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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Lin deutscher Jesuitenpater als Kolonisator in Südbrasilien

deutschen Kolonien des Landes erreichte weit hinter sich lassen werde. Das
Areal des eigentlichen Kernlandes dieser Mission, des bis heute nur an ver¬
einzelten Stellen dünn besiedelten Waldgebiets des Rio Uruguay, schützt Max
Beschore", den eine achtzehnjährige Thätigkeit als Feldmesser in Rio Grande
vielfach gerade in diese Landesteile geführt hat, auf etwa 16000 Quadratkilo¬
meter, also eine Ausdehnung etwa von der Größe der preußischen Provinz
Hessen-Nassau. Da nun diese Ländereien zum großen Teile Regierungsland
sind, so hängen alle auf deren Erschließung gerichteten Bestrebungen vor allem
von dem guten Willen der gerade am Staatsruder sitzenden regierenden Herren
ab. die sich bis in die neueste Zeit nicht veranlaßt gesehen haben, die Kolo¬
nisation des Gebiets in großem Stile in Angriff zu nehmen. Endlich gelang
es aber vor wenigen Monaten einem deutschen Kaufmann in Porto Alegre,
eine Konzession zu erlangen, die ihm erlaubt, eine etwa tausend Kilometer
lange, meist dem Rio Uruguay entlang laufende Bahn zu bauen, und ihm die
Staatsländereien zu beiden Seiten der Bahnstrecke in einer Breite von je zehn
Kilometern für Besiedlnngszwecke zu einem sehr niedrigen Preise sichert. Ob es
dem mutigen Manne gelingen wird, in Deutschland die nötigen Kapitalien zum
Ausbau der ganzen Bahn zusammenzubringen, bleibt freilich noch abzuwarten,
auch erlauben wir uns selbstverständlich kein Urteil über die mutmaßliche
Rentabilität des Unternehmens. Jedenfalls aber ist die Erschließung des
Uruguaygebiets, die von den deutschen Kolonisten der Serra Gerak schon
lange sehnsüchtig erwartet wird, nur noch eine Frage der Zeit. Ist sie aber
erfolgt, so eröffnet sich eine unermeßliche Aussicht für die weitere Kolonisations¬
thätigkeit, da dann ein fester Stützpunkt gewonnen ist, von dem aus sich den
Pionieren der Kulturarbeit ein großes, vielversprechendes Arbeitsfeld erschließt,
und zwar in den Ländergebieten des südlichen Matto Grosso, dem Hinterland
von Parana mit dem vielgerühmten Jguassuthal, den rechts vom Uruguay
liegenden argentinischen Missionen und endlich in dem immer noch nicht in
größerm Maßstab kolonisierten Paraguay.

Bei diesem neuen Aufschwung nun, der den einst von den Jesuiten zuerst
kolonisierten Urugnayländereien bevorsteht, erscheint es angebracht, über die Er¬
fahrungen, die von den Vätern der Gesellschaft Jesu bei ihrer wertvollen
Arbeit in diesen Ländern gemacht wurden, die vorhcindne Litteratur zu be¬
fragen, zumal da die sonstigen Quellen nur recht dürftige Anhaltspunkte er¬
geben. Da ist es denn besonders ein in den Bibliotheken selten gewordnes
Büchlein, das uns manche schätzbare Auskunft zu erteilen vermag. Der
Deutschtiroler Pater Anton Sepp, einer der rührigsten unter den Heidenmissio¬
naren in Paraquaria, berichtete über seine Reise nach diesem Lande und seine
dortige Thätigkeit in mehreren Briefen, die von seinem in Europa zurück¬
gebliebnen Bruder zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Buchform heraus¬
gegeben wurden. Im zweiten Teile dieser Mitteilungen, der "Kontinuation


Lin deutscher Jesuitenpater als Kolonisator in Südbrasilien

deutschen Kolonien des Landes erreichte weit hinter sich lassen werde. Das
Areal des eigentlichen Kernlandes dieser Mission, des bis heute nur an ver¬
einzelten Stellen dünn besiedelten Waldgebiets des Rio Uruguay, schützt Max
Beschore», den eine achtzehnjährige Thätigkeit als Feldmesser in Rio Grande
vielfach gerade in diese Landesteile geführt hat, auf etwa 16000 Quadratkilo¬
meter, also eine Ausdehnung etwa von der Größe der preußischen Provinz
Hessen-Nassau. Da nun diese Ländereien zum großen Teile Regierungsland
sind, so hängen alle auf deren Erschließung gerichteten Bestrebungen vor allem
von dem guten Willen der gerade am Staatsruder sitzenden regierenden Herren
ab. die sich bis in die neueste Zeit nicht veranlaßt gesehen haben, die Kolo¬
nisation des Gebiets in großem Stile in Angriff zu nehmen. Endlich gelang
es aber vor wenigen Monaten einem deutschen Kaufmann in Porto Alegre,
eine Konzession zu erlangen, die ihm erlaubt, eine etwa tausend Kilometer
lange, meist dem Rio Uruguay entlang laufende Bahn zu bauen, und ihm die
Staatsländereien zu beiden Seiten der Bahnstrecke in einer Breite von je zehn
Kilometern für Besiedlnngszwecke zu einem sehr niedrigen Preise sichert. Ob es
dem mutigen Manne gelingen wird, in Deutschland die nötigen Kapitalien zum
Ausbau der ganzen Bahn zusammenzubringen, bleibt freilich noch abzuwarten,
auch erlauben wir uns selbstverständlich kein Urteil über die mutmaßliche
Rentabilität des Unternehmens. Jedenfalls aber ist die Erschließung des
Uruguaygebiets, die von den deutschen Kolonisten der Serra Gerak schon
lange sehnsüchtig erwartet wird, nur noch eine Frage der Zeit. Ist sie aber
erfolgt, so eröffnet sich eine unermeßliche Aussicht für die weitere Kolonisations¬
thätigkeit, da dann ein fester Stützpunkt gewonnen ist, von dem aus sich den
Pionieren der Kulturarbeit ein großes, vielversprechendes Arbeitsfeld erschließt,
und zwar in den Ländergebieten des südlichen Matto Grosso, dem Hinterland
von Parana mit dem vielgerühmten Jguassuthal, den rechts vom Uruguay
liegenden argentinischen Missionen und endlich in dem immer noch nicht in
größerm Maßstab kolonisierten Paraguay.

