Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.Ebenbürtigkeit Wirklichen und legitimen ehelichen Descendenten, statt an seinen ältern, durch Ganz in derselben Weise können nun auch andre gemeinrechtliche oder Es sei mir hier die Berufung auf zwei sicher unverdächtige Gewährs¬ Ebenbürtigkeit Wirklichen und legitimen ehelichen Descendenten, statt an seinen ältern, durch Ganz in derselben Weise können nun auch andre gemeinrechtliche oder Es sei mir hier die Berufung auf zwei sicher unverdächtige Gewährs¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0550" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228852"/> <fw type="header" place="top"> Ebenbürtigkeit</fw><lb/> <p xml:id="ID_1909" prev="#ID_1908"> Wirklichen und legitimen ehelichen Descendenten, statt an seinen ältern, durch<lb/> nachfolgende Ehe legitimirten Bruder fällt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1910"> Ganz in derselben Weise können nun auch andre gemeinrechtliche oder<lb/> hansrechtliche oder sonstige Bestimmungen wirken. Es kann z> B., abgesehen<lb/> von allen Ebenbürtigkeitsideen, die familienrechtliche volle Wirksamkeit der Ehe<lb/> an die Genehmigung des Familienhauptes zur Eheschließung gebunden sein.<lb/> Ich meine aber, daß der wirklich überzeugte Monarchist durch einen andern<lb/> Gedankengang, nämlich aus Nützlichkeitsgründen, ein warmer Anhänger strenger<lb/> Ebenbürtigkeitsgrundsütze sein müßte. Der überzeugte Monarchist, der Konser¬<lb/> vative von echtem Schrot und Korn, muß, wie kein andrer, von dem Wunsche<lb/> beseelt sein, daß die Monarchie stark, unabhängig, angesehen, unparteiisch sei.<lb/> Ist das wirklich alles nur durch die Beobachtung strenger Ebenbürtigkeitsgrund¬<lb/> sätze zu erringen oder zu erhalten?</p><lb/> <p xml:id="ID_1911"> Es sei mir hier die Berufung auf zwei sicher unverdächtige Gewährs¬<lb/> männer erlaubt: „Noch bedeutender wurde späterhin das monarchische Interesse<lb/> durch das Erfordernis der Ebenbürtigkeit gefördert. Nun erst ragte das fürst¬<lb/> liche Haus über alle Unterthanen gleichmäßig empor, während es früher oft<lb/> nur die erste Adelsfamilie gewesen war. Wieviel schamloser Nepotismus, un¬<lb/> gestrafter Übermut und sonstige Adelsusurpationen werden hierdurch im Keime<lb/> verhindert" (Wilhelm Röscher, Politik, S. 222). — „Anders sällt das Urteil<lb/> aus, wenn es sich um die Ehen der Regentenhäuser handelt. Hier sprechen<lb/> allerdings manche Gründe des öffentlichen Wohles gegen die Ehen mit Unter-<lb/> thanenfamilien. Die Negentenfamilie soll eine erhabne Stellung über allen<lb/> andern Familien des Landes einnehmen; jede Ehe mit Unterthanen brächte<lb/> Privatfamilien der regierenden und so das Parteiinteresse dem öffentlichen zu<lb/> nahe. Mit Einreiben solcher Ehen würde dem gefährlichsten Nepotismus und<lb/> der Herrschaft einer Familienkoterie Thür und Thor geöffnet. Es liegt in der<lb/> Natur der Sache, daß die neuen Verwandten so viel als möglich herangezogen<lb/> und begünstigt werden. Solche Begünstigungen können aber nur auf Kosten<lb/> der Staatskassen und des zurückgesetzten wahren Verdienstes stattfinden. Es<lb/> werden bei Zulassung solcher Ehen mit Unterthanenfamilien leicht Zustände<lb/> eintreten wie in den geistlichen Staaten, dem Kirchenstaate und den deutschen<lb/> geistlichen Fürstentümern, wo die dem Unterthanenstand ungehörigen Familien<lb/> des geistlichen Wahlfürsten ein Nepotenregiment führten und auf Kosten des<lb/> Landes sich im höchsten Grade bereicherten. Dabei sind alsdann staatsgefähr¬<lb/> liche Parteiungen der großen Adelsgeschlechter, der gestürzten und erhobnen<lb/> Nepotenfcnnilien unvermeidlich. Die erhabne unparteiische Stellung, die dem<lb/> Herrscherhause gebührt, ist dabei gefährdet" (Hermann Schulze in Bluntschli.<lb/> Staatswörterbnch, Artikel: Ebenbürtigkeit). Es ist unnötig, diese Gedanken-<lb/> gänge weiter auszuspinnen; dagegen verlohnt es sich, die thatsächliche Lage der<lb/> Dinge ein wenig näher ins Auge zu fassen.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0550]
Ebenbürtigkeit
Wirklichen und legitimen ehelichen Descendenten, statt an seinen ältern, durch
nachfolgende Ehe legitimirten Bruder fällt.
