Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Maßgebliches und Unmaßgebliches schriften der Bildwerke wirken ohne weitern Text; die Abbildung soll alles sein. In demselben Verlage hat eine Sammlung berühmter Kunststätten in Maßgebliches und Unmaßgebliches schriften der Bildwerke wirken ohne weitern Text; die Abbildung soll alles sein. In demselben Verlage hat eine Sammlung berühmter Kunststätten in <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0447" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229396"/> <fw type="header" place="top"> Maßgebliches und Unmaßgebliches</fw><lb/> <p xml:id="ID_1277" prev="#ID_1276"> schriften der Bildwerke wirken ohne weitern Text; die Abbildung soll alles sein.<lb/> Der Wert dieser Methode leuchtet unmittelbar ein, wenn man die Tafeln ansieht,<lb/> auf denen die Geschichte der Peterskirche oder der florentinische Palastbau oder die<lb/> venezianische Malerei vorgeführt wird. Man sieht dann aber auch, wieviel Nach¬<lb/> denken Auswahl und Anordnung gekostet haben. Gern hatte man vielleicht Masciccio<lb/> und Masoliuo oder auch Lionardo noch etwas vollständiger und Michelangelo<lb/> etwas anders gehabt, ein Paolo Uccelli oder Domenico Veuezicmo fehlt ganz, aber<lb/> irgendwo mußte die Beschränkung eintrete». Dieser spottbillige Atlas (jede Tafel<lb/> in Folio kostet zehn Pfennige) ist nicht nur ein äußerlich schönes, sondern auch ein<lb/> wissenschaftliches Werk, mit dem sich kein ähnliches Unternehmen vergleichen kann,<lb/> er ist ohne Konkurrenz. Es ist eine wahre Freude, solche Abbildungen benutzen,<lb/> an ihnen jemand etwas deutlich machen zu können. Der Nachweis Grous, daß<lb/> die Caneelleria und Palazzo Giraud nicht von Bramante sein können, ist von<lb/> Dehio noch nicht berücksichtigt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1278" next="#ID_1279"> In demselben Verlage hat eine Sammlung berühmter Kunststätten in<lb/> elegant kartonirten Drcimarkbändchen zu erscheinen begonnen mit „Vom alten<lb/> Rom" von Eugen Petersen und „Venedig" vou Gustav Pauli. Demnächst sollen<lb/> folgen Pompei, Rom zur Renaissancezeit, Florenz, Nürnberg, Dresden, München<lb/> und Paris. Wir haben es hier nicht mit Fabrikarbeit und sogenannter reicher<lb/> Illustration zu thun, und die 120 und 128 Abbildungen brauchen nicht einen<lb/> schlechten Text mit durchzuschleppen und über Wasser zu halten, wie das jetzt, wo<lb/> die Autotypie nicht viel mehr kostet, bei so manchem äußerlich ähnlich auftretenden<lb/> Unternehmen der Fall ist. Die Abbildungen sind gut, zum Teil ganz vorzüglich<lb/> geraten, zweckmäßig ausgewählt und mit Geschmack eingestellt, aber vor allem ver¬<lb/> dienen auch die Schriftsteller Anerkennung für die Art, wie sie ihre Aufgabe be¬<lb/> handelt haben. Wir haben verschiedne große Bücher über das antike Rom mit<lb/> guten Abbildungen, aber keins, das so kurz und streng, sachlich erschöpfend und<lb/> dabei anziehend schildert wie dieses von Professor Petersen mit seinen 140 Seiten.<lb/> Die Anordnung ist zunächst historisch und wird allmählich topographisch, vom<lb/> Forum ausgehend und demnächst auch einzelne Denkmälerklassen — Triumphbögen,<lb/> Ehrensäulen — umfassend; sie schließt mit einer höchst lebendigen kleinen Geschichte<lb/> der Plastik, die auf den Werken der römischen Museen beruht. Es ist schön, daß<lb/> Männer von wissenschaftlichem Range es nicht mehr als eine Herablassung em¬<lb/> pfinden, wenn sie solche Bücher schreiben. Früher war das anders, das jetzige<lb/> Geschlecht, wenn es sich in wenig Stunden ebenso gründlich wie angenehm über<lb/> das alte Rom unterrichten kann, weiß gar nicht, wie gut es es hat. Daß Venedig<lb/> die Reihe dieser Städtebilder mit eröffnet, ist günstig, denn keine italienische<lb/> Stadt wirkt auf den Fremden so einheitlich, und in keiner fliegt auch dem<lb/> Oberflächlichsten leichter ein Schimmer von der Kunst des Ortes an. Venedig<lb/> ist für die meisten der Anfang des Studiums an Ort und Stelle in der hohen<lb/> Schule der italienischen Kunst, für manche auch zugleich das Ende. Der dies<lb/> schreibt, zog nun gerade vor sechsunddreißig Jahren zum erstenmale des Weges<lb/> dorthin. Wie kümmerlich Waren doch damals die Hilfsmittel unsers Kuustver-<lb/> lcmgens! Mit wahrer Freude lese ich heute dieses Buch und sage mir: In wie<lb/> viel weitere Kreise mußte erst das Interesse dringen, ehe das „Milieu" geschaffen<lb/> wurde, aus dem wieder eine solche Einzelleistung hervorgehen konnte! Das sollten<lb/> auch die Pessimisten bedenken, die die Kuustsimpelei als Verlorne Mühe ansehen.<lb/> Pauli hat seine Sache ganz vorzüglich gemacht. Erst Geschichte, dann Architektur<lb/> und Plastik, endlich das Beste, die Malerei. Er schreibt gut, lebendig und per-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0447]
Maßgebliches und Unmaßgebliches
schriften der Bildwerke wirken ohne weitern Text; die Abbildung soll alles sein.
Der Wert dieser Methode leuchtet unmittelbar ein, wenn man die Tafeln ansieht,
auf denen die Geschichte der Peterskirche oder der florentinische Palastbau oder die
venezianische Malerei vorgeführt wird. Man sieht dann aber auch, wieviel Nach¬
denken Auswahl und Anordnung gekostet haben. Gern hatte man vielleicht Masciccio
und Masoliuo oder auch Lionardo noch etwas vollständiger und Michelangelo
etwas anders gehabt, ein Paolo Uccelli oder Domenico Veuezicmo fehlt ganz, aber
irgendwo mußte die Beschränkung eintrete». Dieser spottbillige Atlas (jede Tafel
in Folio kostet zehn Pfennige) ist nicht nur ein äußerlich schönes, sondern auch ein
wissenschaftliches Werk, mit dem sich kein ähnliches Unternehmen vergleichen kann,
er ist ohne Konkurrenz. Es ist eine wahre Freude, solche Abbildungen benutzen,
an ihnen jemand etwas deutlich machen zu können. Der Nachweis Grous, daß
die Caneelleria und Palazzo Giraud nicht von Bramante sein können, ist von
Dehio noch nicht berücksichtigt.
In demselben Verlage hat eine Sammlung berühmter Kunststätten in
elegant kartonirten Drcimarkbändchen zu erscheinen begonnen mit „Vom alten
Rom" von Eugen Petersen und „Venedig" vou Gustav Pauli. Demnächst sollen
folgen Pompei, Rom zur Renaissancezeit, Florenz, Nürnberg, Dresden, München
und Paris. Wir haben es hier nicht mit Fabrikarbeit und sogenannter reicher
Illustration zu thun, und die 120 und 128 Abbildungen brauchen nicht einen
schlechten Text mit durchzuschleppen und über Wasser zu halten, wie das jetzt, wo
die Autotypie nicht viel mehr kostet, bei so manchem äußerlich ähnlich auftretenden
Unternehmen der Fall ist. Die Abbildungen sind gut, zum Teil ganz vorzüglich
geraten, zweckmäßig ausgewählt und mit Geschmack eingestellt, aber vor allem ver¬
dienen auch die Schriftsteller Anerkennung für die Art, wie sie ihre Aufgabe be¬
handelt haben. Wir haben verschiedne große Bücher über das antike Rom mit
guten Abbildungen, aber keins, das so kurz und streng, sachlich erschöpfend und
dabei anziehend schildert wie dieses von Professor Petersen mit seinen 140 Seiten.
Die Anordnung ist zunächst historisch und wird allmählich topographisch, vom
Forum ausgehend und demnächst auch einzelne Denkmälerklassen — Triumphbögen,
Ehrensäulen — umfassend; sie schließt mit einer höchst lebendigen kleinen Geschichte
der Plastik, die auf den Werken der römischen Museen beruht. Es ist schön, daß
Männer von wissenschaftlichem Range es nicht mehr als eine Herablassung em¬
pfinden, wenn sie solche Bücher schreiben. Früher war das anders, das jetzige
Geschlecht, wenn es sich in wenig Stunden ebenso gründlich wie angenehm über
das alte Rom unterrichten kann, weiß gar nicht, wie gut es es hat. Daß Venedig
die Reihe dieser Städtebilder mit eröffnet, ist günstig, denn keine italienische
Stadt wirkt auf den Fremden so einheitlich, und in keiner fliegt auch dem
Oberflächlichsten leichter ein Schimmer von der Kunst des Ortes an. Venedig
ist für die meisten der Anfang des Studiums an Ort und Stelle in der hohen
Schule der italienischen Kunst, für manche auch zugleich das Ende. Der dies
schreibt, zog nun gerade vor sechsunddreißig Jahren zum erstenmale des Weges
dorthin. Wie kümmerlich Waren doch damals die Hilfsmittel unsers Kuustver-
lcmgens! Mit wahrer Freude lese ich heute dieses Buch und sage mir: In wie
viel weitere Kreise mußte erst das Interesse dringen, ehe das „Milieu" geschaffen
wurde, aus dem wieder eine solche Einzelleistung hervorgehen konnte! Das sollten
auch die Pessimisten bedenken, die die Kuustsimpelei als Verlorne Mühe ansehen.
Pauli hat seine Sache ganz vorzüglich gemacht. Erst Geschichte, dann Architektur
und Plastik, endlich das Beste, die Malerei. Er schreibt gut, lebendig und per-
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