Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die imperialistische Bewegung in England

Posten als Kapminister zurückgetreten war, in London zu verantworten. Er
kehrte von dort im Mai 1896 zurück, um sich ganz der innern Arbeit in dem
Lande der <ü1un'or"za zu widmen. Hier war Ende März, zum Teil durch
Jamesons Mißgeschick, das dem Ausehen der QnarwreÄ sehr geschadet hatte,
zum Teil durch die Verheerungen der Rinderpest veranlaßt, ein neuer Aufstand
der Matabele, weit gefährlicher als der erste, ausgebrochen. Die kleine englische
Truppe focht in mehreren Kämpfen mit großem beiderseitigen Verlust gegen die
Aufständischen, aber war nicht imstande, sie zu besiegen. ^ Ein neuer Feldzug mit
einer weit stärkern Truppe schien für das Jahr 1897 unvermeidlich. Da gelang
es Rhodes, den Streit friedlich beizulegen. Mit drei Begleitern folgte er uu-
bewciffnet einer Einladung zu einer großen Beratung der Matabeles und bewog
diese gegen sein Versprechen, einige ihre Beschwerden abzustellen, sich ihm
wieder zu unterwerfen. Diese That, die ebenso sehr von Rhodes großem Mut
wie von seiner genauen Kenntnis des Charakters der Eingebornen zeugt, war
von den größten Folgen für die Oven-tersä LompM^. Denn nicht nur sparte
diese die Kosten eines neuen Feldzugs, sondern es konnten auch jetzt wieder
die kolonisatorischen Arbeiten aufgenommen werden, die während des letzten
Jahres gestockt hatten. Die angestrengte Thätigkeit in dem jungen Lande, das
überall sein Eingreifen forderte, war wohl mehr nach dem Geschmack von
Rhodes, als seine frühere offizielle Stellung mit ihrer Förmlichkeit. "Was
mich persönlich anbetrifft, sagte er in einer Rede in Bulawayo, so bin ich ein
glücklicher Mann gewesen, seit ich unter euch bin."

Es ist leicht zu verstehen, wo so Großes geschaffen wurde und überall so
sichtbar zu Tage liegt, wie viel davon der persönlichen Initiative und der
Voraussicht eines Einzelnen zu danken ist, daß dessen Einfluß und Ansehen
bald ins Ungemessene wachsen mußte. Namen wie der "ungekrönte König von
Afrika" zeugen von der Bewunderung des Weltteils, der seine Thaten gesehen
hat. Keine Frage, keine Schwierigkeit konnte in Südafrika auftauchen, ohne
daß sich alsbald aller Blicke auf ihn richteten, und mit einem beinahe aber¬
gläubischen Vertrauen folgte man seiner Leitung. Ju den zehn Jahren, die
vor Jamesons Einfall liegen, hat er, wenn auch nicht dem Namen nach, so
doch thatsächlich als Diktator am Kap geherrscht. Auch ist es nicht zu be¬
zweifeln, daß England ihn in einem Atem mit den Männern nennen wird,
die ihm das indische Reich schenkten, ja vielleicht noch vor diesen, wenn sich
der Traum von Rhodes verwirklichen sollte, daß vermittelst Nhodesias sich
ganz Südafrika südlich vom Zambesi zu einem wesentlich britischen Staatenbund
zusammenschließen werde. Durch das friedliche Zusammenwirken von Engländern
und den aus allen Teilen Südafrikas herbeigeströmten Holländern und durch
die stetig zunehmenden Handelsbeziehungen des neuen Staates zu alleu alten
werden sich nach ihm die trennenden Unterschiede mehr und mehr verwischen
und sich die von ihm gewünschte Vereinigung langsam anbahne". Das soll


Die imperialistische Bewegung in England

Posten als Kapminister zurückgetreten war, in London zu verantworten. Er
kehrte von dort im Mai 1896 zurück, um sich ganz der innern Arbeit in dem
Lande der <ü1un'or«za zu widmen. Hier war Ende März, zum Teil durch
Jamesons Mißgeschick, das dem Ausehen der QnarwreÄ sehr geschadet hatte,
zum Teil durch die Verheerungen der Rinderpest veranlaßt, ein neuer Aufstand
der Matabele, weit gefährlicher als der erste, ausgebrochen. Die kleine englische
Truppe focht in mehreren Kämpfen mit großem beiderseitigen Verlust gegen die
Aufständischen, aber war nicht imstande, sie zu besiegen. ^ Ein neuer Feldzug mit
einer weit stärkern Truppe schien für das Jahr 1897 unvermeidlich. Da gelang
es Rhodes, den Streit friedlich beizulegen. Mit drei Begleitern folgte er uu-
bewciffnet einer Einladung zu einer großen Beratung der Matabeles und bewog
diese gegen sein Versprechen, einige ihre Beschwerden abzustellen, sich ihm
wieder zu unterwerfen. Diese That, die ebenso sehr von Rhodes großem Mut
wie von seiner genauen Kenntnis des Charakters der Eingebornen zeugt, war
von den größten Folgen für die Oven-tersä LompM^. Denn nicht nur sparte
diese die Kosten eines neuen Feldzugs, sondern es konnten auch jetzt wieder
die kolonisatorischen Arbeiten aufgenommen werden, die während des letzten
Jahres gestockt hatten. Die angestrengte Thätigkeit in dem jungen Lande, das
überall sein Eingreifen forderte, war wohl mehr nach dem Geschmack von
Rhodes, als seine frühere offizielle Stellung mit ihrer Förmlichkeit. „Was
mich persönlich anbetrifft, sagte er in einer Rede in Bulawayo, so bin ich ein
glücklicher Mann gewesen, seit ich unter euch bin."