Ganz in derselben Weise können nun auch andre gemeinrechtliche oder
hansrechtliche oder sonstige Bestimmungen wirken. Es kann z> B., abgesehen
von allen Ebenbürtigkeitsideen, die familienrechtliche volle Wirksamkeit der Ehe
an die Genehmigung des Familienhauptes zur Eheschließung gebunden sein.
Ich meine aber, daß der wirklich überzeugte Monarchist durch einen andern
Gedankengang, nämlich aus Nützlichkeitsgründen, ein warmer Anhänger strenger
Ebenbürtigkeitsgrundsütze sein müßte. Der überzeugte Monarchist, der Konser¬
vative von echtem Schrot und Korn, muß, wie kein andrer, von dem Wunsche
beseelt sein, daß die Monarchie stark, unabhängig, angesehen, unparteiisch sei.
Ist das wirklich alles nur durch die Beobachtung strenger Ebenbürtigkeitsgrund¬
sätze zu erringen oder zu erhalten?
Es sei mir hier die Berufung auf zwei sicher unverdächtige Gewährs¬
männer erlaubt: „Noch bedeutender wurde späterhin das monarchische Interesse
durch das Erfordernis der Ebenbürtigkeit gefördert. Nun erst ragte das fürst¬
liche Haus über alle Unterthanen gleichmäßig empor, während es früher oft
nur die erste Adelsfamilie gewesen war. Wieviel schamloser Nepotismus, un¬
gestrafter Übermut und sonstige Adelsusurpationen werden hierdurch im Keime
verhindert" (Wilhelm Röscher, Politik, S. 222). — „Anders sällt das Urteil
aus, wenn es sich um die Ehen der Regentenhäuser handelt. Hier sprechen
allerdings manche Gründe des öffentlichen Wohles gegen die Ehen mit Unter-
thanenfamilien. Die Negentenfamilie soll eine erhabne Stellung über allen
andern Familien des Landes einnehmen; jede Ehe mit Unterthanen brächte
Privatfamilien der regierenden und so das Parteiinteresse dem öffentlichen zu
nahe. Mit Einreiben solcher Ehen würde dem gefährlichsten Nepotismus und
der Herrschaft einer Familienkoterie Thür und Thor geöffnet. Es liegt in der
Natur der Sache, daß die neuen Verwandten so viel als möglich herangezogen
und begünstigt werden. Solche Begünstigungen können aber nur auf Kosten
der Staatskassen und des zurückgesetzten wahren Verdienstes stattfinden. Es
werden bei Zulassung solcher Ehen mit Unterthanenfamilien leicht Zustände
eintreten wie in den geistlichen Staaten, dem Kirchenstaate und den deutschen
geistlichen Fürstentümern, wo die dem Unterthanenstand ungehörigen Familien
des geistlichen Wahlfürsten ein Nepotenregiment führten und auf Kosten des
Landes sich im höchsten Grade bereicherten. Dabei sind alsdann staatsgefähr¬
liche Parteiungen der großen Adelsgeschlechter, der gestürzten und erhobnen
Nepotenfcnnilien unvermeidlich. Die erhabne unparteiische Stellung, die dem
Herrscherhause gebührt, ist dabei gefährdet" (Hermann Schulze in Bluntschli.
Staatswörterbnch, Artikel: Ebenbürtigkeit). Es ist unnötig, diese Gedanken-
gänge weiter auszuspinnen; dagegen verlohnt es sich, die thatsächliche Lage der
Dinge ein wenig näher ins Auge zu fassen.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |