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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Kunstsammler in Berlin

die treibende Kraft, die reiche Leute auf eine edle Beschäftigung wies und
ihrem Sammeleifer eine Richtung auf Spezialitäten gab, und endlich hatte er
die Genugthuung, seine rastlose Thätigkeit durch die vor drei Jahren (1896)
erfolgte Begründung des "Kaiser Friedrich-Museumsvereins" gekrönt zu sehen.
Dieser Verein, dem fast alle hervorragenden Sammler alter Kunstwerke in
Berlin angehören, verfolgt den Zweck, teils durch Erwerbungen aus eignen
Mitteln die Gemäldegalerie und die Sammlung von Bildwerken des christ¬
lichen Zeitalters in den königlichen Museen zu bereichern, teils die nötigen
Mittel leihweise zu beschaffen, wenn plötzlich auf dem Kunstmarkte ein hervor¬
ragendes Werk auftaucht, dessen Ankauf für die königlichen Museen wünschens¬
wert ist, das aber mit den gerade vorhandnen Museumsmitteln nicht erworben
werden kann. Die Abzahlung an den Verein ersolgt dann später in Raten,
die von dem durch den Staatshaushalt alljährlich festgesetzten Museumsfonds
abgezweigt werden. Seinen Namen hat der Verein von dem neuen Museum
erhalten, in dem die beiden Abteilungen der jetzigen Museen vereinigt werden
sollen, und mit dessen Bau kürzlich ans der nordwestlichen Spitze der Museums¬
insel begonnen worden ist. Vor diesem Museum soll das Reiterstandbild Kaiser
Friedrichs errichtet werden.

Mit dem Namen Kaiser Friedrichs war auch die erste Ausstellung ver¬
bunden, die uns einen Einblick in die Privatsammlungen alter Kunstwerke gab,
die Berlin damals besaß. Den Anlaß dazu hatte die silberne Hochzeit des
kronprinzlichen Paares geboten, die im Januar 1883 gefeiert wurde. Ein ein¬
heitliches Prinzip lag dieser Ausstellung noch nicht zu Grunde. Aus den
Kunstsammlungen des Kaiserhauses und aus den privaten Sammlungen war
das künstlerisch Bedeutendste ausgewählt und zu einem Gesamtbilde vereinigt
worden, das damals einen sehr starken Eindruck machte, der -- streng ge¬
nommen -- nicht wieder erreicht, geschweige denn überboten worden ist, wie
lehrreich auch die drei folgenden Ausstellungen, deren Leitung die 1886 ge¬
gründete Kunstgeschichtliche Gesellschaft übernahm, für den nach dem Zu¬
sammenhang der einzelnen Denkmäler forschenden Kunsthistoriker gewesen sind.
Das Publikum erhielt damals zuerst einen Begriff von dem Reichtum der
Sammlungen des Grafen Pourtales, des Herzogs von Sagan, des Bankiers
Oskar Hainauer, der Herren von Beckerath, Freiherrn von Mecklenburg, A. Thiem,
von Carstanjen, O. Pein, Dr. Stüve, James Simon, L. Kraus, Jtziuger,
Gumprecht n. ni. Mit Ausnahme der Pourtalesschen Sammlung, deren Haupt¬
stücke in Paris erworben worden sind, und die in ihren Anfängen wohl noch
in die fünfziger Jahre zurückreicht, waren es neu entstandne, und selbst von
diesen sind im Laufe der seit 1883 verflossenen fünfzehn Jahre schon mehrere,
wie z. B. die Thiemsche Sammlung niederländischer Meister, durch Verkauf
zerstreut oder durch Verzug der Besitzer von Berlin aus dem Berliner Kunst¬
besitz gestrichen worden.


Kunstsammler in Berlin

die treibende Kraft, die reiche Leute auf eine edle Beschäftigung wies und
ihrem Sammeleifer eine Richtung auf Spezialitäten gab, und endlich hatte er
die Genugthuung, seine rastlose Thätigkeit durch die vor drei Jahren (1896)
erfolgte Begründung des „Kaiser Friedrich-Museumsvereins" gekrönt zu sehen.
Dieser Verein, dem fast alle hervorragenden Sammler alter Kunstwerke in
Berlin angehören, verfolgt den Zweck, teils durch Erwerbungen aus eignen
Mitteln die Gemäldegalerie und die Sammlung von Bildwerken des christ¬
lichen Zeitalters in den königlichen Museen zu bereichern, teils die nötigen
Mittel leihweise zu beschaffen, wenn plötzlich auf dem Kunstmarkte ein hervor¬
ragendes Werk auftaucht, dessen Ankauf für die königlichen Museen wünschens¬
wert ist, das aber mit den gerade vorhandnen Museumsmitteln nicht erworben
werden kann. Die Abzahlung an den Verein ersolgt dann später in Raten,
die von dem durch den Staatshaushalt alljährlich festgesetzten Museumsfonds
abgezweigt werden. Seinen Namen hat der Verein von dem neuen Museum
erhalten, in dem die beiden Abteilungen der jetzigen Museen vereinigt werden
sollen, und mit dessen Bau kürzlich ans der nordwestlichen Spitze der Museums¬
insel begonnen worden ist. Vor diesem Museum soll das Reiterstandbild Kaiser
Friedrichs errichtet werden.

Mit dem Namen Kaiser Friedrichs war auch die erste Ausstellung ver¬
bunden, die uns einen Einblick in die Privatsammlungen alter Kunstwerke gab,
die Berlin damals besaß. Den Anlaß dazu hatte die silberne Hochzeit des
kronprinzlichen Paares geboten, die im Januar 1883 gefeiert wurde. Ein ein¬
heitliches Prinzip lag dieser Ausstellung noch nicht zu Grunde. Aus den
Kunstsammlungen des Kaiserhauses und aus den privaten Sammlungen war
das künstlerisch Bedeutendste ausgewählt und zu einem Gesamtbilde vereinigt
worden, das damals einen sehr starken Eindruck machte, der — streng ge¬
nommen — nicht wieder erreicht, geschweige denn überboten worden ist, wie
lehrreich auch die drei folgenden Ausstellungen, deren Leitung die 1886 ge¬
gründete Kunstgeschichtliche Gesellschaft übernahm, für den nach dem Zu¬
sammenhang der einzelnen Denkmäler forschenden Kunsthistoriker gewesen sind.
Das Publikum erhielt damals zuerst einen Begriff von dem Reichtum der
Sammlungen des Grafen Pourtales, des Herzogs von Sagan, des Bankiers
Oskar Hainauer, der Herren von Beckerath, Freiherrn von Mecklenburg, A. Thiem,
von Carstanjen, O. Pein, Dr. Stüve, James Simon, L. Kraus, Jtziuger,
Gumprecht n. ni. Mit Ausnahme der Pourtalesschen Sammlung, deren Haupt¬
stücke in Paris erworben worden sind, und die in ihren Anfängen wohl noch
in die fünfziger Jahre zurückreicht, waren es neu entstandne, und selbst von
diesen sind im Laufe der seit 1883 verflossenen fünfzehn Jahre schon mehrere,
wie z. B. die Thiemsche Sammlung niederländischer Meister, durch Verkauf
zerstreut oder durch Verzug der Besitzer von Berlin aus dem Berliner Kunst¬
besitz gestrichen worden.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/189>, abgerufen am 01.09.2024.