Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiterrentengüter 400 bis 450 Mark jährlich veranschlagen kann. Der Verkauf von zwei Für die Zahl der in einer Gemeinde zu gründenden Arbeiterstellen ist Diese Vorschläge durchzuführen, setzt allerdings voraus, daß sich Renten¬ Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiterrentengüter 400 bis 450 Mark jährlich veranschlagen kann. Der Verkauf von zwei Für die Zahl der in einer Gemeinde zu gründenden Arbeiterstellen ist Diese Vorschläge durchzuführen, setzt allerdings voraus, daß sich Renten¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0073" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229021"/> <fw type="header" place="top"> Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiterrentengüter</fw><lb/> <p xml:id="ID_150" prev="#ID_149"> 400 bis 450 Mark jährlich veranschlagen kann. Der Verkauf von zwei<lb/> Schweinen, der für ihn immer möglich sein wird, deckt allein schon die Rente.<lb/> Mit den übrigen Erträgen aus Ackerbau, Viehhaltung und Tagelohn kann er<lb/> den Unterhalt der Familie recht wohl bestreikn. Und noch viel günstiger<lb/> stellt sich das Ergebnis, wenn auch die Frau oder eins der Kinder auf Tage¬<lb/> lohn gehen kann. Thatsächlich haben denn auch die fo gestellten Landarbeiter<lb/> ihr gutes Auskommen. Die einzige unerläßliche Voraussetzung für das Ge¬<lb/> deihen solcher Arbeiterstellen ist freilich die persönliche Tüchtigkeit des Besitzers<lb/> und seiner Frau. Mangelt es daran, dann — aber auch nur dann — ist<lb/> ihr Untergang sicher. Er ist dann aber auch uur das selbstverschuldete, ver¬<lb/> diente Los.</p><lb/> <p xml:id="ID_151"> Für die Zahl der in einer Gemeinde zu gründenden Arbeiterstellen ist<lb/> allein die Nachfrage nach Arbeitern maßgebend. Ohne sichere und dauernde<lb/> Arbeitsgelegenheit ist die Anlegung von Arbeiterstellen nicht zu empfehlen.<lb/> Für den Sommer wird wohl selten Mangel an Arbeitsgelegenheit zu be¬<lb/> fürchten sein, und auch für den Winter ist für sichere lohnende Arbeit gut<lb/> gesorgt, wenn größere Forsten in der Nähe sind. Diese bieten auch zugleich<lb/> den nicht hoch genug anzuschlagenden Vorteil, daß die darin beschäftigten<lb/> Arbeiter das nötige Brennholz z. B. als Abraum, Leseholz, Stubben usw.<lb/> unentgeltlich oder doch sast unentgeltlich gewinnen können. Landwirtschaftliche<lb/> Gewerbe, wie Brennereien, Stärkefabriken u. dergl., können ausnahmsweise<lb/> wohl auch Arbeit verschaffen. Mangelt es aber an solchen Gelegenheiten,<lb/> dann müssen die benachbarten Gutsbesitzer und Großbauern für Arbeit sorgen.<lb/> Es mag dies unter Umständen schwierig sein, aber es ist nicht abzusehen,<lb/> warum es überhaupt nicht ausführbar sein sollte. An die Stelle der seit¬<lb/> herigen wechselnden Gutstagelöhner treten eben die seßhaften Arbeiter. Diese<lb/> werden aber jedem gern ihre Arbeitskräfte zur Verfügung stellen, der ihnen<lb/> die Bestellung ihres Ackers, das Einfahren ihrer Ernte usw. besorgt.</p><lb/> <p xml:id="ID_152" next="#ID_153"> Diese Vorschläge durchzuführen, setzt allerdings voraus, daß sich Renten¬<lb/> gutsverkäufer finden, die geneigt sind, nicht lediglich ihren Nutzen rücksichtslos<lb/> zu verfolgen, sondern die auch die allgemeine Wohlfahrt nicht ganz außer acht<lb/> lassen. Der Besitzer, der sein Gut ganz aufteilt, tritt damit aus der Reihe<lb/> der Grundbesitzer heraus; ihm ist es in der Regel gleichgiltig, wie sich seine<lb/> bisherigen Nachbarn und die ErWerber größerer Rentengüter die nötigen<lb/> Arbeitskräfte beschaffen. Aber auch er wird häufig alte noch brauchbare<lb/> Kater nicht besser verwerten können als dadurch, daß er sie an kleine Leute<lb/> verkauft. Anders liegt die Sache bei den Besitzern, die nur einen Teil<lb/> ^bref Landes in Nentengüter umwandeln; sie werden sich zu ihrem eignen<lb/> Besten fast immer leicht bereit finden lassen, eine angemessene Anzahl von<lb/> Arbeiterstellen zu gründen. Auch die großen Landaufteilungsgesellschaften wie<lb/> die Landbank und die Ansiedlungsbank könnten zeigen, daß es ihnen — wie</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0073]
Die Notwendigkeit und die Möglichkeit der Arbeiterrentengüter
400 bis 450 Mark jährlich veranschlagen kann. Der Verkauf von zwei
Schweinen, der für ihn immer möglich sein wird, deckt allein schon die Rente.
Mit den übrigen Erträgen aus Ackerbau, Viehhaltung und Tagelohn kann er
den Unterhalt der Familie recht wohl bestreikn. Und noch viel günstiger
stellt sich das Ergebnis, wenn auch die Frau oder eins der Kinder auf Tage¬
lohn gehen kann. Thatsächlich haben denn auch die fo gestellten Landarbeiter
ihr gutes Auskommen. Die einzige unerläßliche Voraussetzung für das Ge¬
deihen solcher Arbeiterstellen ist freilich die persönliche Tüchtigkeit des Besitzers
und seiner Frau. Mangelt es daran, dann — aber auch nur dann — ist
ihr Untergang sicher. Er ist dann aber auch uur das selbstverschuldete, ver¬
diente Los.
Für die Zahl der in einer Gemeinde zu gründenden Arbeiterstellen ist
allein die Nachfrage nach Arbeitern maßgebend. Ohne sichere und dauernde
Arbeitsgelegenheit ist die Anlegung von Arbeiterstellen nicht zu empfehlen.
Für den Sommer wird wohl selten Mangel an Arbeitsgelegenheit zu be¬
fürchten sein, und auch für den Winter ist für sichere lohnende Arbeit gut
gesorgt, wenn größere Forsten in der Nähe sind. Diese bieten auch zugleich
den nicht hoch genug anzuschlagenden Vorteil, daß die darin beschäftigten
Arbeiter das nötige Brennholz z. B. als Abraum, Leseholz, Stubben usw.
unentgeltlich oder doch sast unentgeltlich gewinnen können. Landwirtschaftliche
Gewerbe, wie Brennereien, Stärkefabriken u. dergl., können ausnahmsweise
wohl auch Arbeit verschaffen. Mangelt es aber an solchen Gelegenheiten,
dann müssen die benachbarten Gutsbesitzer und Großbauern für Arbeit sorgen.
Es mag dies unter Umständen schwierig sein, aber es ist nicht abzusehen,
warum es überhaupt nicht ausführbar sein sollte. An die Stelle der seit¬
herigen wechselnden Gutstagelöhner treten eben die seßhaften Arbeiter. Diese
werden aber jedem gern ihre Arbeitskräfte zur Verfügung stellen, der ihnen
die Bestellung ihres Ackers, das Einfahren ihrer Ernte usw. besorgt.
Diese Vorschläge durchzuführen, setzt allerdings voraus, daß sich Renten¬
gutsverkäufer finden, die geneigt sind, nicht lediglich ihren Nutzen rücksichtslos
zu verfolgen, sondern die auch die allgemeine Wohlfahrt nicht ganz außer acht
lassen. Der Besitzer, der sein Gut ganz aufteilt, tritt damit aus der Reihe
der Grundbesitzer heraus; ihm ist es in der Regel gleichgiltig, wie sich seine
bisherigen Nachbarn und die ErWerber größerer Rentengüter die nötigen
Arbeitskräfte beschaffen. Aber auch er wird häufig alte noch brauchbare
Kater nicht besser verwerten können als dadurch, daß er sie an kleine Leute
verkauft. Anders liegt die Sache bei den Besitzern, die nur einen Teil
^bref Landes in Nentengüter umwandeln; sie werden sich zu ihrem eignen
Besten fast immer leicht bereit finden lassen, eine angemessene Anzahl von
Arbeiterstellen zu gründen. Auch die großen Landaufteilungsgesellschaften wie
die Landbank und die Ansiedlungsbank könnten zeigen, daß es ihnen — wie
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