Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Viertes Vierteljahr.Die llaiserfahrt nach dem Grient anatolischen und syrischen Häfen, wo sie noch gänzlich fehlen, gehört in diesen Die Kaiserreise kann all diesen Plänen nur förderlich sein, denn sie hat Wir Deutschen erscheinen den Mächten, die sich schon daran gewöhnt haben, Die llaiserfahrt nach dem Grient anatolischen und syrischen Häfen, wo sie noch gänzlich fehlen, gehört in diesen Die Kaiserreise kann all diesen Plänen nur förderlich sein, denn sie hat Wir Deutschen erscheinen den Mächten, die sich schon daran gewöhnt haben, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0239" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/229188"/> <fw type="header" place="top"> Die llaiserfahrt nach dem Grient</fw><lb/> <p xml:id="ID_655" prev="#ID_654"> anatolischen und syrischen Häfen, wo sie noch gänzlich fehlen, gehört in diesen<lb/> Zusammenhang. Und diese Fortschritte der deutschen Kulturarbeit müssen um<lb/> so wertvoller erscheinen, da wir ihre Schauplätze in wenigen Eisenbahntage¬<lb/> reisen erreichen können, und dieser Weg uns von keiner Seemacht abgeschnitten<lb/> werden kann. Die deutsche Presse thäte daher wirklich besser, diesen Dingen<lb/> mehr Beachtung zu schenken, als immer wie hypnotisirt nur nach der Delagoabai<lb/> zu starren.</p><lb/> <p xml:id="ID_656"> Die Kaiserreise kann all diesen Plänen nur förderlich sein, denn sie hat<lb/> das Ansehen Deutschlands im Osmanenreiche auf seinen Gipfelpunkt gehoben.<lb/> Und das weiß der Kaiser, und er wird es benutzen, so vorsichtig er sich auch<lb/> dort geäußert hat, wo er Gelegenheit gehabt hat, öffentlich darüber zu sprechen.<lb/> Die Politik der vier „Kretamächte" erweist uns dabei die schätzbarsten Dienste.<lb/> Wir haben uns von Kreta zurückgezogen, weil wir dort keine eignen Interessen<lb/> hatten, und den vier Mächten die dornenvolle Aufgabe überlassen, die unglück¬<lb/> liche Insel zu „pazisiziren" und den Sultan durch die Verdrängung seiner<lb/> Garnisonen zu brutalisiren. Wir haben ihnen zu beidem nicht geholfen, sind<lb/> ihnen aber auch nicht entgegengetreten, wir behalten uns nur vor, unsre Zu¬<lb/> stimmung zu einer neuen haltbaren Ordnung zu geben. Die Stellung Deutsch¬<lb/> lands ist also durchaus korrekt und politisch unanfechtbar. Es ist eine Politik<lb/> der „meisterhaften Unthätigkeit." Denn glaubt man etwa, daß der gewiegte<lb/> Staatsmann im Indiz-Kiosk den vier Mächten und dem deutschen Kaiser<lb/> diese so ganz verschiedne Haltung je vergessen wird? Er weiß jetzt mehr als<lb/> je, wo er seine wahren Freunde zu suchen hat. Wir aber meinen, daß selten<lb/> eine zugleich so kluge und so rechtschaffne Politik verfolgt worden ist wie diese<lb/> deutsche, die der Kaiser mit vollem Nachdruck als die Fortsetzung der Politik<lb/> seines Großvaters, also auch Fürst Bismarcks, bezeichnen durfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_657" next="#ID_658"> Wir Deutschen erscheinen den Mächten, die sich schon daran gewöhnt haben,<lb/> Kleinasien als russisches, Syrien als französisches, Mesopotamien als englisches<lb/> Zukunftsgebiet zu betrachten, natürlich als Eindringlinge. Allerdings, dieser<lb/> Gedanken werden sie sich, wenn die Türkei sähig ist, die ihr dargebotne starke<lb/> Hand zu ergreifen, entschlagen müssen. Sie werden sich daran zu gewöhnen<lb/> haben, daß Deutschland auch in diesen Dingen künftig mehr als bisher mit¬<lb/> sprechen wird und dabei nicht englische oder russische Politik macht, sondern<lb/> deutsche. Vielleicht werden sie sich diese Erkenntnis einigermaßen erleichtern,<lb/> wenn sie sich daran erinnern wollen, daß unsre historischen Beziehungen zu<lb/> diesen Ländern ebenso alt sind wie die der Franzosen und viel älter als die<lb/> der Engländer und Russen. Denn an den Kreuzzügen haben bekanntlich die<lb/> Deutschen einen recht ansehnlichen Anteil gehabt, drei unsrer Könige haben die<lb/> „liebe Reise über See" nach dem heiligen Lande angetreten, Zehntausende von<lb/> Deutschen haben hier ihren Tod gefunden, Friedrich Barbarossa auch sein<lb/> unbekanntes Grab. In Beirut haben gerade vor siebenhundert Jahren,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0239]
Die llaiserfahrt nach dem Grient
anatolischen und syrischen Häfen, wo sie noch gänzlich fehlen, gehört in diesen
Zusammenhang. Und diese Fortschritte der deutschen Kulturarbeit müssen um
so wertvoller erscheinen, da wir ihre Schauplätze in wenigen Eisenbahntage¬
reisen erreichen können, und dieser Weg uns von keiner Seemacht abgeschnitten
werden kann. Die deutsche Presse thäte daher wirklich besser, diesen Dingen
mehr Beachtung zu schenken, als immer wie hypnotisirt nur nach der Delagoabai
zu starren.
Die Kaiserreise kann all diesen Plänen nur förderlich sein, denn sie hat
das Ansehen Deutschlands im Osmanenreiche auf seinen Gipfelpunkt gehoben.
Und das weiß der Kaiser, und er wird es benutzen, so vorsichtig er sich auch
dort geäußert hat, wo er Gelegenheit gehabt hat, öffentlich darüber zu sprechen.
Die Politik der vier „Kretamächte" erweist uns dabei die schätzbarsten Dienste.
Wir haben uns von Kreta zurückgezogen, weil wir dort keine eignen Interessen
hatten, und den vier Mächten die dornenvolle Aufgabe überlassen, die unglück¬
liche Insel zu „pazisiziren" und den Sultan durch die Verdrängung seiner
Garnisonen zu brutalisiren. Wir haben ihnen zu beidem nicht geholfen, sind
ihnen aber auch nicht entgegengetreten, wir behalten uns nur vor, unsre Zu¬
stimmung zu einer neuen haltbaren Ordnung zu geben. Die Stellung Deutsch¬
lands ist also durchaus korrekt und politisch unanfechtbar. Es ist eine Politik
der „meisterhaften Unthätigkeit." Denn glaubt man etwa, daß der gewiegte
Staatsmann im Indiz-Kiosk den vier Mächten und dem deutschen Kaiser
diese so ganz verschiedne Haltung je vergessen wird? Er weiß jetzt mehr als
je, wo er seine wahren Freunde zu suchen hat. Wir aber meinen, daß selten
eine zugleich so kluge und so rechtschaffne Politik verfolgt worden ist wie diese
deutsche, die der Kaiser mit vollem Nachdruck als die Fortsetzung der Politik
seines Großvaters, also auch Fürst Bismarcks, bezeichnen durfte.
Wir Deutschen erscheinen den Mächten, die sich schon daran gewöhnt haben,
Kleinasien als russisches, Syrien als französisches, Mesopotamien als englisches
Zukunftsgebiet zu betrachten, natürlich als Eindringlinge. Allerdings, dieser
Gedanken werden sie sich, wenn die Türkei sähig ist, die ihr dargebotne starke
Hand zu ergreifen, entschlagen müssen. Sie werden sich daran zu gewöhnen
haben, daß Deutschland auch in diesen Dingen künftig mehr als bisher mit¬
sprechen wird und dabei nicht englische oder russische Politik macht, sondern
deutsche. Vielleicht werden sie sich diese Erkenntnis einigermaßen erleichtern,
wenn sie sich daran erinnern wollen, daß unsre historischen Beziehungen zu
diesen Ländern ebenso alt sind wie die der Franzosen und viel älter als die
der Engländer und Russen. Denn an den Kreuzzügen haben bekanntlich die
Deutschen einen recht ansehnlichen Anteil gehabt, drei unsrer Könige haben die
„liebe Reise über See" nach dem heiligen Lande angetreten, Zehntausende von
Deutschen haben hier ihren Tod gefunden, Friedrich Barbarossa auch sein
unbekanntes Grab. In Beirut haben gerade vor siebenhundert Jahren,
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |