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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Friedrich der Große und England

diese Verbindung mich zu nichts verpflichtete, was die Ruhe Deutschlands
stören könnte." Damit aber, das ist wieder der Gedankengang Friedrichs, ist
den Engländern nicht genützt.

Die Engländer selbst hatten sich mit den Abweisungen, die sie erfahren
hatten, nicht begnügt. Am Hofe Georgs III. lebte damals sein Schwager,
der Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, der Gemahl der
Prinzessin Angusta von England. Später als Herzog war er bekanntlich
preußischer Generalfeldmarschall, befehligte bei Auerstädt die preußische Armee
und wurde dort durch beide Augen geschossen. Karl Wilhelm Ferdinand erfreute
sich der besondern Huld und Zuneigung seines Oheims Friedrich (seine Mutter
Charlotte vou Braunschweig war des Königs Schwester); er hatte auch des
Königs vollstes Vertrauen, ja dieser versprach sich für die Zukunft sehr viel
von seinem Neffen. Im Sommer war der Erbprinz mit seiner Gemahlin zum
Besuch in Verliu gewesen bei der Vermählung des Prinzen von Preußen mit
seiner Schwester Prinzessin Elisabeth von Vraunschweig. Es war also jeden¬
falls nicht ungeschickt von der englischen Regierung, sich des Erbprinzen von
Braunschweig zu bedienen zu einer erneuten Werbung um Friedrichs Freund¬
schaft.

In einem ausführlichen Schreiben, London, den 13. Oktober 1765, schil¬
derte der Erbprinz dem Könige die innerpolitische Lage in England. Er stellte
es so dar, als hinge geradezu das Schicksal des neuen Ministeriums von
Friedrichs gutem Willen ab: das Ministerium getraue sich nicht mit leeren
Händen vor das Parlament zu treten, das eben eröffnet werden solle, und
Pitt warte nur auf den Entschluß Friedrichs, die Allianz zu erneuern, um
selbst in das Kabinett einzutreten. Ein Argument, das geeignet schien, ans
den König Eindruck zu machen: man kannte seine Bewunderung für Pitt und
sein Vertrauen zu ihm. Wie der Erbprinz später einmal (8. Januar 1766)
schreibt, hat ihm das Pitt persönlich bestätigt. Der Zusammenhang war
übrigens der: Pitt machte seinen Eintritt von dem Bund mit Preußen ab¬
hängig, Grafton aber war nur unter der Bedingung in das Kabinett ein¬
getreten, daß Pitt Mitglied werde. So kam es, daß Grafton im Frühjahr
1766 auftrat. Die Allianz mit Preußen wurde in dem Schreiben des Erb¬
prinzen als ein Glied in der Kette von Bündnissen hingestellt, die die von
dem Bourbonischen Familienpakt drohenden Gefahren abwenden sollten.

Die eigenhändige Antwort des Königs vom 26. Oktober ist wieder eine
kühle Ablehnung, Wenn England jetzt einen Angriff Frankreichs und Spaniens
befürchte, so habe es das seiner eignen frühern Haltung zuzuschreiben. Friedrich
erinnert dann an die beleidigende Art, wie man ihn zur Abberufung zweier
Gesandten genötigt habe; solche Affronts ließen sich nicht mit schönen Worten
abwaschen. Für ein Bündnis mit England sei keine Aussicht und keine
Möglichkeit vorhanden. Preußen bedürfe vor allem der Ruhe. Der Eintritt


Friedrich der Große und England

diese Verbindung mich zu nichts verpflichtete, was die Ruhe Deutschlands
stören könnte." Damit aber, das ist wieder der Gedankengang Friedrichs, ist
den Engländern nicht genützt.

Die Engländer selbst hatten sich mit den Abweisungen, die sie erfahren
hatten, nicht begnügt. Am Hofe Georgs III. lebte damals sein Schwager,
der Erbprinz Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig, der Gemahl der
Prinzessin Angusta von England. Später als Herzog war er bekanntlich
preußischer Generalfeldmarschall, befehligte bei Auerstädt die preußische Armee
und wurde dort durch beide Augen geschossen. Karl Wilhelm Ferdinand erfreute
sich der besondern Huld und Zuneigung seines Oheims Friedrich (seine Mutter
Charlotte vou Braunschweig war des Königs Schwester); er hatte auch des
Königs vollstes Vertrauen, ja dieser versprach sich für die Zukunft sehr viel
von seinem Neffen. Im Sommer war der Erbprinz mit seiner Gemahlin zum
Besuch in Verliu gewesen bei der Vermählung des Prinzen von Preußen mit
seiner Schwester Prinzessin Elisabeth von Vraunschweig. Es war also jeden¬
falls nicht ungeschickt von der englischen Regierung, sich des Erbprinzen von
Braunschweig zu bedienen zu einer erneuten Werbung um Friedrichs Freund¬
schaft.

In einem ausführlichen Schreiben, London, den 13. Oktober 1765, schil¬
derte der Erbprinz dem Könige die innerpolitische Lage in England. Er stellte
es so dar, als hinge geradezu das Schicksal des neuen Ministeriums von
Friedrichs gutem Willen ab: das Ministerium getraue sich nicht mit leeren
Händen vor das Parlament zu treten, das eben eröffnet werden solle, und
Pitt warte nur auf den Entschluß Friedrichs, die Allianz zu erneuern, um
selbst in das Kabinett einzutreten. Ein Argument, das geeignet schien, ans
den König Eindruck zu machen: man kannte seine Bewunderung für Pitt und
sein Vertrauen zu ihm. Wie der Erbprinz später einmal (8. Januar 1766)
schreibt, hat ihm das Pitt persönlich bestätigt. Der Zusammenhang war
übrigens der: Pitt machte seinen Eintritt von dem Bund mit Preußen ab¬
hängig, Grafton aber war nur unter der Bedingung in das Kabinett ein¬
getreten, daß Pitt Mitglied werde. So kam es, daß Grafton im Frühjahr
1766 auftrat. Die Allianz mit Preußen wurde in dem Schreiben des Erb¬
prinzen als ein Glied in der Kette von Bündnissen hingestellt, die die von
dem Bourbonischen Familienpakt drohenden Gefahren abwenden sollten.

Die eigenhändige Antwort des Königs vom 26. Oktober ist wieder eine
kühle Ablehnung, Wenn England jetzt einen Angriff Frankreichs und Spaniens
befürchte, so habe es das seiner eignen frühern Haltung zuzuschreiben. Friedrich
erinnert dann an die beleidigende Art, wie man ihn zur Abberufung zweier
Gesandten genötigt habe; solche Affronts ließen sich nicht mit schönen Worten
abwaschen. Für ein Bündnis mit England sei keine Aussicht und keine
Möglichkeit vorhanden. Preußen bedürfe vor allem der Ruhe. Der Eintritt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/68>, abgerufen am 28.12.2024.