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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Spuren im Schnee

Aber unter den Landwirten gab es zwei Kasten: eine, die Austern aß, und eine,
die es bei Beefsteak bewenden ließ, und mehr als ein braver Hofbesitzer saß dn
und litt Köllenqnalen dabei, daß er sechs Unstern hinunter würgte, um sich dadurch
das Recht zu erwerben, mit zu der feinern Gesellschaft gerechnet zu werden.

Wir wollen Porter trinken! rief einer. -- Porter und Champagner! rief der
Jägermeister. Flott solls hergehen! Komme ich felten in die Stadt, will ich auch
merken, daß ich da bin! -- Luß dich nicht lumpen, Jägermeister, antwortete ihm
einer; wenn du den Champagner spendirst, dann will ich den Porter schmeißen!
rief ein andrer. -- Also los! Schenken Sie um den Tisch herum!

Es währte nicht lange, da wurde es dem Leutnant zu beklommen im Speise-
sc>ni. und er zog sich deshalb in das Gastzimmer zurück -- da war die Luft doch
etwas besser. Hier kam er mit verschiednen ins Gespräch, und alle hatten sie vom
Jägermeister gehört, weshalb er nach Midskov gekommen sei, und äußerten ihre
Verwunderung mehr oder weniger deutlich.

Sie finden den alten Cyprianus doch niemals! sagte ein dicker Pächter.
Midskov ist ja vor fünfzig Jahren restnnrirt worden, und wenn da wirklich em
hohler Raum in der Mauer gewesen ist, so können Sie sich darauf verlassen, daß
man thu gefunden hat, und daß er nun leer ist!

Ist Midskov restaurirt worden? fragte der Leutnant.

Ja wohl ist es restaurirt worden, entgegnete der andre. Der Maurer Jens,
der jetzt als Kuhhirt bei dem Schulzen in Lcmdrup dient, der hat damals Steine
getragen, und ich erinnere mich, daß er mir erzählt hat, daß sie ein altes Buch
gefunden hätten, als sie etwas niederrissen.

Ein altes Buch! rief der Leutnant ganz erregt. Das muß es gewesen sem!
Aber wo mag es jetzt sein? " "

Ja, wo ist der Schnee vom vergangnen Jahre! Aber es Ware wohl möglich,
daß der Maurer Jens Bescheid darum wüßte.

Jetzt kam der Jägermeister herzu, mit dunkelrotem Kopf und Hangenden
Schnurrbart -- Leutnant! Sie müssen wieder hineinkommen! sagte er. Ich null
noch einmal eine Runde Sekt geben -- weiß Gott, das will ich! Bin ich Jäger¬
meister, oder bin ich es nicht, was? Ich habe Kredit bis Michaelis, und ich laß
mich nicht lumpen!

Dem Leutnant fiel plötzlich Elleus Bitte ein; er schämte sich, dnß er erst jetzt
dnran dachte, und es gelang ihm allmählich, seinen Wirt beiseite zu ziehen und
it)in Vernunft zuzureden.

Nun ja, dann laß ichs bleiben, sagte der Jägermeister, aber ich habe die
ganze Gesellschaft zu heute abend nach Midskov eingeladen -- es kommen em
Dutzend oder anderthalb gute Freunde mit nach Hanse, und dann wollen wir ein
kleines Mi macheu -- Harriet ist ja nicht zu Hanse! -- Nein, es hilft nichts,
was Sie auch sagen mögen, Leutnant, denn das läßt sich nicht ändern! Aber wir
beide können vvransfahren und alles für den Empfang der Gäste vorbereiten --
das können wir!

Bald darauf waren sie auf dem Heimwege.

Wollen Sie nur morgen einen Schlitten nach Landrup geben, Herr Wäger¬
meister? fragte der Leutnant unterwegs.

Zwei, wenn Sie "vollen! -- Aber was haben Sie dn zu thun?

Und dann erzählte der Leutnant, was er im Gastzimmer gehört hatte.

Das ist doch des Satans! sagte der Jägermeister. Wollen Sie das Manu¬
skript jetzt außerhalb des Hauses suchen -- das Paßt mir eigentlich nicht! Nu,thun Sie, was Sie wollen, nehmen Sie sich nur vor dem Schulzen in acht!


