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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Ltroas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

bei Leonhard Simion und: Afrika in seiner Bedeutung für die Goldproduktion
in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Dr. Karl Juttner, Privat¬
dozenten an der Berliner Universität. Berlin, bei Reimer.

Es zieht sich ein etwa 1500 Meter über dem Meere liegender Höhenzug
von Osten nach Westen, der Witwaterstrand, auch kurzweg Rand genannt, der
die Wasserscheide zwischen zwei Meeren ist. Die auf dem Südabhange ent¬
springenden Gewässer fließen zum Vaal, mit diesem in den Oranjefluß und
so in den Atlantischen Ozean, die der Nordseite zum Limpopo und mit diesem
in den Indischen Ozean. In diesem Höhenzuge hauptsächlich findet sich das
Gold. Schon vor dessen Entdeckung waren durch Beschluß des Volksraads
alle Metalle und Edelsteine als Eigentum des Staats erklärt worden. Nach
der Entdeckung erfolgte dann die Verwaltung in der Weise, daß das ganze
Terrain -- soweit es Privateigentum war, mit Einwilligung der Eigen¬
tümer -- in Parzellen, olaims genannt, 130 Meter lang und 45 Meter breit,
eingeteilt wurde. Nun konnte jedermann gegen eine Abgabe von fünf Schilling
pro Monat nach Gold suchen. Sobald festgestellt war, daß ein Terrain gold¬
haltig sei, wurde es von der Negierung "proklamirt." Von da ab konnte es
jeder in Besitz nehmen und ausbeuten. Der Eigentümer hatte jedoch das
Privilegium, daß ihm ein Zehntel der Parzelle seines Grundstücks zur Aus¬
beutung verblieb (Mynpacht). Jeder Okkupant hatte nun eine Abgabe von
fünfzehn Schilling monatlich zu zahlen bis zum Beginn der Ausbeutung, und
von da ab ein Pfund Sterling. Der Eigentümer jedoch zahlte nur eine ge¬
ringe Abgabe.

So begann um der Minenbau, der, von Ingenieuren geleitet und von
Negern ausgeführt, bald einen großen Aufschwung nahm, in erster Linie von
den obengenannten großen Finanzmännern betrieben wurde und vielfach fehr
reiche Ausbeute ergab. Die Genannten bildeten sodann Gesellschaften, die ihre
Gold-sIiÄrss emittirten und an die Börsen brachten. Es wurden enorme
Summen verdient. Aus den großen Gesellschaften gingen dann kleinere hervor,
und ihre Zahl vermehrte sich zusehends. Die Eigentümer wurden leicht dazu
gebracht, ihnen ihre Mynpacht zu verkaufen. Ludwig Vamberger drückt sich
darüber in dem oben erwähnten Artikel wie folgt aus: "Das Publikum,
welchem diese Meteore vor den Augen herumblitzen, möchte gern nachlaufen.
Aber wie soll man die richtige Mine erraten? Um diesem tiefgefühlten Be¬
dürfnis entgegenzukommen, haben sich Gesellschaften gebildet, welche die un-
sichern Schritte der kleinen Kapitalisten leiten wollen und sich nicht auf einzelne
Objekte beschränken."

In dem erwähnten Buche heißt es ferner: I^g, xooue an xuvlie est iM88i
uns nos ä'or, was wohl keines Kommentars bedarf. Schon im Jahre
1895 waren es 481 Gesellschaften mit einem Nominalkapital von 2 Milliarden
32 Millionen Franken und einem Kurswert von über 5 Milliarden Franken


Ltroas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson

bei Leonhard Simion und: Afrika in seiner Bedeutung für die Goldproduktion
in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Dr. Karl Juttner, Privat¬
dozenten an der Berliner Universität. Berlin, bei Reimer.

Es zieht sich ein etwa 1500 Meter über dem Meere liegender Höhenzug
von Osten nach Westen, der Witwaterstrand, auch kurzweg Rand genannt, der
die Wasserscheide zwischen zwei Meeren ist. Die auf dem Südabhange ent¬
springenden Gewässer fließen zum Vaal, mit diesem in den Oranjefluß und
so in den Atlantischen Ozean, die der Nordseite zum Limpopo und mit diesem
in den Indischen Ozean. In diesem Höhenzuge hauptsächlich findet sich das
Gold. Schon vor dessen Entdeckung waren durch Beschluß des Volksraads
alle Metalle und Edelsteine als Eigentum des Staats erklärt worden. Nach
der Entdeckung erfolgte dann die Verwaltung in der Weise, daß das ganze
Terrain — soweit es Privateigentum war, mit Einwilligung der Eigen¬
tümer — in Parzellen, olaims genannt, 130 Meter lang und 45 Meter breit,
eingeteilt wurde. Nun konnte jedermann gegen eine Abgabe von fünf Schilling
pro Monat nach Gold suchen. Sobald festgestellt war, daß ein Terrain gold¬
haltig sei, wurde es von der Negierung „proklamirt." Von da ab konnte es
jeder in Besitz nehmen und ausbeuten. Der Eigentümer hatte jedoch das
Privilegium, daß ihm ein Zehntel der Parzelle seines Grundstücks zur Aus¬
beutung verblieb (Mynpacht). Jeder Okkupant hatte nun eine Abgabe von
fünfzehn Schilling monatlich zu zahlen bis zum Beginn der Ausbeutung, und
von da ab ein Pfund Sterling. Der Eigentümer jedoch zahlte nur eine ge¬
ringe Abgabe.

