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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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"Line plattdeutsche Dichterin

deren sich unsre größten Lyriker nicht zu schämen brauchten. Das erste Lied
"Mainacht" beginnt:

Dann folgt "Sommerabend" mit dem feierlichen Schluß:

Das "Harwstled," das gleich "Äwer Nacht" erst aus den letzten Jahren
stammt, geht aus von dem Wanderfluge der Vögel nach Süden, um daran
den Trost zu schließen:

"Advent" endlich spricht uns, gleichfalls aus tief religiösem Empfinden heraus,
von der Hoffnung auf die nahe Weihnacht.

So klingt das Buch tröstlich und verheißungsvoll aus, und ein andrer
Abschluß würde auch in keiner Weise dem Wesen der Dichterin entsprechen,
die jetzt, wo sie sich von allem wirklich schweren ihrer Krankheit frei fühlt,
mit ruhiger Heiterkeit ihr stilles, von der Liebe ihrer Kinder, namentlich einer
bei ihr lebenden Tochter, und eines treuen Freundeskreises umhegtes Leben
sührt und sich in ihr Greisenalter einen goldnen Humor gerettet hat, um die
sie viele Jüngere und viele, die das Leben sanfter gebettet hat, beneiden
könnten. Aller Stolz auf ihre dichterischen Leistungen liegt ihr ganz fern,
und doch hat sie sich damit selbst ein Denkmal geschaffen, das noch lange die
Erinnerung an sie lebendig erhalten wird; ihre Gedichte gehören zu den
Edmund Lange schönsten Perlen der plattdeutschen Litteratur.




«Line plattdeutsche Dichterin

deren sich unsre größten Lyriker nicht zu schämen brauchten. Das erste Lied
„Mainacht" beginnt:

Dann folgt „Sommerabend" mit dem feierlichen Schluß:

Das „Harwstled," das gleich „Äwer Nacht" erst aus den letzten Jahren
stammt, geht aus von dem Wanderfluge der Vögel nach Süden, um daran
den Trost zu schließen:

„Advent" endlich spricht uns, gleichfalls aus tief religiösem Empfinden heraus,
von der Hoffnung auf die nahe Weihnacht.

So klingt das Buch tröstlich und verheißungsvoll aus, und ein andrer
Abschluß würde auch in keiner Weise dem Wesen der Dichterin entsprechen,
die jetzt, wo sie sich von allem wirklich schweren ihrer Krankheit frei fühlt,
mit ruhiger Heiterkeit ihr stilles, von der Liebe ihrer Kinder, namentlich einer
bei ihr lebenden Tochter, und eines treuen Freundeskreises umhegtes Leben
sührt und sich in ihr Greisenalter einen goldnen Humor gerettet hat, um die
sie viele Jüngere und viele, die das Leben sanfter gebettet hat, beneiden
könnten. Aller Stolz auf ihre dichterischen Leistungen liegt ihr ganz fern,
und doch hat sie sich damit selbst ein Denkmal geschaffen, das noch lange die
Erinnerung an sie lebendig erhalten wird; ihre Gedichte gehören zu den
Edmund Lange schönsten Perlen der plattdeutschen Litteratur.




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[0543] «Line plattdeutsche Dichterin deren sich unsre größten Lyriker nicht zu schämen brauchten. Das erste Lied „Mainacht" beginnt: Dann folgt „Sommerabend" mit dem feierlichen Schluß: Das „Harwstled," das gleich „Äwer Nacht" erst aus den letzten Jahren stammt, geht aus von dem Wanderfluge der Vögel nach Süden, um daran den Trost zu schließen: „Advent" endlich spricht uns, gleichfalls aus tief religiösem Empfinden heraus, von der Hoffnung auf die nahe Weihnacht. So klingt das Buch tröstlich und verheißungsvoll aus, und ein andrer Abschluß würde auch in keiner Weise dem Wesen der Dichterin entsprechen, die jetzt, wo sie sich von allem wirklich schweren ihrer Krankheit frei fühlt, mit ruhiger Heiterkeit ihr stilles, von der Liebe ihrer Kinder, namentlich einer bei ihr lebenden Tochter, und eines treuen Freundeskreises umhegtes Leben sührt und sich in ihr Greisenalter einen goldnen Humor gerettet hat, um die sie viele Jüngere und viele, die das Leben sanfter gebettet hat, beneiden könnten. Aller Stolz auf ihre dichterischen Leistungen liegt ihr ganz fern, und doch hat sie sich damit selbst ein Denkmal geschaffen, das noch lange die Erinnerung an sie lebendig erhalten wird; ihre Gedichte gehören zu den Edmund Lange schönsten Perlen der plattdeutschen Litteratur.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/543>, abgerufen am 12.12.2024.