Bei diesem neuen Aufschwung nun, der den einst von den Jesuiten zuerst
kolonisierten Urugnayländereien bevorsteht, erscheint es angebracht, über die Er¬
fahrungen, die von den Vätern der Gesellschaft Jesu bei ihrer wertvollen
Arbeit in diesen Ländern gemacht wurden, die vorhcindne Litteratur zu be¬
fragen, zumal da die sonstigen Quellen nur recht dürftige Anhaltspunkte er¬
geben. Da ist es denn besonders ein in den Bibliotheken selten gewordnes
Büchlein, das uns manche schätzbare Auskunft zu erteilen vermag. Der
Deutschtiroler Pater Anton Sepp, einer der rührigsten unter den Heidenmissio¬
naren in Paraquaria, berichtete über seine Reise nach diesem Lande und seine
dortige Thätigkeit in mehreren Briefen, die von seinem in Europa zurück¬
gebliebnen Bruder zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Buchform heraus¬
gegeben wurden. Im zweiten Teile dieser Mitteilungen, der „Kontinuation


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[0268] Lin deutscher Jesuitenpater als Kolonisator in Südbrasilien deutschen Kolonien des Landes erreichte weit hinter sich lassen werde. Das Areal des eigentlichen Kernlandes dieser Mission, des bis heute nur an ver¬ einzelten Stellen dünn besiedelten Waldgebiets des Rio Uruguay, schützt Max Beschore», den eine achtzehnjährige Thätigkeit als Feldmesser in Rio Grande vielfach gerade in diese Landesteile geführt hat, auf etwa 16000 Quadratkilo¬ meter, also eine Ausdehnung etwa von der Größe der preußischen Provinz Hessen-Nassau. Da nun diese Ländereien zum großen Teile Regierungsland sind, so hängen alle auf deren Erschließung gerichteten Bestrebungen vor allem von dem guten Willen der gerade am Staatsruder sitzenden regierenden Herren ab. die sich bis in die neueste Zeit nicht veranlaßt gesehen haben, die Kolo¬ nisation des Gebiets in großem Stile in Angriff zu nehmen. Endlich gelang es aber vor wenigen Monaten einem deutschen Kaufmann in Porto Alegre, eine Konzession zu erlangen, die ihm erlaubt, eine etwa tausend Kilometer lange, meist dem Rio Uruguay entlang laufende Bahn zu bauen, und ihm die Staatsländereien zu beiden Seiten der Bahnstrecke in einer Breite von je zehn Kilometern für Besiedlnngszwecke zu einem sehr niedrigen Preise sichert. Ob es dem mutigen Manne gelingen wird, in Deutschland die nötigen Kapitalien zum Ausbau der ganzen Bahn zusammenzubringen, bleibt freilich noch abzuwarten, auch erlauben wir uns selbstverständlich kein Urteil über die mutmaßliche Rentabilität des Unternehmens. Jedenfalls aber ist die Erschließung des Uruguaygebiets, die von den deutschen Kolonisten der Serra Gerak schon lange sehnsüchtig erwartet wird, nur noch eine Frage der Zeit. Ist sie aber erfolgt, so eröffnet sich eine unermeßliche Aussicht für die weitere Kolonisations¬ thätigkeit, da dann ein fester Stützpunkt gewonnen ist, von dem aus sich den Pionieren der Kulturarbeit ein großes, vielversprechendes Arbeitsfeld erschließt, und zwar in den Ländergebieten des südlichen Matto Grosso, dem Hinterland von Parana mit dem vielgerühmten Jguassuthal, den rechts vom Uruguay liegenden argentinischen Missionen und endlich in dem immer noch nicht in größerm Maßstab kolonisierten Paraguay. Bei diesem neuen Aufschwung nun, der den einst von den Jesuiten zuerst kolonisierten Urugnayländereien bevorsteht, erscheint es angebracht, über die Er¬ fahrungen, die von den Vätern der Gesellschaft Jesu bei ihrer wertvollen Arbeit in diesen Ländern gemacht wurden, die vorhcindne Litteratur zu be¬ fragen, zumal da die sonstigen Quellen nur recht dürftige Anhaltspunkte er¬ geben. Da ist es denn besonders ein in den Bibliotheken selten gewordnes Büchlein, das uns manche schätzbare Auskunft zu erteilen vermag. Der Deutschtiroler Pater Anton Sepp, einer der rührigsten unter den Heidenmissio¬ naren in Paraquaria, berichtete über seine Reise nach diesem Lande und seine dortige Thätigkeit in mehreren Briefen, die von seinem in Europa zurück¬ gebliebnen Bruder zu Anfang des vorigen Jahrhunderts in Buchform heraus¬ gegeben wurden. Im zweiten Teile dieser Mitteilungen, der „Kontinuation

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/268>, abgerufen am 23.07.2024.