blatt vor den Mund, wenn er von
Köln sagt, daß „Haß gegen Neuerungen, Intoleranz, mißverstandne Freiheit,
womit sie ihre verjährten Privilegien durchsetzen wollen, und die keine Polizei
ahnden darf, die Hindernisse sind, warum es nicht recht Tag werden will;
und wenn, wie hier, Steifsinn und Vorurteil die Zerstreuung des Nebels
verbaut, da weiß man schon, wie schwer es der Philosophie wird, mit ihren
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