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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Zur Abrüstungsfrage

ärztliche Untersuchung des Militärs in der britischen Armee überhaupt nicht.
Was die englischen Offiziere anlangt, so will ich hier nur eine Äußerung
der ^riri^ g.M (Z^ödes aus 1896 anführen. Dort heißt es: "Die
Armee hat nicht mehr die Anziehungskraft für die wohlhabenden Männer wie
früher. Jährlich wächst die Zahl der Offiziere, die allein von ihrem Gehalt
leben müssen. Wenn es die Absicht ist, die Offiziere geradeso arbeiten zu
lassen wie die andern Stände, so werden die meisten Offiziere, die Privat¬
vermögen besitzen, bald zurücktreten." In der That soll auch die Zahl der
Offiziere stetig gesunken sein. Der allgemeine Eindruck, den deutsche Reisende
von englischen Truppen in den Kolonien hatten, wird als wenig günstig
geschildert. . , . , , ,

Was ich hier über Englands Macht zu Wasser und zu Lande vorgebracht
habe, wird meine Ansicht bekräftigen, die ich in dem Grenzbotenanfsatze von
1896 ausgesprochen habe: "Jedenfalls können wir und alle andern Völker,
die mit Englands Interessen in Widerstreit geraten, ruhig auf unserm Rechte
bestehen." Wir haben das gottlob bis heute in Asien und auch seit der
Transvaaldepesche in Afrika gethan, und von allen damals in die Welt
posannten englischen Drohungen ist bis jetzt nichts wahr geworden. Das be¬
rühmte fliegende Geschwader, das damals nach Afrika gehen sollte, scheint auch
zu Hause geblieben zu sein; denn man hat nichts mehr von ihm gehört.
Immerhin aber müssen wir uns das merken, was aus dem von den Grenz¬
boten im März 1897 als Flugblatt herausgegebnen Spektatorartikel zu ent¬
nehmen ist, nämlich daß England unserm Handel zur See durch Weg¬
nahme unsrer noch lange nicht hinreichend geschützten Handelsschiffe unerme߬
lichen Schaden zufügen kann. Dazu kommt, daß sich England und Amerika
seit dem für Amerika günstigen Ausgange des Krieges mit Spanien augen¬
scheinlich nähern. Der bekannte Afrikareisende Karl Peters, der seit seiner Ver¬
urteilung in Deutschland seinen Wohnsitz nach London verlegt hat, prophezeit
schon ein Zusammenschließen von England und Amerika zu einem britischen
Herrschaftsgebiet, mit dem verglichen die alten "Weltreiche" Vorderasiens und
auch das Nömerreich reines Kinderspiel gewesen seien. Das Jahr 1899 soll
schon, nach Peters, die erste praktische Wirkung dieser Kombination in den
chinesischen Gewässern, in der Südsee, sowie im Atlantischen Ozean darthun.
"Was wird der Kontinent von Europa dazu sagen?" fragt Peters. Hoffentlich
giebt ihm, der den Kontinent für hoffnungslos in sich gespalten erklärt, jetzt
die Abrüstungskonferenz des Zaren die richtige Antwort, dahin, daß sie ein
festes Zusammenstehen des Kontinents gegen englische Anmaßungen in ganz
klarer und bestimmter Form ausspricht. Mehr bedarf es gegenüber England
und auch gegenüber Amerika nicht. Englands Macht habe ich nach guten
Quellen mehrfach gekennzeichnet, und die Thaten der Union, im letzten Kriege
sind wahrlich nicht dazu angethan, einer französischen, russischen, dentschen


Zur Abrüstungsfrage

ärztliche Untersuchung des Militärs in der britischen Armee überhaupt nicht.
Was die englischen Offiziere anlangt, so will ich hier nur eine Äußerung
der ^riri^ g.M (Z^ödes aus 1896 anführen. Dort heißt es: „Die
Armee hat nicht mehr die Anziehungskraft für die wohlhabenden Männer wie
früher. Jährlich wächst die Zahl der Offiziere, die allein von ihrem Gehalt
leben müssen. Wenn es die Absicht ist, die Offiziere geradeso arbeiten zu
lassen wie die andern Stände, so werden die meisten Offiziere, die Privat¬
vermögen besitzen, bald zurücktreten." In der That soll auch die Zahl der
Offiziere stetig gesunken sein. Der allgemeine Eindruck, den deutsche Reisende
von englischen Truppen in den Kolonien hatten, wird als wenig günstig
geschildert. . , . , , ,

