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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Die deutsche Geldreform

dagegen protestiert hatte, daß die Neichsgoldmünzen das Bildnis des Landes¬
herrn tragen sollten,*) was natürlich bei den bayrischen und wiirttembergischen
Abgeordneten einen Sturm erregte. Mit t,urbg,rs oiroulos insos! rief er dem
unvorsichtigen Deutschpatrioten zu. Als in der ersten Lesung die Anträge Bam-
bergers, die die Münzhoheit des Reichs klar auszudrücken bezweckten, abgelehnt
wurden, warf der Antragsteller die Büchse ins Korn und erklärte, einem Gesetz,
das dieses Wichtigste unentschieden lasse, könne er seine Zustimmung nicht
geben. Bei der zweiten Lesung brachte Laster diese Anträge durch, die als
s 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871 lauten: "Bis zum Erlaß eines Gesetzes
über die Einziehung der groben Silbermünzen ersolgt die Ausprägung der
Goldmünzen auf Kosten des Reichs für sämtliche Bundesstaaten auf den Münz¬
stätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit erklärt haben. Der
Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrath die in Gold aus¬
zumünzenden Beträge, die Verteilung dieser Beträge auf die einzelnen Münz¬
stätten und die den letztern für die Prügung jeder einzelnen Münzgattung
gleichmäßig zu gewährende Vergütigung. Er versieht die Münzstätten mit dem
Golde, welches für die ihnen überwiesenen Ausprägungen erforderlich ist."
Die drei ersten Paragraphen wurden in folgender Fassung Gesetz: "Es wird
eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus einem Pfunde feinen Goldes
139^/z Stück ausgebracht werden. Der zehnte Teil dieser Goldmünze wird
Mark genannt und in 100 Pfennige eingeteilt. Außer der Reichsgoldmünze zu
10 Mark sollen ferner ausgeprägt werden Reichsgoldmünzen zu 20 Mark, von
welchen aus einem Pfunde feinen Goldes 69^ Stück ausgebracht werden."
In weitern Paragraphen wird bestimmt, daß alle Zahlungen in diesen Gold¬
münzen giltig geleistet werden können, und wieviel sie in der bisherigen preu¬
ßischen, süddeutschen, indischen, bremischen und Hamburger Währung gelten
sollen. Der Z 10 lautet: "Eine Ausprägung von andern als den durch dieses
Gesetz eingeführten Goldmünzen, sowie von groben Silbermünzen, mit Aus¬
nahme von Denkmünzen, findet bis auf weiteres nicht statt." Der § 11 endlich
ordnet die Einziehung der "zur Zeit umlaufenden" Goldmünzen an und er¬
mächtigt den Reichskanzler, "in gleicher Weise die Einziehung der bisherigen
groben Silbermünzen der deutschen Vundesstacitcn anzuordnen und die dazu
erforderlichen Mittel aus deu Beständen der Reichskasse zu entnehmen." Über
die Ausführung dieser Bestimmungen solle dem Reichstag alljährlich Rechen¬
schaft gegeben werden.

Helfferich faßt das Ergebnis in folgenden Sätzen zusammen. "Die Mark
war, wie vorgeschlagen, als Ncchnungseinheit angenommen, aber jeder allzu



*) Was einen ja Ausländern gegenüber auch wirklich einigermaßen in Verlegenheit bringt.
Ein Brnucrbursche in Mailand war hocherfreut, als er vernahm, daß er mir eine entrer all
Korw-mi^ wechseln solle; sagte aber dann enttäuscht, dn stehe ja gar nicht Lsrmani", sondern
L-^ioni-i, und wollte es nicht glauben, daß Deutschland und Baden ein Ding sei.
Die deutsche Geldreform

dagegen protestiert hatte, daß die Neichsgoldmünzen das Bildnis des Landes¬
herrn tragen sollten,*) was natürlich bei den bayrischen und wiirttembergischen
Abgeordneten einen Sturm erregte. Mit t,urbg,rs oiroulos insos! rief er dem
unvorsichtigen Deutschpatrioten zu. Als in der ersten Lesung die Anträge Bam-
bergers, die die Münzhoheit des Reichs klar auszudrücken bezweckten, abgelehnt
wurden, warf der Antragsteller die Büchse ins Korn und erklärte, einem Gesetz,
das dieses Wichtigste unentschieden lasse, könne er seine Zustimmung nicht
geben. Bei der zweiten Lesung brachte Laster diese Anträge durch, die als
s 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871 lauten: „Bis zum Erlaß eines Gesetzes
über die Einziehung der groben Silbermünzen ersolgt die Ausprägung der
Goldmünzen auf Kosten des Reichs für sämtliche Bundesstaaten auf den Münz¬
stätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit erklärt haben. Der
Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrath die in Gold aus¬
zumünzenden Beträge, die Verteilung dieser Beträge auf die einzelnen Münz¬
stätten und die den letztern für die Prügung jeder einzelnen Münzgattung
gleichmäßig zu gewährende Vergütigung. Er versieht die Münzstätten mit dem
Golde, welches für die ihnen überwiesenen Ausprägungen erforderlich ist."
Die drei ersten Paragraphen wurden in folgender Fassung Gesetz: „Es wird
eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus einem Pfunde feinen Goldes
139^/z Stück ausgebracht werden. Der zehnte Teil dieser Goldmünze wird
Mark genannt und in 100 Pfennige eingeteilt. Außer der Reichsgoldmünze zu
10 Mark sollen ferner ausgeprägt werden Reichsgoldmünzen zu 20 Mark, von
welchen aus einem Pfunde feinen Goldes 69^ Stück ausgebracht werden."
In weitern Paragraphen wird bestimmt, daß alle Zahlungen in diesen Gold¬
münzen giltig geleistet werden können, und wieviel sie in der bisherigen preu¬
ßischen, süddeutschen, indischen, bremischen und Hamburger Währung gelten
sollen. Der Z 10 lautet: „Eine Ausprägung von andern als den durch dieses
Gesetz eingeführten Goldmünzen, sowie von groben Silbermünzen, mit Aus¬
nahme von Denkmünzen, findet bis auf weiteres nicht statt." Der § 11 endlich
ordnet die Einziehung der „zur Zeit umlaufenden" Goldmünzen an und er¬
mächtigt den Reichskanzler, „in gleicher Weise die Einziehung der bisherigen
groben Silbermünzen der deutschen Vundesstacitcn anzuordnen und die dazu
erforderlichen Mittel aus deu Beständen der Reichskasse zu entnehmen." Über
die Ausführung dieser Bestimmungen solle dem Reichstag alljährlich Rechen¬
schaft gegeben werden.

