Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Theodor von Bernhardt als Nationalökonom 1198, deutsche Fürsten im Auftrage Kaiser Heinrichs VI. den deutschen Ritter¬ Theodor von Bernhardt als Nationalökonom (Schluß) 4 o schädlich die berührten Irrtümer und Einseitigkeiten der eng¬ Theodor von Bernhardt als Nationalökonom 1198, deutsche Fürsten im Auftrage Kaiser Heinrichs VI. den deutschen Ritter¬ Theodor von Bernhardt als Nationalökonom (Schluß) 4 o schädlich die berührten Irrtümer und Einseitigkeiten der eng¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0240" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229189"/> <fw type="header" place="top"> Theodor von Bernhardt als Nationalökonom</fw><lb/> <p xml:id="ID_658" prev="#ID_657"> 1198, deutsche Fürsten im Auftrage Kaiser Heinrichs VI. den deutschen Ritter¬<lb/> orden zu Se. Marien gestiftet, über den Zinnen von Won und wenige Meilen<lb/> landeinwärts auf der Starkenburg (Montfort) hat dieser Orden das schwarze<lb/> Kreuz im weißen Felde aufgepflanzt, über Jerusalem hat einst der deutsche<lb/> Kaiseradler geschwebt. Rechtsansprüche lassen sich natürlich auf solche historischen<lb/> Thatsachen nicht gründen; aber in einer Zeit, wo Frankreich seiner eignen<lb/> mittelalterlichen Thaten so pietätvoll gedenkt, muß es auch uns Deutschen<lb/> erlaubt sein, daran zu erinnern, daß auch wir überall im Orient den ruhm¬<lb/><note type="byline"/> vollen Spuren unsrer Väter begegnen.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="1"> <head> Theodor von Bernhardt als Nationalökonom<lb/> (Schluß) 4 </head><lb/> <p xml:id="ID_659" next="#ID_660"> o schädlich die berührten Irrtümer und Einseitigkeiten der eng¬<lb/> lischen Lehre auch gewirkt haben, ihre unheilvollsten Folgen<lb/> auf dem Gebiete des praktischen Lebens haben sich erst aus der<lb/> Stellung ergeben, die der menschlichen Arbeit zugewiesen wurde.<lb/> Die Engländer gehen dabei von dem Satz aus, daß die Arbeit<lb/> die Grundlage alles Tauschwertes sei, daß die Güter allein deshalb, weil Arbeit<lb/> auf ihre Erzeugung verwandt worden ist, und nur insoweit dies geschehen ist,<lb/> überhaupt Tauschwert haben. Daraus folgern sie, daß das Wertverhältnis<lb/> der Güter zu einander durch die Arbeitsinenge bestimmt wird, die auf jedes<lb/> verwandt worden ist, und weiter, daß also die Arbeit das absolute Wertmaß<lb/> aller Dinge ist. Sobald Kapitale gesammelt sind, werden nach der englischen<lb/> Anschauung deren Besitzer Arbeiter mieten, sie mit allem „Nötigen" versorgen,<lb/> auf ihre Rechnung arbeiten lassen und dann beim Verkauf der Erzeugnisse<lb/> einen Gewinn zu machen suchen. Dieser Gewinn gebührt dem Kapitalisten,<lb/> für den Arbeiter haben gleiche Quantitäten Arbeit zu allen Zeiten und an<lb/> allen Orten den gleichen Wert, da sie gleiche Opfer an Bequemlichkeit und<lb/> Unabhängigkeit fordern. Die Arbeit ist als Produkt gedacht, das zum Ver¬<lb/> kauf produzirt wird, und dessen Erzeugung immer die gleichen, den Tausch¬<lb/> wert bestimmenden Produktionskosten oder Auslagen in Anstrengung erfordert.<lb/> Daraus ergiebt sich dann, daß der Arbeitslohn eine schlechthin und unter allen<lb/> Umständen unveränderliche Größe ist. Wie leicht zu ersehen ist. beruht diese<lb/> Auffassung auf der im vorigen Abschnitt berührten Vermischung von Wert und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0240]
Theodor von Bernhardt als Nationalökonom
1198, deutsche Fürsten im Auftrage Kaiser Heinrichs VI. den deutschen Ritter¬
orden zu Se. Marien gestiftet, über den Zinnen von Won und wenige Meilen
landeinwärts auf der Starkenburg (Montfort) hat dieser Orden das schwarze
Kreuz im weißen Felde aufgepflanzt, über Jerusalem hat einst der deutsche
Kaiseradler geschwebt. Rechtsansprüche lassen sich natürlich auf solche historischen
Thatsachen nicht gründen; aber in einer Zeit, wo Frankreich seiner eignen
mittelalterlichen Thaten so pietätvoll gedenkt, muß es auch uns Deutschen
erlaubt sein, daran zu erinnern, daß auch wir überall im Orient den ruhm¬
vollen Spuren unsrer Väter begegnen.
Theodor von Bernhardt als Nationalökonom
(Schluß) 4
o schädlich die berührten Irrtümer und Einseitigkeiten der eng¬
lischen Lehre auch gewirkt haben, ihre unheilvollsten Folgen
auf dem Gebiete des praktischen Lebens haben sich erst aus der
Stellung ergeben, die der menschlichen Arbeit zugewiesen wurde.
Die Engländer gehen dabei von dem Satz aus, daß die Arbeit
die Grundlage alles Tauschwertes sei, daß die Güter allein deshalb, weil Arbeit
auf ihre Erzeugung verwandt worden ist, und nur insoweit dies geschehen ist,
überhaupt Tauschwert haben. Daraus folgern sie, daß das Wertverhältnis
der Güter zu einander durch die Arbeitsinenge bestimmt wird, die auf jedes
verwandt worden ist, und weiter, daß also die Arbeit das absolute Wertmaß
aller Dinge ist. Sobald Kapitale gesammelt sind, werden nach der englischen
Anschauung deren Besitzer Arbeiter mieten, sie mit allem „Nötigen" versorgen,
auf ihre Rechnung arbeiten lassen und dann beim Verkauf der Erzeugnisse
einen Gewinn zu machen suchen. Dieser Gewinn gebührt dem Kapitalisten,
für den Arbeiter haben gleiche Quantitäten Arbeit zu allen Zeiten und an
allen Orten den gleichen Wert, da sie gleiche Opfer an Bequemlichkeit und
Unabhängigkeit fordern. Die Arbeit ist als Produkt gedacht, das zum Ver¬
kauf produzirt wird, und dessen Erzeugung immer die gleichen, den Tausch¬
wert bestimmenden Produktionskosten oder Auslagen in Anstrengung erfordert.
Daraus ergiebt sich dann, daß der Arbeitslohn eine schlechthin und unter allen
Umständen unveränderliche Größe ist. Wie leicht zu ersehen ist. beruht diese
Auffassung auf der im vorigen Abschnitt berührten Vermischung von Wert und
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