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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

offen zu Markte getragne jesuitische Sophisterei und Brunnenvergiftung. Wer
wngt es Hierinich noch die nnmittelbnre Gemeingefährlichkeit und die moralische
Verwerflichkeit der sozialdemokratischen Propaganda unter unsern leichtgläubigen
und leicht zu verivirrenden Arbeitern z" bestreiten? Es ist ein starker Grad von
Keckheit, mit dein hier die sogenannte wissenschaftliche Sozinldemvkratie die Bundes-
genossenschaft ihrer festgerannten und, wie die Sozialdemokraten wohl glauben
mögen, für sie festgenngelteu halben und ganzen Freunde im kathedersozinlistischen
Lager herausfordert.

Die ehrliche Entrüstung, die unsre sozinldemokratisch erzognen Arbeiter an¬
gesichts der Genfer Mordthat zu empfinden hatten, besteht in dem immer mehr ge¬
steigerten Grimm über den tausend- und millionenfachen Mord, den die Kapita¬
listenklasse an den Arbeitern begeht, d. h. in dem sich bis zur Wut entstammenden
Haß gegen die sogenannte herrschende und besitzende Klasse und gegen die heutige
Gesellschaftsverfassung. Und solchen Erklärungen gegenüber wagen unsre sozialistisch
gesalbten Professoren, Doktoren und Pastoren noch von der Mauserung der
Sozinldemvkratie zu reden? Trotz solcher Erklärungen kennen die freisinnigen
Parteien in Deutschland nnr die eine Pflicht, die Sozialdemokrntie als verdienst¬
volle Erzieherin der Arbeiter zu feiern und um ihre Gunst und ihre Stimmen zu
buhlen?

Die hier mit jesuitischen Geschick deu Arbeitern nahe gelegte Gleichstellung
des anarchistischen und andrer Meuchelmorde und der Massenarbeitermorde, die der
Kapitalistenklasse vorgeworfen werden, wird auch diesmal nicht die giftige Wirkung
verfehlen, das menschliche, natürliche Empfinden zu untergraben. Was vermögen
dagegen die gewaltigen Leistungen der heutigen Gesellschaft ans dem Gebiete des
Arbeiterschutzes? Was für ein Ziel und was für ein Tempo sollen die Svzial-
reformen haben, die dieser Entstellung der Thatsachen und Verdrehung der Schnld-
fwge einen Riegel vorschieben könnten?

Wir sind durch diese Kundgebungen sozialdemokrntischer Ehrlichkeit nicht über¬
rascht worden; sie können uns auch nicht darin beirren, die Förderung der sozialen
Reformen -- und damit die Hebung der arbeitenden Klassen und ihre Befreiung
von dem furchtbare" Joche dieser menschenverderbenden Rotte -- zu vertreten,
nach links wie nach rechts.


Die Wasserbauten in Preußen.

Wir haben unsre Bemerkungen in
Ur. Zg Mer die bevorstehende Reform der Wasserbauverwnltuug in Preußen
dahin zu ergänzen, daß das Staatsministerium noch uicht beabsichtigt, diese selbst¬
verständlich dem Ressort des Ministeriums für öffentliche Arbeiten zufallende Auf¬
gabe auf den Landwirtschaftsminister zu übertragen; die Frage soll vielmehr noch
näherer Prüfung unterworfen werden. Ani so mehr hoffen und wünschen wir, daß
auch jeder Schein, die Interessenpolitik der parlamentarischen Parteien konnte den
Von uns befürchteten Einfluß auf die Nessortverhältnisse innerhalb der Regierung
gewinnen, vermieden werden wird, und zwar auch schon bei deu Entschlüssen des
Staatsministeriums, mahl erst bei der Entscheidung durch deu König.




Maßgebliches und Unmaßgebliches

offen zu Markte getragne jesuitische Sophisterei und Brunnenvergiftung. Wer
wngt es Hierinich noch die nnmittelbnre Gemeingefährlichkeit und die moralische
Verwerflichkeit der sozialdemokratischen Propaganda unter unsern leichtgläubigen
und leicht zu verivirrenden Arbeitern z» bestreiten? Es ist ein starker Grad von
Keckheit, mit dein hier die sogenannte wissenschaftliche Sozinldemvkratie die Bundes-
genossenschaft ihrer festgerannten und, wie die Sozialdemokraten wohl glauben
mögen, für sie festgenngelteu halben und ganzen Freunde im kathedersozinlistischen
Lager herausfordert.

Die ehrliche Entrüstung, die unsre sozinldemokratisch erzognen Arbeiter an¬
gesichts der Genfer Mordthat zu empfinden hatten, besteht in dem immer mehr ge¬
steigerten Grimm über den tausend- und millionenfachen Mord, den die Kapita¬
listenklasse an den Arbeitern begeht, d. h. in dem sich bis zur Wut entstammenden
Haß gegen die sogenannte herrschende und besitzende Klasse und gegen die heutige
Gesellschaftsverfassung. Und solchen Erklärungen gegenüber wagen unsre sozialistisch
gesalbten Professoren, Doktoren und Pastoren noch von der Mauserung der
Sozinldemvkratie zu reden? Trotz solcher Erklärungen kennen die freisinnigen
Parteien in Deutschland nnr die eine Pflicht, die Sozialdemokrntie als verdienst¬
volle Erzieherin der Arbeiter zu feiern und um ihre Gunst und ihre Stimmen zu
buhlen?

Die hier mit jesuitischen Geschick deu Arbeitern nahe gelegte Gleichstellung
des anarchistischen und andrer Meuchelmorde und der Massenarbeitermorde, die der
Kapitalistenklasse vorgeworfen werden, wird auch diesmal nicht die giftige Wirkung
verfehlen, das menschliche, natürliche Empfinden zu untergraben. Was vermögen
dagegen die gewaltigen Leistungen der heutigen Gesellschaft ans dem Gebiete des
Arbeiterschutzes? Was für ein Ziel und was für ein Tempo sollen die Svzial-
reformen haben, die dieser Entstellung der Thatsachen und Verdrehung der Schnld-
fwge einen Riegel vorschieben könnten?

Wir sind durch diese Kundgebungen sozialdemokrntischer Ehrlichkeit nicht über¬
rascht worden; sie können uns auch nicht darin beirren, die Förderung der sozialen
Reformen — und damit die Hebung der arbeitenden Klassen und ihre Befreiung
von dem furchtbare» Joche dieser menschenverderbenden Rotte — zu vertreten,
nach links wie nach rechts.


Die Wasserbauten in Preußen.

Wir haben unsre Bemerkungen in
Ur. Zg Mer die bevorstehende Reform der Wasserbauverwnltuug in Preußen
dahin zu ergänzen, daß das Staatsministerium noch uicht beabsichtigt, diese selbst¬
verständlich dem Ressort des Ministeriums für öffentliche Arbeiten zufallende Auf¬
gabe auf den Landwirtschaftsminister zu übertragen; die Frage soll vielmehr noch
näherer Prüfung unterworfen werden. Ani so mehr hoffen und wünschen wir, daß
auch jeder Schein, die Interessenpolitik der parlamentarischen Parteien konnte den
Von uns befürchteten Einfluß auf die Nessortverhältnisse innerhalb der Regierung
gewinnen, vermieden werden wird, und zwar auch schon bei deu Entschlüssen des
Staatsministeriums, mahl erst bei der Entscheidung durch deu König.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/65>, abgerufen am 12.12.2024.