Spuren im Schnee

Aber unter den Landwirten gab es zwei Kasten: eine, die Austern aß, und eine,
die es bei Beefsteak bewenden ließ, und mehr als ein braver Hofbesitzer saß dn
und litt Köllenqnalen dabei, daß er sechs Unstern hinunter würgte, um sich dadurch
das Recht zu erwerben, mit zu der feinern Gesellschaft gerechnet zu werden.

Wir wollen Porter trinken! rief einer. — Porter und Champagner! rief der
Jägermeister. Flott solls hergehen! Komme ich felten in die Stadt, will ich auch
merken, daß ich da bin! — Luß dich nicht lumpen, Jägermeister, antwortete ihm
einer; wenn du den Champagner spendirst, dann will ich den Porter schmeißen!
rief ein andrer. — Also los! Schenken Sie um den Tisch herum!

Es währte nicht lange, da wurde es dem Leutnant zu beklommen im Speise-
sc>ni. und er zog sich deshalb in das Gastzimmer zurück — da war die Luft doch
etwas besser. Hier kam er mit verschiednen ins Gespräch, und alle hatten sie vom
Jägermeister gehört, weshalb er nach Midskov gekommen sei, und äußerten ihre
Verwunderung mehr oder weniger deutlich.

Sie finden den alten Cyprianus doch niemals! sagte ein dicker Pächter.
Midskov ist ja vor fünfzig Jahren restnnrirt worden, und wenn da wirklich em
hohler Raum in der Mauer gewesen ist, so können Sie sich darauf verlassen, daß
man thu gefunden hat, und daß er nun leer ist!

Ist Midskov restaurirt worden? fragte der Leutnant.

Ja wohl ist es restaurirt worden, entgegnete der andre. Der Maurer Jens,
der jetzt als Kuhhirt bei dem Schulzen in Lcmdrup dient, der hat damals Steine
getragen, und ich erinnere mich, daß er mir erzählt hat, daß sie ein altes Buch
gefunden hätten, als sie etwas niederrissen.

Ein altes Buch! rief der Leutnant ganz erregt. Das muß es gewesen sem!
Aber wo mag es jetzt sein? „ „

Ja, wo ist der Schnee vom vergangnen Jahre! Aber es Ware wohl möglich,
daß der Maurer Jens Bescheid darum wüßte.

Jetzt kam der Jägermeister herzu, mit dunkelrotem Kopf und Hangenden
Schnurrbart — Leutnant! Sie müssen wieder hineinkommen! sagte er. Ich null
noch einmal eine Runde Sekt geben — weiß Gott, das will ich! Bin ich Jäger¬
meister, oder bin ich es nicht, was? Ich habe Kredit bis Michaelis, und ich laß
mich nicht lumpen!

Dem Leutnant fiel plötzlich Elleus Bitte ein; er schämte sich, dnß er erst jetzt
dnran dachte, und es gelang ihm allmählich, seinen Wirt beiseite zu ziehen und
it)in Vernunft zuzureden.

Nun ja, dann laß ichs bleiben, sagte der Jägermeister, aber ich habe die
ganze Gesellschaft zu heute abend nach Midskov eingeladen — es kommen em
Dutzend oder anderthalb gute Freunde mit nach Hanse, und dann wollen wir ein
kleines Mi macheu — Harriet ist ja nicht zu Hanse! — Nein, es hilft nichts,
was Sie auch sagen mögen, Leutnant, denn das läßt sich nicht ändern! Aber wir
beide können vvransfahren und alles für den Empfang der Gäste vorbereiten —
das können wir!

Bald darauf waren sie auf dem Heimwege.

Wollen Sie nur morgen einen Schlitten nach Landrup geben, Herr Wäger¬
meister? fragte der Leutnant unterwegs.

Zwei, wenn Sie »vollen! — Aber was haben Sie dn zu thun?

Und dann erzählte der Leutnant, was er im Gastzimmer gehört hatte.

Das ist doch des Satans! sagte der Jägermeister. Wollen Sie das Manu¬
skript jetzt außerhalb des Hauses suchen — das Paßt mir eigentlich nicht! Nu,thun Sie, was Sie wollen, nehmen Sie sich nur vor dem Schulzen in acht!