Es ist leicht zu verstehen, wo so Großes geschaffen wurde und überall so
sichtbar zu Tage liegt, wie viel davon der persönlichen Initiative und der
Voraussicht eines Einzelnen zu danken ist, daß dessen Einfluß und Ansehen
bald ins Ungemessene wachsen mußte. Namen wie der „ungekrönte König von
Afrika" zeugen von der Bewunderung des Weltteils, der seine Thaten gesehen
hat. Keine Frage, keine Schwierigkeit konnte in Südafrika auftauchen, ohne
daß sich alsbald aller Blicke auf ihn richteten, und mit einem beinahe aber¬
gläubischen Vertrauen folgte man seiner Leitung. Ju den zehn Jahren, die
vor Jamesons Einfall liegen, hat er, wenn auch nicht dem Namen nach, so
doch thatsächlich als Diktator am Kap geherrscht. Auch ist es nicht zu be¬
zweifeln, daß England ihn in einem Atem mit den Männern nennen wird,
die ihm das indische Reich schenkten, ja vielleicht noch vor diesen, wenn sich
der Traum von Rhodes verwirklichen sollte, daß vermittelst Nhodesias sich
ganz Südafrika südlich vom Zambesi zu einem wesentlich britischen Staatenbund
zusammenschließen werde. Durch das friedliche Zusammenwirken von Engländern
und den aus allen Teilen Südafrikas herbeigeströmten Holländern und durch
die stetig zunehmenden Handelsbeziehungen des neuen Staates zu alleu alten
werden sich nach ihm die trennenden Unterschiede mehr und mehr verwischen
und sich die von ihm gewünschte Vereinigung langsam anbahne». Das soll


