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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr.

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Der Beschluß des Bundesrath in der Lippischen Thronfolgefrage

steht. Nach diesem unterliegt der Entscheidung des hohen Schiedsgerichts
nur die Frage, wer von den drei Paziszenten (dem Grafen Ernst zur
Lippe-Viesterfeld, dem Grafen Ferdinand zur Lippe-Weißenfeld und dem
Fürsten Georg zu Schaumburg-Lippe -- d. V.) zuerst zur Thronfolge
im Fürstentum Lippe berechtigt und berufen sei. Das hohe Schieds¬
gericht wird weder in der Lage sein, etwa der Linie des Grafen zu
Biesterfeld, noch gar ihr ausschließlich das Thronfolgerecht zuzu¬
sprechen. Letzteres nicht, da den Linien Weißenfeld und Schaumburg
ihr Thronfolgerecht, soweit es überhaupt besteht, auch gewahrt bleibt,
wenn die Biesterfelder Linie als zuerst zur Thronfolge berechtigt an¬
erkannt werden sollte.

Gegen die Linie Viesterseld, speziell gegen die Deszendenz
des Grasen Ernst zu Lippe-Biesterfeld liegen aber noch selb¬
ständige Anfechtungsgründe vor, die hier nicht zur Erörterung
stehen."


Der am 22. Juni 1897 gefallne Schiedsspruch lautet wörtlich, wie folgt:


"Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Karl Eberhard Graf und
Edler Herr zur Lippe-Biesterfeld ist nach Erledigung des zur Zeit von
Seiner Durchlaucht dem Fürsten Karl Alexander zur Lippe innegehabten
Thrones zur Regierungsnachfolge in dem Fürstentum Lippe berechtigt
und berufen."

Es ist ohne weiteres klar, daß allein schon nach diesem Wortlaut, namentlich
aber, wenn man ihn im Vergleich mit den geschilderten Vorgängen betrachtet,
nur die Thronfolgefähigkeit des Grafen Ernst, nicht aber die Thronfolge¬
fähigkeit und Ebenbürtigkeit seiner Söhne oder gar der Söhne seiner Brüder
rechtskräftig feststeht. Höchstens wird man <zx asquo se ocmo noch folgern
können, aus dem Schiedsspruch ergebe sich auch die Thronfolgefähigkeit der
Brüder des Grafen Ernst, da diese mit ihm hinsichtlich der Abstammungs¬
verhältnisse in genau der gleichen Rechtslage sind.

Unmittelbar nun, nachdem Graf Ernst infolge dieses Schiedsspruchs die
Regentschaft übernommen hatte, legte der Fürst zu Schaumburg-Lippe bei dem
Lippischen Landtage und unter dein 9. Juli auch bei dem Bundesrate Protest
dagegen ein,


"daß die Nachkommenschaft des Grafen Ernst aus der unebenbürtiger
Ehe mit der Gräfin Karoline, gebornen Gräfin Wartensleben als zur
Thronfolge berechtigt angesehen werden könne."

Erläuternd ist hier zu bemerken, daß die Söhne der Brüder des Graf¬
regenten, deren Ehen bisher überhaupt mit Söhnen gesegnet sind, an dem¬
selben Ebenbürtigkeitsdefekt laborieren, wie die Söhne des Grafregenten aus
dessen Ehe mit der Gräfin Karoline Wartensleben, daß aber natürlich zur Zeit
sür Schaumburg keine Veranlassung vorlag, auch gegen die Ebenbürtigkeit dieser
Ehen zu protestieren.


Der Beschluß des Bundesrath in der Lippischen Thronfolgefrage

steht. Nach diesem unterliegt der Entscheidung des hohen Schiedsgerichts
nur die Frage, wer von den drei Paziszenten (dem Grafen Ernst zur
Lippe-Viesterfeld, dem Grafen Ferdinand zur Lippe-Weißenfeld und dem
Fürsten Georg zu Schaumburg-Lippe — d. V.) zuerst zur Thronfolge
im Fürstentum Lippe berechtigt und berufen sei. Das hohe Schieds¬
gericht wird weder in der Lage sein, etwa der Linie des Grafen zu
Biesterfeld, noch gar ihr ausschließlich das Thronfolgerecht zuzu¬
sprechen. Letzteres nicht, da den Linien Weißenfeld und Schaumburg
ihr Thronfolgerecht, soweit es überhaupt besteht, auch gewahrt bleibt,
wenn die Biesterfelder Linie als zuerst zur Thronfolge berechtigt an¬
erkannt werden sollte.

Gegen die Linie Viesterseld, speziell gegen die Deszendenz
des Grasen Ernst zu Lippe-Biesterfeld liegen aber noch selb¬
ständige Anfechtungsgründe vor, die hier nicht zur Erörterung
stehen."


Der am 22. Juni 1897 gefallne Schiedsspruch lautet wörtlich, wie folgt:


„Seine Erlaucht der Graf Ernst Kasimir Karl Eberhard Graf und
Edler Herr zur Lippe-Biesterfeld ist nach Erledigung des zur Zeit von
Seiner Durchlaucht dem Fürsten Karl Alexander zur Lippe innegehabten
Thrones zur Regierungsnachfolge in dem Fürstentum Lippe berechtigt
und berufen."

Es ist ohne weiteres klar, daß allein schon nach diesem Wortlaut, namentlich
aber, wenn man ihn im Vergleich mit den geschilderten Vorgängen betrachtet,
nur die Thronfolgefähigkeit des Grafen Ernst, nicht aber die Thronfolge¬
fähigkeit und Ebenbürtigkeit seiner Söhne oder gar der Söhne seiner Brüder
rechtskräftig feststeht. Höchstens wird man <zx asquo se ocmo noch folgern
können, aus dem Schiedsspruch ergebe sich auch die Thronfolgefähigkeit der
Brüder des Grafen Ernst, da diese mit ihm hinsichtlich der Abstammungs¬
verhältnisse in genau der gleichen Rechtslage sind.

Unmittelbar nun, nachdem Graf Ernst infolge dieses Schiedsspruchs die
Regentschaft übernommen hatte, legte der Fürst zu Schaumburg-Lippe bei dem
Lippischen Landtage und unter dein 9. Juli auch bei dem Bundesrate Protest
dagegen ein,


„daß die Nachkommenschaft des Grafen Ernst aus der unebenbürtiger
Ehe mit der Gräfin Karoline, gebornen Gräfin Wartensleben als zur
Thronfolge berechtigt angesehen werden könne."

Erläuternd ist hier zu bemerken, daß die Söhne der Brüder des Graf¬
regenten, deren Ehen bisher überhaupt mit Söhnen gesegnet sind, an dem¬
selben Ebenbürtigkeitsdefekt laborieren, wie die Söhne des Grafregenten aus
dessen Ehe mit der Gräfin Karoline Wartensleben, daß aber natürlich zur Zeit
sür Schaumburg keine Veranlassung vorlag, auch gegen die Ebenbürtigkeit dieser
Ehen zu protestieren.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_229685/130>, abgerufen am 23.07.2024.