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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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dann das Vorspiel zu einem engern Zusammenschluß zwischen England und
seinen Kolonien und weiterhin von allen englisch redenden Völkern sein.

Das erste Ziel wird nach ihm in absehbarer Zeit erreicht werden, aber
auch das Hinarbeiten auf ferne Ziele hat seinen Lohn in sich: "Ich erinnere
mich -- sagt er in einer seiner Reden --, daß ich in dem Ungestüm meiner
Jugend mit einem Mann in vorgerückten Jahren sprach, der pflanzte -- was
denken Sie? Er pflanzte Eichbäume, und ich sagte zu ihm sehr artig, das
Pflanzen von Eichbäumen durch einen Mann in vorgerückten Jahren schiene
mir doch sehr eine Sache der Einbildung zu sein. Er ging sofort darauf ein
und sagte zu mir: Sie merken, daß ich nie den Schatten genießen werde. Ich
sagte: Ja! und er antwortete: Ich hatte die Einbildung und weiß, was dieser
Schatten sein wird, und in jedem Falle wird niemand je diese Linien ändern.
Ich weiß, daß ich nicht erwarten kann, sie höher als einen Busch zu sehen.
Aber mir bleiben der Gedanke und der Schatten und der Ruhm. Und so
haben auch manche von uns Gedanken, und wir dürfen sagen die rückhaltlose
Überzeugung, daß in unsrer zeitlichen Existenz die Resultate nicht erkannt
werden können: darum können wir aber doch langsam und Schritt vor Schritt
auf diese Resultate hinarbeiten, die nach unserm zeitlichen Dasein kommen können.
Und es war mir eine Genugthuung, zu wissen, daß man die Linien in der¬
selben Weise festlegen kann, wie ich das Vergnügen dieses Mannes sah, der
die Linie seiner Eichbäume bestimmte." In derselben Rede spricht er sich auch
über seine Motive aus: "Meine Motive sind angegriffen worden. Ich habe
viele Feinde, und diese haben mir viele Gründe untergelegt; aber sie verstehen
noch nicht die volle Selbstsucht meiner Ideen; und ich will Sie ins Vertrauen
ziehen und Ihnen dies sagen, daß ich eine große Idee habe, die ich aus-
zuführen wünsche, und ich kenne sehr wohl den Lohn: der Lohn ist der höchste,
den ein menschliches Wesen erhalten kann, nämlich der Kredit, das Vertrauen
und die Wertschätzung meiner Mitbürger."

Über das Hochgefühl, das aus der Größe und der Natur einer Aufgabe
fließt, wie sie Rhodes sich gestellt hatte, sagt er in einer Rede nach der Be¬
schwichtigung von Matabelelcmd: "Einige von Ihnen haben sehr viel Mit¬
gefühl mit mir. Ich darf sagen, daß ich das nicht brauche. Wenn Sie sich
überlegten, was die größte Freude im Leben sei, so würden Sie, denke ich,
finden, daß die Erschließung eines Landes so groß wie Deutschland, Frankreich
und Spanien zusammengenommen eine Arbeit wäre, die für jeden eine Frende
sein würde. . . . Beim Überschauen der verschiednen Wege im Leben, die ein
Mann verfolgt, kann ich mir keinen erfreulichem denken, als die Erschließung
eines Landes, an das die Einwohner so fest glauben." Daß wir hier that¬
sächlich den Schlüssel zu seiner Handlungsweise haben, und daß der ihm oft
gemachte Vorwurf, sein Ziel sei bloß Bereicherung, den Mann verkennt, scheint
uns offenbar. Weniger grundlos sind wohl die Vorwürfe über seine Un-


Grenzbotcu I 1809 25

dann das Vorspiel zu einem engern Zusammenschluß zwischen England und
seinen Kolonien und weiterhin von allen englisch redenden Völkern sein.

Das erste Ziel wird nach ihm in absehbarer Zeit erreicht werden, aber
auch das Hinarbeiten auf ferne Ziele hat seinen Lohn in sich: „Ich erinnere
mich — sagt er in einer seiner Reden —, daß ich in dem Ungestüm meiner
Jugend mit einem Mann in vorgerückten Jahren sprach, der pflanzte — was
denken Sie? Er pflanzte Eichbäume, und ich sagte zu ihm sehr artig, das
Pflanzen von Eichbäumen durch einen Mann in vorgerückten Jahren schiene
mir doch sehr eine Sache der Einbildung zu sein. Er ging sofort darauf ein
und sagte zu mir: Sie merken, daß ich nie den Schatten genießen werde. Ich
sagte: Ja! und er antwortete: Ich hatte die Einbildung und weiß, was dieser
Schatten sein wird, und in jedem Falle wird niemand je diese Linien ändern.
Ich weiß, daß ich nicht erwarten kann, sie höher als einen Busch zu sehen.
Aber mir bleiben der Gedanke und der Schatten und der Ruhm. Und so
haben auch manche von uns Gedanken, und wir dürfen sagen die rückhaltlose
Überzeugung, daß in unsrer zeitlichen Existenz die Resultate nicht erkannt
werden können: darum können wir aber doch langsam und Schritt vor Schritt
auf diese Resultate hinarbeiten, die nach unserm zeitlichen Dasein kommen können.
Und es war mir eine Genugthuung, zu wissen, daß man die Linien in der¬
selben Weise festlegen kann, wie ich das Vergnügen dieses Mannes sah, der
die Linie seiner Eichbäume bestimmte." In derselben Rede spricht er sich auch
über seine Motive aus: „Meine Motive sind angegriffen worden. Ich habe
viele Feinde, und diese haben mir viele Gründe untergelegt; aber sie verstehen
noch nicht die volle Selbstsucht meiner Ideen; und ich will Sie ins Vertrauen
ziehen und Ihnen dies sagen, daß ich eine große Idee habe, die ich aus-
zuführen wünsche, und ich kenne sehr wohl den Lohn: der Lohn ist der höchste,
den ein menschliches Wesen erhalten kann, nämlich der Kredit, das Vertrauen
und die Wertschätzung meiner Mitbürger."

Über das Hochgefühl, das aus der Größe und der Natur einer Aufgabe
fließt, wie sie Rhodes sich gestellt hatte, sagt er in einer Rede nach der Be¬
schwichtigung von Matabelelcmd: „Einige von Ihnen haben sehr viel Mit¬
gefühl mit mir. Ich darf sagen, daß ich das nicht brauche. Wenn Sie sich
überlegten, was die größte Freude im Leben sei, so würden Sie, denke ich,
finden, daß die Erschließung eines Landes so groß wie Deutschland, Frankreich
und Spanien zusammengenommen eine Arbeit wäre, die für jeden eine Frende
sein würde. . . . Beim Überschauen der verschiednen Wege im Leben, die ein
Mann verfolgt, kann ich mir keinen erfreulichem denken, als die Erschließung
eines Landes, an das die Einwohner so fest glauben." Daß wir hier that¬
sächlich den Schlüssel zu seiner Handlungsweise haben, und daß der ihm oft
gemachte Vorwurf, sein Ziel sei bloß Bereicherung, den Mann verkennt, scheint
uns offenbar. Weniger grundlos sind wohl die Vorwürfe über seine Un-


Grenzbotcu I 1809 25
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/201>, abgerufen am 23.07.2024.