Helfferich faßt das Ergebnis in folgenden Sätzen zusammen. „Die Mark
war, wie vorgeschlagen, als Ncchnungseinheit angenommen, aber jeder allzu



*) Was einen ja Ausländern gegenüber auch wirklich einigermaßen in Verlegenheit bringt.
Ein Brnucrbursche in Mailand war hocherfreut, als er vernahm, daß er mir eine entrer all
Korw-mi^ wechseln solle; sagte aber dann enttäuscht, dn stehe ja gar nicht Lsrmani», sondern
L-^ioni-i, und wollte es nicht glauben, daß Deutschland und Baden ein Ding sei.
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[0149] Die deutsche Geldreform dagegen protestiert hatte, daß die Neichsgoldmünzen das Bildnis des Landes¬ herrn tragen sollten,*) was natürlich bei den bayrischen und wiirttembergischen Abgeordneten einen Sturm erregte. Mit t,urbg,rs oiroulos insos! rief er dem unvorsichtigen Deutschpatrioten zu. Als in der ersten Lesung die Anträge Bam- bergers, die die Münzhoheit des Reichs klar auszudrücken bezweckten, abgelehnt wurden, warf der Antragsteller die Büchse ins Korn und erklärte, einem Gesetz, das dieses Wichtigste unentschieden lasse, könne er seine Zustimmung nicht geben. Bei der zweiten Lesung brachte Laster diese Anträge durch, die als s 6 des Gesetzes vom 4. Dezember 1871 lauten: „Bis zum Erlaß eines Gesetzes über die Einziehung der groben Silbermünzen ersolgt die Ausprägung der Goldmünzen auf Kosten des Reichs für sämtliche Bundesstaaten auf den Münz¬ stätten derjenigen Bundesstaaten, welche sich dazu bereit erklärt haben. Der Reichskanzler bestimmt unter Zustimmung des Bundesrath die in Gold aus¬ zumünzenden Beträge, die Verteilung dieser Beträge auf die einzelnen Münz¬ stätten und die den letztern für die Prügung jeder einzelnen Münzgattung gleichmäßig zu gewährende Vergütigung. Er versieht die Münzstätten mit dem Golde, welches für die ihnen überwiesenen Ausprägungen erforderlich ist." Die drei ersten Paragraphen wurden in folgender Fassung Gesetz: „Es wird eine Reichsgoldmünze ausgeprägt, von welcher aus einem Pfunde feinen Goldes 139^/z Stück ausgebracht werden. Der zehnte Teil dieser Goldmünze wird Mark genannt und in 100 Pfennige eingeteilt. Außer der Reichsgoldmünze zu 10 Mark sollen ferner ausgeprägt werden Reichsgoldmünzen zu 20 Mark, von welchen aus einem Pfunde feinen Goldes 69^ Stück ausgebracht werden." In weitern Paragraphen wird bestimmt, daß alle Zahlungen in diesen Gold¬ münzen giltig geleistet werden können, und wieviel sie in der bisherigen preu¬ ßischen, süddeutschen, indischen, bremischen und Hamburger Währung gelten sollen. Der Z 10 lautet: „Eine Ausprägung von andern als den durch dieses Gesetz eingeführten Goldmünzen, sowie von groben Silbermünzen, mit Aus¬ nahme von Denkmünzen, findet bis auf weiteres nicht statt." Der § 11 endlich ordnet die Einziehung der „zur Zeit umlaufenden" Goldmünzen an und er¬ mächtigt den Reichskanzler, „in gleicher Weise die Einziehung der bisherigen groben Silbermünzen der deutschen Vundesstacitcn anzuordnen und die dazu erforderlichen Mittel aus deu Beständen der Reichskasse zu entnehmen." Über die Ausführung dieser Bestimmungen solle dem Reichstag alljährlich Rechen¬ schaft gegeben werden. Helfferich faßt das Ergebnis in folgenden Sätzen zusammen. „Die Mark war, wie vorgeschlagen, als Ncchnungseinheit angenommen, aber jeder allzu *) Was einen ja Ausländern gegenüber auch wirklich einigermaßen in Verlegenheit bringt. Ein Brnucrbursche in Mailand war hocherfreut, als er vernahm, daß er mir eine entrer all Korw-mi^ wechseln solle; sagte aber dann enttäuscht, dn stehe ja gar nicht Lsrmani», sondern L-^ioni-i, und wollte es nicht glauben, daß Deutschland und Baden ein Ding sei.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/149>, abgerufen am 23.07.2024.