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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

-- ein Advokat, Ch. Leonhard, übernahm es, die "Afrikaner" zu bearbeiten --,
wie Waffen gekauft und heimlich unter Täuschung der Zollbehörden eingeführt
wurden (Maximgeschütze, Karabiner, 3000 Gewehre), auch Pferde und Maul¬
esel angeschafft wurden, wie gleichzeitig der Dr, Jameson, die rechte Hand von
Cecil Rhodes, seine Schar zusammenbrachte -- sein Einfall sollte gleichzeitig
mit dem Ausbruch der Revolution in Johannesburg erfolgen --, und wie
schließlich dies alles durch die Energie des Präsidenten Krüger vereitelt wurde.

Die Deutschen hatten sich als Freiwillige zur Verfügung gestellt, obgleich
sie auch keine Bürgerrechte hatten. Das Resultat ist aus den Zeitungen be¬
kannt genug, auch wie es gekommen ist, daß Anstifter und Thäter dieser
schändlichen und verbrecherischen Unternehmung so gut wie straflos geblieben
sind. Die Absicht des Cecil Rhodes ging, wie manche Symptome deutlich
zeigen, weiter, als der angegebne Zweck der beabsichtigten Insurrektion, nämlich
dahin, wenn der Erfolg dies möglich machen sollte, nicht nur den Präsidenten
Krüger zu beseitigen, sondern die südafrikanische Republik (Transvaal) zu unter¬
werfen und der Kapkolonie einzuverleiben. Er und Alfred Veit siud dann
1896 aus der <Aiart"zröt1 ausgetreten. Von Rhodes, dem "Napoleon Südafrikas,"
hört man zur Zeit wenig, wie denn überhaupt neuerdings die Uitlaender ziemlich
kleinlaut geworden zu sein scheinen. Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß
Rhodes und Beit allein den Jamesonschcn Einfall bezahlt haben. Die geringe
Entschädigung, die die Transvaalregierung verlangt hat, ist sür beide bei ihrem
enormen Vermögen eine Kleinigkeit. Sie haben die Summe aber bis heute
nicht bezahlt, werden sie auch sicherlich in Güte nicht bezahlen. Wo werden
sie denn! Wer wird sie zwingen? Die englische Negierung, die alles ruhig
angesehen und geduldet hat? Es zeigt dies so recht die Jmmoralität der eng¬
lischen Politik. '

Zum Schluß dieser Betrachtung kommen wir auf die Moral, die sich für
uns daraus ergiebt. Es wäre möglich, ja es ist nicht unwahrscheinlich, daß
in unsern Kolonien in Afrika und Neu-Guinea mit der Zeit Edelmetalle ge¬
funden werden, namentlich Gold. Wenn man nun die Dinge in Transvaal
bedenkt, auch den Blick auf die widerwärtigen Zustände richtet, die sich überall
entwickelt haben, wo Gold gefunden worden ist, in Kalifornien, in Australien
und neuerdings in Klondhke, so muß man zu dem Schluß kommen, daß solche
Zustände, oder besser gesagt, solcher Unfug in unsern Kolonien nicht geduldet
werden darf, und daß es daher geraten ist, beizeiten dem vorzubeugen und
auf Mittel zu denken, mit denen in solchem Falle das habgierige Gesinde! fern
gehalten werden kann. Es ist zur Zeit im Werke, ein Neichsberggesetz zu
machen. Da bietet sich die Gelegenheit, die Edelmetalle (vielleicht auch Dia¬
manten) in unsern Kolonien für ein Regal des Reichs zu erklären, auch ebenso
festzusetzen -- was indes auch ohnedem unbedingt geschehen müßte --, daß,
falls dergleichen gefunden wird, die Förderung und Gewinnung unter keinen


Etwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

— ein Advokat, Ch. Leonhard, übernahm es, die „Afrikaner" zu bearbeiten —,
wie Waffen gekauft und heimlich unter Täuschung der Zollbehörden eingeführt
wurden (Maximgeschütze, Karabiner, 3000 Gewehre), auch Pferde und Maul¬
esel angeschafft wurden, wie gleichzeitig der Dr, Jameson, die rechte Hand von
Cecil Rhodes, seine Schar zusammenbrachte — sein Einfall sollte gleichzeitig
mit dem Ausbruch der Revolution in Johannesburg erfolgen —, und wie
schließlich dies alles durch die Energie des Präsidenten Krüger vereitelt wurde.

Die Deutschen hatten sich als Freiwillige zur Verfügung gestellt, obgleich
sie auch keine Bürgerrechte hatten. Das Resultat ist aus den Zeitungen be¬
kannt genug, auch wie es gekommen ist, daß Anstifter und Thäter dieser
schändlichen und verbrecherischen Unternehmung so gut wie straflos geblieben
sind. Die Absicht des Cecil Rhodes ging, wie manche Symptome deutlich
zeigen, weiter, als der angegebne Zweck der beabsichtigten Insurrektion, nämlich
dahin, wenn der Erfolg dies möglich machen sollte, nicht nur den Präsidenten
Krüger zu beseitigen, sondern die südafrikanische Republik (Transvaal) zu unter¬
werfen und der Kapkolonie einzuverleiben. Er und Alfred Veit siud dann
1896 aus der <Aiart«zröt1 ausgetreten. Von Rhodes, dem „Napoleon Südafrikas,"
hört man zur Zeit wenig, wie denn überhaupt neuerdings die Uitlaender ziemlich
kleinlaut geworden zu sein scheinen. Es ist längst kein Geheimnis mehr, daß
Rhodes und Beit allein den Jamesonschcn Einfall bezahlt haben. Die geringe
Entschädigung, die die Transvaalregierung verlangt hat, ist sür beide bei ihrem
enormen Vermögen eine Kleinigkeit. Sie haben die Summe aber bis heute
nicht bezahlt, werden sie auch sicherlich in Güte nicht bezahlen. Wo werden
sie denn! Wer wird sie zwingen? Die englische Negierung, die alles ruhig
angesehen und geduldet hat? Es zeigt dies so recht die Jmmoralität der eng¬
lischen Politik. '

Zum Schluß dieser Betrachtung kommen wir auf die Moral, die sich für
uns daraus ergiebt. Es wäre möglich, ja es ist nicht unwahrscheinlich, daß
in unsern Kolonien in Afrika und Neu-Guinea mit der Zeit Edelmetalle ge¬
funden werden, namentlich Gold. Wenn man nun die Dinge in Transvaal
bedenkt, auch den Blick auf die widerwärtigen Zustände richtet, die sich überall
entwickelt haben, wo Gold gefunden worden ist, in Kalifornien, in Australien
und neuerdings in Klondhke, so muß man zu dem Schluß kommen, daß solche
Zustände, oder besser gesagt, solcher Unfug in unsern Kolonien nicht geduldet
werden darf, und daß es daher geraten ist, beizeiten dem vorzubeugen und
auf Mittel zu denken, mit denen in solchem Falle das habgierige Gesinde! fern
gehalten werden kann. Es ist zur Zeit im Werke, ein Neichsberggesetz zu
machen. Da bietet sich die Gelegenheit, die Edelmetalle (vielleicht auch Dia¬
manten) in unsern Kolonien für ein Regal des Reichs zu erklären, auch ebenso
festzusetzen — was indes auch ohnedem unbedingt geschehen müßte —, daß,
falls dergleichen gefunden wird, die Förderung und Gewinnung unter keinen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/638>, abgerufen am 23.07.2024.