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[0608] Spuren im Schnee Aber unter den Landwirten gab es zwei Kasten: eine, die Austern aß, und eine, die es bei Beefsteak bewenden ließ, und mehr als ein braver Hofbesitzer saß dn und litt Köllenqnalen dabei, daß er sechs Unstern hinunter würgte, um sich dadurch das Recht zu erwerben, mit zu der feinern Gesellschaft gerechnet zu werden. Wir wollen Porter trinken! rief einer. — Porter und Champagner! rief der Jägermeister. Flott solls hergehen! Komme ich felten in die Stadt, will ich auch merken, daß ich da bin! — Luß dich nicht lumpen, Jägermeister, antwortete ihm einer; wenn du den Champagner spendirst, dann will ich den Porter schmeißen! rief ein andrer. — Also los! Schenken Sie um den Tisch herum! Es währte nicht lange, da wurde es dem Leutnant zu beklommen im Speise- sc>ni. und er zog sich deshalb in das Gastzimmer zurück — da war die Luft doch etwas besser. Hier kam er mit verschiednen ins Gespräch, und alle hatten sie vom Jägermeister gehört, weshalb er nach Midskov gekommen sei, und äußerten ihre Verwunderung mehr oder weniger deutlich. Sie finden den alten Cyprianus doch niemals! sagte ein dicker Pächter. Midskov ist ja vor fünfzig Jahren restnnrirt worden, und wenn da wirklich em hohler Raum in der Mauer gewesen ist, so können Sie sich darauf verlassen, daß man thu gefunden hat, und daß er nun leer ist! Ist Midskov restaurirt worden? fragte der Leutnant. Ja wohl ist es restaurirt worden, entgegnete der andre. Der Maurer Jens, der jetzt als Kuhhirt bei dem Schulzen in Lcmdrup dient, der hat damals Steine getragen, und ich erinnere mich, daß er mir erzählt hat, daß sie ein altes Buch gefunden hätten, als sie etwas niederrissen. Ein altes Buch! rief der Leutnant ganz erregt. Das muß es gewesen sem! Aber wo mag es jetzt sein? „ „ Ja, wo ist der Schnee vom vergangnen Jahre! Aber es Ware wohl möglich, daß der Maurer Jens Bescheid darum wüßte. Jetzt kam der Jägermeister herzu, mit dunkelrotem Kopf und Hangenden Schnurrbart — Leutnant! Sie müssen wieder hineinkommen! sagte er. Ich null noch einmal eine Runde Sekt geben — weiß Gott, das will ich! Bin ich Jäger¬ meister, oder bin ich es nicht, was? Ich habe Kredit bis Michaelis, und ich laß mich nicht lumpen! Dem Leutnant fiel plötzlich Elleus Bitte ein; er schämte sich, dnß er erst jetzt dnran dachte, und es gelang ihm allmählich, seinen Wirt beiseite zu ziehen und it)in Vernunft zuzureden. Nun ja, dann laß ichs bleiben, sagte der Jägermeister, aber ich habe die ganze Gesellschaft zu heute abend nach Midskov eingeladen — es kommen em Dutzend oder anderthalb gute Freunde mit nach Hanse, und dann wollen wir ein kleines Mi macheu — Harriet ist ja nicht zu Hanse! — Nein, es hilft nichts, was Sie auch sagen mögen, Leutnant, denn das läßt sich nicht ändern! Aber wir beide können vvransfahren und alles für den Empfang der Gäste vorbereiten — das können wir! Bald darauf waren sie auf dem Heimwege. Wollen Sie nur morgen einen Schlitten nach Landrup geben, Herr Wäger¬ meister? fragte der Leutnant unterwegs. Zwei, wenn Sie »vollen! — Aber was haben Sie dn zu thun? Und dann erzählte der Leutnant, was er im Gastzimmer gehört hatte. Das ist doch des Satans! sagte der Jägermeister. Wollen Sie das Manu¬ skript jetzt außerhalb des Hauses suchen — das Paßt mir eigentlich nicht! Nu,thun Sie, was Sie wollen, nehmen Sie sich nur vor dem Schulzen in acht!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/608>, abgerufen am 12.12.2024.