So begann um der Minenbau, der, von Ingenieuren geleitet und von
Negern ausgeführt, bald einen großen Aufschwung nahm, in erster Linie von
den obengenannten großen Finanzmännern betrieben wurde und vielfach fehr
reiche Ausbeute ergab. Die Genannten bildeten sodann Gesellschaften, die ihre
Gold-sIiÄrss emittirten und an die Börsen brachten. Es wurden enorme
Summen verdient. Aus den großen Gesellschaften gingen dann kleinere hervor,
und ihre Zahl vermehrte sich zusehends. Die Eigentümer wurden leicht dazu
gebracht, ihnen ihre Mynpacht zu verkaufen. Ludwig Vamberger drückt sich
darüber in dem oben erwähnten Artikel wie folgt aus: „Das Publikum,
welchem diese Meteore vor den Augen herumblitzen, möchte gern nachlaufen.
Aber wie soll man die richtige Mine erraten? Um diesem tiefgefühlten Be¬
dürfnis entgegenzukommen, haben sich Gesellschaften gebildet, welche die un-
sichern Schritte der kleinen Kapitalisten leiten wollen und sich nicht auf einzelne
Objekte beschränken."

In dem erwähnten Buche heißt es ferner: I^g, xooue an xuvlie est iM88i
uns nos ä'or, was wohl keines Kommentars bedarf. Schon im Jahre
1895 waren es 481 Gesellschaften mit einem Nominalkapital von 2 Milliarden
32 Millionen Franken und einem Kurswert von über 5 Milliarden Franken


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[0635] Ltroas über Transvaal und den Einfall des Dr. Jameson bei Leonhard Simion und: Afrika in seiner Bedeutung für die Goldproduktion in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Dr. Karl Juttner, Privat¬ dozenten an der Berliner Universität. Berlin, bei Reimer. Es zieht sich ein etwa 1500 Meter über dem Meere liegender Höhenzug von Osten nach Westen, der Witwaterstrand, auch kurzweg Rand genannt, der die Wasserscheide zwischen zwei Meeren ist. Die auf dem Südabhange ent¬ springenden Gewässer fließen zum Vaal, mit diesem in den Oranjefluß und so in den Atlantischen Ozean, die der Nordseite zum Limpopo und mit diesem in den Indischen Ozean. In diesem Höhenzuge hauptsächlich findet sich das Gold. Schon vor dessen Entdeckung waren durch Beschluß des Volksraads alle Metalle und Edelsteine als Eigentum des Staats erklärt worden. Nach der Entdeckung erfolgte dann die Verwaltung in der Weise, daß das ganze Terrain — soweit es Privateigentum war, mit Einwilligung der Eigen¬ tümer — in Parzellen, olaims genannt, 130 Meter lang und 45 Meter breit, eingeteilt wurde. Nun konnte jedermann gegen eine Abgabe von fünf Schilling pro Monat nach Gold suchen. Sobald festgestellt war, daß ein Terrain gold¬ haltig sei, wurde es von der Negierung „proklamirt." Von da ab konnte es jeder in Besitz nehmen und ausbeuten. Der Eigentümer hatte jedoch das Privilegium, daß ihm ein Zehntel der Parzelle seines Grundstücks zur Aus¬ beutung verblieb (Mynpacht). Jeder Okkupant hatte nun eine Abgabe von fünfzehn Schilling monatlich zu zahlen bis zum Beginn der Ausbeutung, und von da ab ein Pfund Sterling. Der Eigentümer jedoch zahlte nur eine ge¬ ringe Abgabe. So begann um der Minenbau, der, von Ingenieuren geleitet und von Negern ausgeführt, bald einen großen Aufschwung nahm, in erster Linie von den obengenannten großen Finanzmännern betrieben wurde und vielfach fehr reiche Ausbeute ergab. Die Genannten bildeten sodann Gesellschaften, die ihre Gold-sIiÄrss emittirten und an die Börsen brachten. Es wurden enorme Summen verdient. Aus den großen Gesellschaften gingen dann kleinere hervor, und ihre Zahl vermehrte sich zusehends. Die Eigentümer wurden leicht dazu gebracht, ihnen ihre Mynpacht zu verkaufen. Ludwig Vamberger drückt sich darüber in dem oben erwähnten Artikel wie folgt aus: „Das Publikum, welchem diese Meteore vor den Augen herumblitzen, möchte gern nachlaufen. Aber wie soll man die richtige Mine erraten? Um diesem tiefgefühlten Be¬ dürfnis entgegenzukommen, haben sich Gesellschaften gebildet, welche die un- sichern Schritte der kleinen Kapitalisten leiten wollen und sich nicht auf einzelne Objekte beschränken." In dem erwähnten Buche heißt es ferner: I^g, xooue an xuvlie est iM88i uns nos ä'or, was wohl keines Kommentars bedarf. Schon im Jahre 1895 waren es 481 Gesellschaften mit einem Nominalkapital von 2 Milliarden 32 Millionen Franken und einem Kurswert von über 5 Milliarden Franken

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/635>, abgerufen am 23.07.2024.