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0200" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229886"/>
          <fw type="header" place="top"> Die imperialistische Bewegung in England</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_833" prev="#ID_832"> Posten als Kapminister zurückgetreten war, in London zu verantworten. Er<lb/>
kehrte von dort im Mai 1896 zurück, um sich ganz der innern Arbeit in dem<lb/>
Lande der &lt;ü1un'or«za zu widmen. Hier war Ende März, zum Teil durch<lb/>
Jamesons Mißgeschick, das dem Ausehen der QnarwreÄ sehr geschadet hatte,<lb/>
zum Teil durch die Verheerungen der Rinderpest veranlaßt, ein neuer Aufstand<lb/>
der Matabele, weit gefährlicher als der erste, ausgebrochen. Die kleine englische<lb/>
Truppe focht in mehreren Kämpfen mit großem beiderseitigen Verlust gegen die<lb/>
Aufständischen, aber war nicht imstande, sie zu besiegen. ^ Ein neuer Feldzug mit<lb/>
einer weit stärkern Truppe schien für das Jahr 1897 unvermeidlich. Da gelang<lb/>
es Rhodes, den Streit friedlich beizulegen. Mit drei Begleitern folgte er uu-<lb/>
bewciffnet einer Einladung zu einer großen Beratung der Matabeles und bewog<lb/>
diese gegen sein Versprechen, einige ihre Beschwerden abzustellen, sich ihm<lb/>
wieder zu unterwerfen. Diese That, die ebenso sehr von Rhodes großem Mut<lb/>
wie von seiner genauen Kenntnis des Charakters der Eingebornen zeugt, war<lb/>
von den größten Folgen für die Oven-tersä LompM^. Denn nicht nur sparte<lb/>
diese die Kosten eines neuen Feldzugs, sondern es konnten auch jetzt wieder<lb/>
die kolonisatorischen Arbeiten aufgenommen werden, die während des letzten<lb/>
Jahres gestockt hatten. Die angestrengte Thätigkeit in dem jungen Lande, das<lb/>
überall sein Eingreifen forderte, war wohl mehr nach dem Geschmack von<lb/>
Rhodes, als seine frühere offizielle Stellung mit ihrer Förmlichkeit. &#x201E;Was<lb/>
mich persönlich anbetrifft, sagte er in einer Rede in Bulawayo, so bin ich ein<lb/>
glücklicher Mann gewesen, seit ich unter euch bin."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_834" next="#ID_835"> Es ist leicht zu verstehen, wo so Großes geschaffen wurde und überall so<lb/>
sichtbar zu Tage liegt, wie viel davon der persönlichen Initiative und der<lb/>
Voraussicht eines Einzelnen zu danken ist, daß dessen Einfluß und Ansehen<lb/>
bald ins Ungemessene wachsen mußte. Namen wie der &#x201E;ungekrönte König von<lb/>
Afrika" zeugen von der Bewunderung des Weltteils, der seine Thaten gesehen<lb/>
hat. Keine Frage, keine Schwierigkeit konnte in Südafrika auftauchen, ohne<lb/>
daß sich alsbald aller Blicke auf ihn richteten, und mit einem beinahe aber¬<lb/>
gläubischen Vertrauen folgte man seiner Leitung. Ju den zehn Jahren, die<lb/>
vor Jamesons Einfall liegen, hat er, wenn auch nicht dem Namen nach, so<lb/>
doch thatsächlich als Diktator am Kap geherrscht. Auch ist es nicht zu be¬<lb/>
zweifeln, daß England ihn in einem Atem mit den Männern nennen wird,<lb/>
die ihm das indische Reich schenkten, ja vielleicht noch vor diesen, wenn sich<lb/>
der Traum von Rhodes verwirklichen sollte, daß vermittelst Nhodesias sich<lb/>
ganz Südafrika südlich vom Zambesi zu einem wesentlich britischen Staatenbund<lb/>
zusammenschließen werde. Durch das friedliche Zusammenwirken von Engländern<lb/>
und den aus allen Teilen Südafrikas herbeigeströmten Holländern und durch<lb/>
die stetig zunehmenden Handelsbeziehungen des neuen Staates zu alleu alten<lb/>
werden sich nach ihm die trennenden Unterschiede mehr und mehr verwischen<lb/>
und sich die von ihm gewünschte Vereinigung langsam anbahne».  Das soll</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0200] Die imperialistische Bewegung in England Posten als Kapminister zurückgetreten war, in London zu verantworten. Er kehrte von dort im Mai 1896 zurück, um sich ganz der innern Arbeit in dem Lande der <ü1un'or«za zu widmen. Hier war Ende März, zum Teil durch Jamesons Mißgeschick, das dem Ausehen der QnarwreÄ sehr geschadet hatte, zum Teil durch die Verheerungen der Rinderpest veranlaßt, ein neuer Aufstand der Matabele, weit gefährlicher als der erste, ausgebrochen. Die kleine englische Truppe focht in mehreren Kämpfen mit großem beiderseitigen Verlust gegen die Aufständischen, aber war nicht imstande, sie zu besiegen. ^ Ein neuer Feldzug mit einer weit stärkern Truppe schien für das Jahr 1897 unvermeidlich. Da gelang es Rhodes, den Streit friedlich beizulegen. Mit drei Begleitern folgte er uu- bewciffnet einer Einladung zu einer großen Beratung der Matabeles und bewog diese gegen sein Versprechen, einige ihre Beschwerden abzustellen, sich ihm wieder zu unterwerfen. Diese That, die ebenso sehr von Rhodes großem Mut wie von seiner genauen Kenntnis des Charakters der Eingebornen zeugt, war von den größten Folgen für die Oven-tersä LompM^. Denn nicht nur sparte diese die Kosten eines neuen Feldzugs, sondern es konnten auch jetzt wieder die kolonisatorischen Arbeiten aufgenommen werden, die während des letzten Jahres gestockt hatten. Die angestrengte Thätigkeit in dem jungen Lande, das überall sein Eingreifen forderte, war wohl mehr nach dem Geschmack von Rhodes, als seine frühere offizielle Stellung mit ihrer Förmlichkeit. „Was mich persönlich anbetrifft, sagte er in einer Rede in Bulawayo, so bin ich ein glücklicher Mann gewesen, seit ich unter euch bin." Es ist leicht zu verstehen, wo so Großes geschaffen wurde und überall so sichtbar zu Tage liegt, wie viel davon der persönlichen Initiative und der Voraussicht eines Einzelnen zu danken ist, daß dessen Einfluß und Ansehen bald ins Ungemessene wachsen mußte. Namen wie der „ungekrönte König von Afrika" zeugen von der Bewunderung des Weltteils, der seine Thaten gesehen hat. Keine Frage, keine Schwierigkeit konnte in Südafrika auftauchen, ohne daß sich alsbald aller Blicke auf ihn richteten, und mit einem beinahe aber¬ gläubischen Vertrauen folgte man seiner Leitung. Ju den zehn Jahren, die vor Jamesons Einfall liegen, hat er, wenn auch nicht dem Namen nach, so doch thatsächlich als Diktator am Kap geherrscht. Auch ist es nicht zu be¬ zweifeln, daß England ihn in einem Atem mit den Männern nennen wird, die ihm das indische Reich schenkten, ja vielleicht noch vor diesen, wenn sich der Traum von Rhodes verwirklichen sollte, daß vermittelst Nhodesias sich ganz Südafrika südlich vom Zambesi zu einem wesentlich britischen Staatenbund zusammenschließen werde. Durch das friedliche Zusammenwirken von Engländern und den aus allen Teilen Südafrikas herbeigeströmten Holländern und durch die stetig zunehmenden Handelsbeziehungen des neuen Staates zu alleu alten werden sich nach ihm die trennenden Unterschiede mehr und mehr verwischen und sich die von ihm gewünschte Vereinigung langsam anbahne». Das soll

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/200
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/200>, abgerufen am 23.07.2024.