Was ich hier über Englands Macht zu Wasser und zu Lande vorgebracht
habe, wird meine Ansicht bekräftigen, die ich in dem Grenzbotenanfsatze von
1896 ausgesprochen habe: „Jedenfalls können wir und alle andern Völker,
die mit Englands Interessen in Widerstreit geraten, ruhig auf unserm Rechte
bestehen." Wir haben das gottlob bis heute in Asien und auch seit der
Transvaaldepesche in Afrika gethan, und von allen damals in die Welt
posannten englischen Drohungen ist bis jetzt nichts wahr geworden. Das be¬
rühmte fliegende Geschwader, das damals nach Afrika gehen sollte, scheint auch
zu Hause geblieben zu sein; denn man hat nichts mehr von ihm gehört.
Immerhin aber müssen wir uns das merken, was aus dem von den Grenz¬
boten im März 1897 als Flugblatt herausgegebnen Spektatorartikel zu ent¬
nehmen ist, nämlich daß England unserm Handel zur See durch Weg¬
nahme unsrer noch lange nicht hinreichend geschützten Handelsschiffe unerme߬
lichen Schaden zufügen kann. Dazu kommt, daß sich England und Amerika
seit dem für Amerika günstigen Ausgange des Krieges mit Spanien augen¬
scheinlich nähern. Der bekannte Afrikareisende Karl Peters, der seit seiner Ver¬
urteilung in Deutschland seinen Wohnsitz nach London verlegt hat, prophezeit
schon ein Zusammenschließen von England und Amerika zu einem britischen
Herrschaftsgebiet, mit dem verglichen die alten „Weltreiche" Vorderasiens und
auch das Nömerreich reines Kinderspiel gewesen seien. Das Jahr 1899 soll
schon, nach Peters, die erste praktische Wirkung dieser Kombination in den
chinesischen Gewässern, in der Südsee, sowie im Atlantischen Ozean darthun.
„Was wird der Kontinent von Europa dazu sagen?" fragt Peters. Hoffentlich
giebt ihm, der den Kontinent für hoffnungslos in sich gespalten erklärt, jetzt
die Abrüstungskonferenz des Zaren die richtige Antwort, dahin, daß sie ein
festes Zusammenstehen des Kontinents gegen englische Anmaßungen in ganz
klarer und bestimmter Form ausspricht. Mehr bedarf es gegenüber England
und auch gegenüber Amerika nicht. Englands Macht habe ich nach guten
Quellen mehrfach gekennzeichnet, und die Thaten der Union, im letzten Kriege
sind wahrlich nicht dazu angethan, einer französischen, russischen, dentschen


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[0062] Zur Abrüstungsfrage ärztliche Untersuchung des Militärs in der britischen Armee überhaupt nicht. Was die englischen Offiziere anlangt, so will ich hier nur eine Äußerung der ^riri^ g.M (Z^ödes aus 1896 anführen. Dort heißt es: „Die Armee hat nicht mehr die Anziehungskraft für die wohlhabenden Männer wie früher. Jährlich wächst die Zahl der Offiziere, die allein von ihrem Gehalt leben müssen. Wenn es die Absicht ist, die Offiziere geradeso arbeiten zu lassen wie die andern Stände, so werden die meisten Offiziere, die Privat¬ vermögen besitzen, bald zurücktreten." In der That soll auch die Zahl der Offiziere stetig gesunken sein. Der allgemeine Eindruck, den deutsche Reisende von englischen Truppen in den Kolonien hatten, wird als wenig günstig geschildert. . , . , , , Was ich hier über Englands Macht zu Wasser und zu Lande vorgebracht habe, wird meine Ansicht bekräftigen, die ich in dem Grenzbotenanfsatze von 1896 ausgesprochen habe: „Jedenfalls können wir und alle andern Völker, die mit Englands Interessen in Widerstreit geraten, ruhig auf unserm Rechte bestehen." Wir haben das gottlob bis heute in Asien und auch seit der Transvaaldepesche in Afrika gethan, und von allen damals in die Welt posannten englischen Drohungen ist bis jetzt nichts wahr geworden. Das be¬ rühmte fliegende Geschwader, das damals nach Afrika gehen sollte, scheint auch zu Hause geblieben zu sein; denn man hat nichts mehr von ihm gehört. Immerhin aber müssen wir uns das merken, was aus dem von den Grenz¬ boten im März 1897 als Flugblatt herausgegebnen Spektatorartikel zu ent¬ nehmen ist, nämlich daß England unserm Handel zur See durch Weg¬ nahme unsrer noch lange nicht hinreichend geschützten Handelsschiffe unerme߬ lichen Schaden zufügen kann. Dazu kommt, daß sich England und Amerika seit dem für Amerika günstigen Ausgange des Krieges mit Spanien augen¬ scheinlich nähern. Der bekannte Afrikareisende Karl Peters, der seit seiner Ver¬ urteilung in Deutschland seinen Wohnsitz nach London verlegt hat, prophezeit schon ein Zusammenschließen von England und Amerika zu einem britischen Herrschaftsgebiet, mit dem verglichen die alten „Weltreiche" Vorderasiens und auch das Nömerreich reines Kinderspiel gewesen seien. Das Jahr 1899 soll schon, nach Peters, die erste praktische Wirkung dieser Kombination in den chinesischen Gewässern, in der Südsee, sowie im Atlantischen Ozean darthun. „Was wird der Kontinent von Europa dazu sagen?" fragt Peters. Hoffentlich giebt ihm, der den Kontinent für hoffnungslos in sich gespalten erklärt, jetzt die Abrüstungskonferenz des Zaren die richtige Antwort, dahin, daß sie ein festes Zusammenstehen des Kontinents gegen englische Anmaßungen in ganz klarer und bestimmter Form ausspricht. Mehr bedarf es gegenüber England und auch gegenüber Amerika nicht. Englands Macht habe ich nach guten Quellen mehrfach gekennzeichnet, und die Thaten der Union, im letzten Kriege sind wahrlich nicht dazu angethan, einer französischen, russischen, dentschen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/62>, abgerufen am 24.07.2024.