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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.

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Das Schönbrunner Attentat im Jahre ^3OH

fangen eines unzurechnungsfähigen Wahnsinnigen gewesen war. Er schrieb
an Fouche: ^'al voulu vous iniormer as est evöiismöiit, Attu an'on of ig
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Der kaiserliche Wunsch und Wille fand in der That eine fo gründliche
Ausführung, daß der Vorgang und seine Folgen von einem undurchdringlichen
Banne des Schweigens umgeben waren- Nur ein unklares Gerücht ging auf
unsichern Füßen durchs Land.

Selbst den Eltern gelang es nicht, sich eine beruhigende Gewißheit über
den Tod des Sohnes zu verschaffen. Infolge einer Ordre aus Weimar und
München stellte man in Naumburg zwei Verhöre mit dem Vater an; dann
ließ sich der französische Intendant Vismes zu Erfurt alle Briefe des Sohnes
ausliefern, aber hier wie dort vermochte" die Angehörigen nicht, auch nur
eine Andeutung von dem Vergehen und dem Schicksal des Verschollner zu er¬
halten. Ein Brief, den sie an den General Duroc schrieben, blieb ohne Ant¬
wort. Erst von privater Seite kam ihnen mit der Verpflichtung tiefster Ver¬
schwiegenheit die Nachricht, daß der Sohn erschossen sei. Eine amtliche Be¬
stätigung suchten sie erfolglos. Vergeblich reiste der Vater selbst zum französischen
Gesandten nach Dresden; vergeblich schrieb er abermals an Duroc; vergeblich
rief er endlich die Vermittlung des sächsischen Ministeriums an: statt des
erhellten Totenscheins erhielt er den Bescheid, man spreche nicht gern davon;
es sei ratsamer für alle Teile, die Sache ruhen zu lassen! Es ist sehr be¬
zeichnend für den elenden Knechtsgeist, den die französische Allgewalt in Sachsen
gezüchtet hatte, daß weder Privatleute noch Behörden die Nachforschungen der
Familie zu unterstützen wagten. Man fürchtete, sich durch solche Sympathie
zu kompromittiren; man mied ängstlich die Eltern im bürgerlichen Verkehr
und scheute ihre Wohnung wie ein Pesthaus; man gestattete ihnen nicht einmal,
die üblichen äußern Zeichen der Trauer zu tragen.

Erst das Jahr 1813 fegte die kriechende Ängstlichkeit aus den Gemütern;
nun wurde der junge Predigerssohn mit einem male von der Verklärung des
Heldentums umhaucht, und sein Name in die heilige Schar der Tyrannen¬
mörder Brutus, Scävolci, Harmodios und Aristogiton eingereiht. Eine Nummer
des russisch-deutschen Volksboden, herausgegeben von Kotzebue (vom 29. Mai
1813), brachte unter dem Titel "Der deutsche Brutus" eine Darstellung des
Schönbrunner Attentats. Die Genauigkeit, mit der der Verlauf des Verhörs
geschildert wird, läßt vermuten, daß der Bericht aus der Erzählung eines der
beteiligten Generale geflossen war.


Grenzboten IV 1898 L8
Das Schönbrunner Attentat im Jahre ^3OH

fangen eines unzurechnungsfähigen Wahnsinnigen gewesen war. Er schrieb
an Fouche: ^'al voulu vous iniormer as est evöiismöiit, Attu an'on of ig
Uffs PÄ8 x1u8 eonsiäsrMs (^u'it Ils pÄi'An I'vers. ^'Esxerö c^u'it No
trera Pas; s'it su stg-it an68lion> it k-z-uärait lairs xa88ör ost iuäiviäu xour
ton. (Z-iU'as^ (zeig, pour vou8 8<zerötöinsiit, si 1'on n'so xg-rls pW. Oft^ n'g.
We Ä ig. xaraäs auoun LLvlWärs; moi-inZinö ^hö »6 in'su suis xg,8 Upsi^u.
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Der kaiserliche Wunsch und Wille fand in der That eine fo gründliche
Ausführung, daß der Vorgang und seine Folgen von einem undurchdringlichen
Banne des Schweigens umgeben waren- Nur ein unklares Gerücht ging auf
unsichern Füßen durchs Land.

Selbst den Eltern gelang es nicht, sich eine beruhigende Gewißheit über
den Tod des Sohnes zu verschaffen. Infolge einer Ordre aus Weimar und
München stellte man in Naumburg zwei Verhöre mit dem Vater an; dann
ließ sich der französische Intendant Vismes zu Erfurt alle Briefe des Sohnes
ausliefern, aber hier wie dort vermochte» die Angehörigen nicht, auch nur
eine Andeutung von dem Vergehen und dem Schicksal des Verschollner zu er¬
halten. Ein Brief, den sie an den General Duroc schrieben, blieb ohne Ant¬
wort. Erst von privater Seite kam ihnen mit der Verpflichtung tiefster Ver¬
schwiegenheit die Nachricht, daß der Sohn erschossen sei. Eine amtliche Be¬
stätigung suchten sie erfolglos. Vergeblich reiste der Vater selbst zum französischen
Gesandten nach Dresden; vergeblich schrieb er abermals an Duroc; vergeblich
rief er endlich die Vermittlung des sächsischen Ministeriums an: statt des
erhellten Totenscheins erhielt er den Bescheid, man spreche nicht gern davon;
es sei ratsamer für alle Teile, die Sache ruhen zu lassen! Es ist sehr be¬
zeichnend für den elenden Knechtsgeist, den die französische Allgewalt in Sachsen
gezüchtet hatte, daß weder Privatleute noch Behörden die Nachforschungen der
Familie zu unterstützen wagten. Man fürchtete, sich durch solche Sympathie
zu kompromittiren; man mied ängstlich die Eltern im bürgerlichen Verkehr
und scheute ihre Wohnung wie ein Pesthaus; man gestattete ihnen nicht einmal,
die üblichen äußern Zeichen der Trauer zu tragen.

Erst das Jahr 1813 fegte die kriechende Ängstlichkeit aus den Gemütern;
nun wurde der junge Predigerssohn mit einem male von der Verklärung des
Heldentums umhaucht, und sein Name in die heilige Schar der Tyrannen¬
mörder Brutus, Scävolci, Harmodios und Aristogiton eingereiht. Eine Nummer
des russisch-deutschen Volksboden, herausgegeben von Kotzebue (vom 29. Mai
1813), brachte unter dem Titel „Der deutsche Brutus" eine Darstellung des
Schönbrunner Attentats. Die Genauigkeit, mit der der Verlauf des Verhörs
geschildert wird, läßt vermuten, daß der Bericht aus der Erzählung eines der
beteiligten Generale geflossen war.


Grenzboten IV 1898 L8
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[0308] Das Schönbrunner Attentat im Jahre ^3OH fangen eines unzurechnungsfähigen Wahnsinnigen gewesen war. Er schrieb an Fouche: ^'al voulu vous iniormer as est evöiismöiit, Attu an'on of ig Uffs PÄ8 x1u8 eonsiäsrMs (^u'it Ils pÄi'An I'vers. ^'Esxerö c^u'it No trera Pas; s'it su stg-it an68lion> it k-z-uärait lairs xa88ör ost iuäiviäu xour ton. (Z-iU'as^ (zeig, pour vou8 8<zerötöinsiit, si 1'on n'so xg-rls pW. Oft^ n'g. We Ä ig. xaraäs auoun LLvlWärs; moi-inZinö ^hö »6 in'su suis xg,8 Upsi^u. ?. L. vous rexvtö <is nouvsa-u et vous oomprsnö^ bisn pu'it l^ut, c^u'it »6 8on ÄULUllölltLnt <^UlZ8ti0N as vo 1s.it. Der kaiserliche Wunsch und Wille fand in der That eine fo gründliche Ausführung, daß der Vorgang und seine Folgen von einem undurchdringlichen Banne des Schweigens umgeben waren- Nur ein unklares Gerücht ging auf unsichern Füßen durchs Land. Selbst den Eltern gelang es nicht, sich eine beruhigende Gewißheit über den Tod des Sohnes zu verschaffen. Infolge einer Ordre aus Weimar und München stellte man in Naumburg zwei Verhöre mit dem Vater an; dann ließ sich der französische Intendant Vismes zu Erfurt alle Briefe des Sohnes ausliefern, aber hier wie dort vermochte» die Angehörigen nicht, auch nur eine Andeutung von dem Vergehen und dem Schicksal des Verschollner zu er¬ halten. Ein Brief, den sie an den General Duroc schrieben, blieb ohne Ant¬ wort. Erst von privater Seite kam ihnen mit der Verpflichtung tiefster Ver¬ schwiegenheit die Nachricht, daß der Sohn erschossen sei. Eine amtliche Be¬ stätigung suchten sie erfolglos. Vergeblich reiste der Vater selbst zum französischen Gesandten nach Dresden; vergeblich schrieb er abermals an Duroc; vergeblich rief er endlich die Vermittlung des sächsischen Ministeriums an: statt des erhellten Totenscheins erhielt er den Bescheid, man spreche nicht gern davon; es sei ratsamer für alle Teile, die Sache ruhen zu lassen! Es ist sehr be¬ zeichnend für den elenden Knechtsgeist, den die französische Allgewalt in Sachsen gezüchtet hatte, daß weder Privatleute noch Behörden die Nachforschungen der Familie zu unterstützen wagten. Man fürchtete, sich durch solche Sympathie zu kompromittiren; man mied ängstlich die Eltern im bürgerlichen Verkehr und scheute ihre Wohnung wie ein Pesthaus; man gestattete ihnen nicht einmal, die üblichen äußern Zeichen der Trauer zu tragen. Erst das Jahr 1813 fegte die kriechende Ängstlichkeit aus den Gemütern; nun wurde der junge Predigerssohn mit einem male von der Verklärung des Heldentums umhaucht, und sein Name in die heilige Schar der Tyrannen¬ mörder Brutus, Scävolci, Harmodios und Aristogiton eingereiht. Eine Nummer des russisch-deutschen Volksboden, herausgegeben von Kotzebue (vom 29. Mai 1813), brachte unter dem Titel „Der deutsche Brutus" eine Darstellung des Schönbrunner Attentats. Die Genauigkeit, mit der der Verlauf des Verhörs geschildert wird, läßt vermuten, daß der Bericht aus der Erzählung eines der beteiligten Generale geflossen war. Grenzboten IV 1898 L8

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228947/308>, abgerufen am 12.12.2024.