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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden

Viel aktueller wird sich wohl die Monopolfrage gestalte". Denn trotz
aller Hemmungen und Ableugnungen wachst die Agrarbewegung fortwährend,
in den Reichstag sind zwar die alten Parteien zurückgekehrt, aber gegen die
Agrarbewegung fühlen sie sich entweder schwach, wenn sie es auch zu verstecken
suchen, das Zentrum z. B. und die Nationalliberalen, oder sie stehen mitten
darin, fordernd und drängend, so die ganze Rechte. Wie leicht wird da der
Stein ins Rollen kommen! Soll das Ergebnis nicht in der Annahme des
Kanitzischen Antrags oder eines andern Monopols der Selbstsucht gipfeln, mit
kostspielig bureaukratischer Durchführung, so kann unsers Trachtens nur der
Kühnsche Vorschlag dagegen ausgespielt werden. Aber dazu müßte es gelingen,
ihm Anhänger zu verschaffen, den Borschlag zu einem politischen Einfluß zu
erheben. Andernfalls wird die agrarische Selbstsucht siegen, und wir selbst
würden, vor die Alternative gestellt, zwischen der Aufrechterhaltung des jetzigen
Zustands und dem Kanitzischen Antrage zu wählen, sogar diesem zuzustimmen
für unsre Pflicht halten, weil der Getreidebau wirksam geschützt werden muß.
Nicht weniger darum, weil, Deutschland im ganzen betrachtet, der größere
Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung mit seiner ganzen Existenz daran
beteiligt ist, vor allem unser ganzer Bauerstand, der Jungbrunnen unsers wie
jedes Volkes. Doch diese Alternative ist noch für niemand unter uns gestellt,
so schnell rollt auch der Stein nicht, vielleicht macht er auf der Zwischen¬
station höherer Getreidezölle eine Ruhepause, jedenfalls hat noch jeder Zeit,
"Stellung zu nehmen." Wir empfehlen denen, die politisches Verantwortungs¬
gefühl haben -- und das sollte bei allen Gebildeten der Fall sein --, den
Inhalt der Kühnschen Schrift zu erwägen und dafür zu werben.




Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden

is ich zum erstenmale davon hörte, daß Ludwig Richter in seiner
Vaterstadt Dresden durch ein Denkmal geehrt werden solle, da kam
mir folgende Stelle aus des Meisters Selbstbiographie") in den
Sinn: "Für deu Geschichtsunterricht in der Schule hatten wir ein
sehr trocknes Buch: Sächsische Geschichte. Sonderbar erschien es mir
später, daß mir nichts davon hängen geblieben war als ein bei
eisen angeführter Spruch: Wer die Ehre flieht, dem läuft sie nach,
Richter hat nochFriedrich dem
welcher damals wie ein nachdeuksames Rätjel Eindruck machte."



Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Selbstbiographie nebst Tagebuchnieder-
schriftcu und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben von Heinrich Richter, Frankfurt.
Diesem Buche sind die ohne weitere Quellenangabe gebrachten Zitate entnommen.
Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden

Viel aktueller wird sich wohl die Monopolfrage gestalte». Denn trotz
aller Hemmungen und Ableugnungen wachst die Agrarbewegung fortwährend,
in den Reichstag sind zwar die alten Parteien zurückgekehrt, aber gegen die
Agrarbewegung fühlen sie sich entweder schwach, wenn sie es auch zu verstecken
suchen, das Zentrum z. B. und die Nationalliberalen, oder sie stehen mitten
darin, fordernd und drängend, so die ganze Rechte. Wie leicht wird da der
Stein ins Rollen kommen! Soll das Ergebnis nicht in der Annahme des
Kanitzischen Antrags oder eines andern Monopols der Selbstsucht gipfeln, mit
kostspielig bureaukratischer Durchführung, so kann unsers Trachtens nur der
Kühnsche Vorschlag dagegen ausgespielt werden. Aber dazu müßte es gelingen,
ihm Anhänger zu verschaffen, den Borschlag zu einem politischen Einfluß zu
erheben. Andernfalls wird die agrarische Selbstsucht siegen, und wir selbst
würden, vor die Alternative gestellt, zwischen der Aufrechterhaltung des jetzigen
Zustands und dem Kanitzischen Antrage zu wählen, sogar diesem zuzustimmen
für unsre Pflicht halten, weil der Getreidebau wirksam geschützt werden muß.
Nicht weniger darum, weil, Deutschland im ganzen betrachtet, der größere
Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung mit seiner ganzen Existenz daran
beteiligt ist, vor allem unser ganzer Bauerstand, der Jungbrunnen unsers wie
jedes Volkes. Doch diese Alternative ist noch für niemand unter uns gestellt,
so schnell rollt auch der Stein nicht, vielleicht macht er auf der Zwischen¬
station höherer Getreidezölle eine Ruhepause, jedenfalls hat noch jeder Zeit,
„Stellung zu nehmen." Wir empfehlen denen, die politisches Verantwortungs¬
gefühl haben — und das sollte bei allen Gebildeten der Fall sein —, den
Inhalt der Kühnschen Schrift zu erwägen und dafür zu werben.




Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden

is ich zum erstenmale davon hörte, daß Ludwig Richter in seiner
Vaterstadt Dresden durch ein Denkmal geehrt werden solle, da kam
mir folgende Stelle aus des Meisters Selbstbiographie") in den
Sinn: „Für deu Geschichtsunterricht in der Schule hatten wir ein
sehr trocknes Buch: Sächsische Geschichte. Sonderbar erschien es mir
später, daß mir nichts davon hängen geblieben war als ein bei
eisen angeführter Spruch: Wer die Ehre flieht, dem läuft sie nach,
Richter hat nochFriedrich dem
welcher damals wie ein nachdeuksames Rätjel Eindruck machte."



Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Selbstbiographie nebst Tagebuchnieder-
schriftcu und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben von Heinrich Richter, Frankfurt.
Diesem Buche sind die ohne weitere Quellenangabe gebrachten Zitate entnommen.
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[0639] Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden Viel aktueller wird sich wohl die Monopolfrage gestalte». Denn trotz aller Hemmungen und Ableugnungen wachst die Agrarbewegung fortwährend, in den Reichstag sind zwar die alten Parteien zurückgekehrt, aber gegen die Agrarbewegung fühlen sie sich entweder schwach, wenn sie es auch zu verstecken suchen, das Zentrum z. B. und die Nationalliberalen, oder sie stehen mitten darin, fordernd und drängend, so die ganze Rechte. Wie leicht wird da der Stein ins Rollen kommen! Soll das Ergebnis nicht in der Annahme des Kanitzischen Antrags oder eines andern Monopols der Selbstsucht gipfeln, mit kostspielig bureaukratischer Durchführung, so kann unsers Trachtens nur der Kühnsche Vorschlag dagegen ausgespielt werden. Aber dazu müßte es gelingen, ihm Anhänger zu verschaffen, den Borschlag zu einem politischen Einfluß zu erheben. Andernfalls wird die agrarische Selbstsucht siegen, und wir selbst würden, vor die Alternative gestellt, zwischen der Aufrechterhaltung des jetzigen Zustands und dem Kanitzischen Antrage zu wählen, sogar diesem zuzustimmen für unsre Pflicht halten, weil der Getreidebau wirksam geschützt werden muß. Nicht weniger darum, weil, Deutschland im ganzen betrachtet, der größere Teil der landwirtschaftlichen Bevölkerung mit seiner ganzen Existenz daran beteiligt ist, vor allem unser ganzer Bauerstand, der Jungbrunnen unsers wie jedes Volkes. Doch diese Alternative ist noch für niemand unter uns gestellt, so schnell rollt auch der Stein nicht, vielleicht macht er auf der Zwischen¬ station höherer Getreidezölle eine Ruhepause, jedenfalls hat noch jeder Zeit, „Stellung zu nehmen." Wir empfehlen denen, die politisches Verantwortungs¬ gefühl haben — und das sollte bei allen Gebildeten der Fall sein —, den Inhalt der Kühnschen Schrift zu erwägen und dafür zu werben. Das Ludwig Richter-Denkmal in Dresden is ich zum erstenmale davon hörte, daß Ludwig Richter in seiner Vaterstadt Dresden durch ein Denkmal geehrt werden solle, da kam mir folgende Stelle aus des Meisters Selbstbiographie") in den Sinn: „Für deu Geschichtsunterricht in der Schule hatten wir ein sehr trocknes Buch: Sächsische Geschichte. Sonderbar erschien es mir später, daß mir nichts davon hängen geblieben war als ein bei eisen angeführter Spruch: Wer die Ehre flieht, dem läuft sie nach, Richter hat nochFriedrich dem welcher damals wie ein nachdeuksames Rätjel Eindruck machte." Lebenserinnerungen eines deutschen Malers. Selbstbiographie nebst Tagebuchnieder- schriftcu und Briefen von Ludwig Richter. Herausgegeben von Heinrich Richter, Frankfurt. Diesem Buche sind die ohne weitere Quellenangabe gebrachten Zitate entnommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/639>, abgerufen am 12.12.2024.