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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

Reimen usw. wirklich zum Teil kostbare und unersetzliche Zeugnisse des eigentümlichen
Geisteslebens unsers Volks in sich birgt. So werden sich denn an diesen Dingen,
da sie sauber geordnet vorliegen und vielfach durch die Ausführungen des Heraus¬
gebers ins Licht gerückt sind, nicht mir er und seine Mitarbeiter freuen dürfen,
sondern auch die strenge Frau Wissenschaft wird bei rechter Betrachtung davon Gewinn
ziehen. Nicht bloß wegen der ansehnlichen Beiträge aus dem Nachlasse Rudolf
Hildebrands, dessen Andenken der dankbare Herausgeber schöne, verständnisvolle
Worte widmet, empfiehlt sich dieses Hest much einem größern Kreise, sondern weil
es durch die eignen neuen Sammlungen Dähnhardts das erste Heft überragt. Es
zeigt, wie recht er that, die sich für solche Dinge ja gern begeisternde Jugend zu
gewinnen und durch sie auch die Alten zu einer gelehrten Vorarbeit heranzuziehen,
die unzweifelhaft in nnserm Sachsenlnnd anderwärts Nachahmung finden und helfen
wird, einst eine Darstellung deutschen Volkstums im Spiegel sächsischer Überliefe¬
rungen zu ermöglichen.


Karl von Frnnyois, ein Soldatenleben. Nach hinterlassenen Memoiren von Cl. vonSchwartz-
koppen. 8, Auslage. Berlin, Eisenschmidt, 189!)

Daß dieses Büchlein sich schnell einen freundlichen und weiten Leserkreis er¬
worben hat, ist nicht zum Verwundern. Es ist glatt, einfach und in gutem Stil
geschrieben, und es handelt von dem Leben eines schneidigen Soldaten: zwei Eigen¬
schaften, die bei uns immer hochgeschätzt werden. Wir sind ja nicht reich an
Memoirenwerken. Auch dieses Buch ist kein Memoirenwerk im großen Stil, wie
wir sie mit Neid immer wieder bei den Franzosen auftauchen sehen; vielmehr giebt
es nur allzu kurze Skizzen, die an uns vorüberziehen, und denen man anmerkt,
daß sie lange nach den Ereignissen, die sie schildern, geschrieben worden sind. Man
denkt sich leicht: Da haben Kinder, vielleicht Enkel den alten Großpapa oft bestürmt,
niederzuschreiben, was er heute am Kamin und vor drei, vor vierzehn Tagen erzählt
hatte aus seiner stürmischen Jugend, von dem flotten Leutnant mit dem locker
sitzenden Säbel, der in Württemberg füsilirt werden sollte, dann begnadigt wurde
zu lebenslänglichem Kerker, dann vom Hohen Asperg entsprang, dann unter Schilt
fürs Vaterland stritt und endlich als russischer Offizier von Bialystok bis Paris
die große Zeit durchlebte. Und der Großpapa holt endlich seine kurzen Notizen
aus den Feldzügen hervor und schreibt nieder, was er erlebt hat. Da finden sich
denn oft und oft Stellen, bei denen man bedauert, nicht mehr und eingehendere
Schilderungen aus diesem bewegten Leben zu hören. Und der Historiker sagt sich:
Schade, es ist kein Quellenwerk. Aber der weniger wissenschaftliche Leser freut sich
auch dieser kleinen Gabe, der frischen Svldatenfignr, die ihn an Th. Körner und
manche ähnlichen Gestalten erinnert und ihm wieder deutlich zu Gemüte führt wie
,
x. v. d. B. so vieles heute anders geworden ist im deutschen Lande.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig, -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

Reimen usw. wirklich zum Teil kostbare und unersetzliche Zeugnisse des eigentümlichen
Geisteslebens unsers Volks in sich birgt. So werden sich denn an diesen Dingen,
da sie sauber geordnet vorliegen und vielfach durch die Ausführungen des Heraus¬
gebers ins Licht gerückt sind, nicht mir er und seine Mitarbeiter freuen dürfen,
sondern auch die strenge Frau Wissenschaft wird bei rechter Betrachtung davon Gewinn
ziehen. Nicht bloß wegen der ansehnlichen Beiträge aus dem Nachlasse Rudolf
Hildebrands, dessen Andenken der dankbare Herausgeber schöne, verständnisvolle
Worte widmet, empfiehlt sich dieses Hest much einem größern Kreise, sondern weil
es durch die eignen neuen Sammlungen Dähnhardts das erste Heft überragt. Es
zeigt, wie recht er that, die sich für solche Dinge ja gern begeisternde Jugend zu
gewinnen und durch sie auch die Alten zu einer gelehrten Vorarbeit heranzuziehen,
die unzweifelhaft in nnserm Sachsenlnnd anderwärts Nachahmung finden und helfen
wird, einst eine Darstellung deutschen Volkstums im Spiegel sächsischer Überliefe¬
rungen zu ermöglichen.


Karl von Frnnyois, ein Soldatenleben. Nach hinterlassenen Memoiren von Cl. vonSchwartz-
koppen. 8, Auslage. Berlin, Eisenschmidt, 189!)

Daß dieses Büchlein sich schnell einen freundlichen und weiten Leserkreis er¬
worben hat, ist nicht zum Verwundern. Es ist glatt, einfach und in gutem Stil
geschrieben, und es handelt von dem Leben eines schneidigen Soldaten: zwei Eigen¬
schaften, die bei uns immer hochgeschätzt werden. Wir sind ja nicht reich an
Memoirenwerken. Auch dieses Buch ist kein Memoirenwerk im großen Stil, wie
wir sie mit Neid immer wieder bei den Franzosen auftauchen sehen; vielmehr giebt
es nur allzu kurze Skizzen, die an uns vorüberziehen, und denen man anmerkt,
daß sie lange nach den Ereignissen, die sie schildern, geschrieben worden sind. Man
denkt sich leicht: Da haben Kinder, vielleicht Enkel den alten Großpapa oft bestürmt,
niederzuschreiben, was er heute am Kamin und vor drei, vor vierzehn Tagen erzählt
hatte aus seiner stürmischen Jugend, von dem flotten Leutnant mit dem locker
sitzenden Säbel, der in Württemberg füsilirt werden sollte, dann begnadigt wurde
zu lebenslänglichem Kerker, dann vom Hohen Asperg entsprang, dann unter Schilt
fürs Vaterland stritt und endlich als russischer Offizier von Bialystok bis Paris
die große Zeit durchlebte. Und der Großpapa holt endlich seine kurzen Notizen
aus den Feldzügen hervor und schreibt nieder, was er erlebt hat. Da finden sich
denn oft und oft Stellen, bei denen man bedauert, nicht mehr und eingehendere
Schilderungen aus diesem bewegten Leben zu hören. Und der Historiker sagt sich:
Schade, es ist kein Quellenwerk. Aber der weniger wissenschaftliche Leser freut sich
auch dieser kleinen Gabe, der frischen Svldatenfignr, die ihn an Th. Körner und
manche ähnlichen Gestalten erinnert und ihm wieder deutlich zu Gemüte führt wie
,
x. v. d. B. so vieles heute anders geworden ist im deutschen Lande.






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig, — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0395] Litteratur Reimen usw. wirklich zum Teil kostbare und unersetzliche Zeugnisse des eigentümlichen Geisteslebens unsers Volks in sich birgt. So werden sich denn an diesen Dingen, da sie sauber geordnet vorliegen und vielfach durch die Ausführungen des Heraus¬ gebers ins Licht gerückt sind, nicht mir er und seine Mitarbeiter freuen dürfen, sondern auch die strenge Frau Wissenschaft wird bei rechter Betrachtung davon Gewinn ziehen. Nicht bloß wegen der ansehnlichen Beiträge aus dem Nachlasse Rudolf Hildebrands, dessen Andenken der dankbare Herausgeber schöne, verständnisvolle Worte widmet, empfiehlt sich dieses Hest much einem größern Kreise, sondern weil es durch die eignen neuen Sammlungen Dähnhardts das erste Heft überragt. Es zeigt, wie recht er that, die sich für solche Dinge ja gern begeisternde Jugend zu gewinnen und durch sie auch die Alten zu einer gelehrten Vorarbeit heranzuziehen, die unzweifelhaft in nnserm Sachsenlnnd anderwärts Nachahmung finden und helfen wird, einst eine Darstellung deutschen Volkstums im Spiegel sächsischer Überliefe¬ rungen zu ermöglichen. Karl von Frnnyois, ein Soldatenleben. Nach hinterlassenen Memoiren von Cl. vonSchwartz- koppen. 8, Auslage. Berlin, Eisenschmidt, 189!) Daß dieses Büchlein sich schnell einen freundlichen und weiten Leserkreis er¬ worben hat, ist nicht zum Verwundern. Es ist glatt, einfach und in gutem Stil geschrieben, und es handelt von dem Leben eines schneidigen Soldaten: zwei Eigen¬ schaften, die bei uns immer hochgeschätzt werden. Wir sind ja nicht reich an Memoirenwerken. Auch dieses Buch ist kein Memoirenwerk im großen Stil, wie wir sie mit Neid immer wieder bei den Franzosen auftauchen sehen; vielmehr giebt es nur allzu kurze Skizzen, die an uns vorüberziehen, und denen man anmerkt, daß sie lange nach den Ereignissen, die sie schildern, geschrieben worden sind. Man denkt sich leicht: Da haben Kinder, vielleicht Enkel den alten Großpapa oft bestürmt, niederzuschreiben, was er heute am Kamin und vor drei, vor vierzehn Tagen erzählt hatte aus seiner stürmischen Jugend, von dem flotten Leutnant mit dem locker sitzenden Säbel, der in Württemberg füsilirt werden sollte, dann begnadigt wurde zu lebenslänglichem Kerker, dann vom Hohen Asperg entsprang, dann unter Schilt fürs Vaterland stritt und endlich als russischer Offizier von Bialystok bis Paris die große Zeit durchlebte. Und der Großpapa holt endlich seine kurzen Notizen aus den Feldzügen hervor und schreibt nieder, was er erlebt hat. Da finden sich denn oft und oft Stellen, bei denen man bedauert, nicht mehr und eingehendere Schilderungen aus diesem bewegten Leben zu hören. Und der Historiker sagt sich: Schade, es ist kein Quellenwerk. Aber der weniger wissenschaftliche Leser freut sich auch dieser kleinen Gabe, der frischen Svldatenfignr, die ihn an Th. Körner und manche ähnlichen Gestalten erinnert und ihm wieder deutlich zu Gemüte führt wie , x. v. d. B. so vieles heute anders geworden ist im deutschen Lande. Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh, Grunow in Leipzig, — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/395>, abgerufen am 12.12.2024.