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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Ltwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Zameson

und zuletzt Premierminister. Als sich später die Gerüchte über den Goldreichtum
des Matabele- und Maschonalandes verbreiteten, schickte er 1888 Agenten
(darunter auch Alfred Veit) zu dem Könige dieser Länder, Lobengula, und
diese erreichten es durch Vorspiegelungen und Geschenke, daß der König in
einem solennen Dokumente ihnen und ihren Auftraggebern das vollständige und
ausschließliche Recht erteilte, die Metalle und Erze, die sich in seinen Ländern
finden würden, zu suchen und auszunützen. Auf Grund dieser Konzession, die
unter der selbstverständlichen Bedingung erteilt worden war, daß an den Eigen¬
tumsverhältnissen des Landes dadurch nichts geändert werde, verfuhren Rhodes
und seine Kompcmions, wie wenn das Land ihr Eigentum wäre. Lobengula
beschwerte sich bei der Königin von England, daß man ihn Dinge habe unter¬
schreiben lassen, die gar nicht vereinbart worden seien, erhielt aber durch den
Kolonialsekretär den Bescheid, er möge mit Konzessionen künftig vorsichtiger
sein, bei der schon erteilten müsse es aber verbleiben. Die "Gruppe" (Rhodes,
Beit und die übrigen Kompcmions) suchten nun die Erteilung einer Lüulrtsr
nach, ähnlich wie einst die der ostindischen Kompagnie, und so wurde ihnen
diese unter der oben erwähnten Bedingung zugesichert und demnächst auch
erteilt. Im Londoner Norning' füllt ein früherer Studiengenosse von Rhodes
folgendes Urteil: "Freunde im gewöhnlichen Sinne kann Cecil Rhodes nicht
haben, denn er nimmt nicht das geringste Interesse an irgend einem mensch¬
lichen Wesen, außer sich selbst. Wenn ich manchmal im Gespräch mit dem
großen Mann, der fortwährend redete, ein mich angehendes Wort einfügte,
so fing er an, an seinen Nägeln zu kauen oder aus dem Fenster zu sehen
oder die Wand anzugaffen."

Was Alfred Beit betrifft, so charakterisirt ihn eine Korrespondenz der
"Münchner Neuesten Nachrichten" aus London vom 29. Mai 1397 wie folgt:
"Der große Millionär ist ein kleines wohlgenährtes Männchen mit blondem
Haar, rundem Gesicht, krummer Nase und vorstehenden Ohren, einem kleinen
Bärtchen, an dem er krampfhaft dreht, und einer Zunge, die englische Phrasen
muss geläufigste, aber mit stark jüdisch-deutschem Accent hervorsprudelt." Von
Varnato sagt Ludwig Bcunberger in der "Nation": Das sei der Mann, der
zahllose Millionen in Afrika gemacht habe; er heiße eigentlich Bcrnay oder
Bernays und sei ein früherer kleiner Händler aus London, der später Schau¬
spieler gewesen sei, und führt dann fort: "Im Augenblick residirt Barnato im
Hotel Bristol in Paris, wo die gekrönten Humpler abzusteigen Pflegen, und
wo er mehr als mancher Gesalbte des Herrn jetzt die Großen des Landes
empfängt und sich gnädig von Journalisten und vornehmen und galanten
Damen, beides nicht selten in einer Person, interviewen läßt. Bei diesen
Empfängen erscheint er angethan mit einem rosaseidnen Schlafrock und ent¬
sprechenden Hosen. Die Zeitungen von New Uork, London und Paris füllen
ihre Spalten mit Schilderungen seiner Person und seinen weitumfassenden


Grenzboten II 1808 7"
Ltwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Zameson

und zuletzt Premierminister. Als sich später die Gerüchte über den Goldreichtum
des Matabele- und Maschonalandes verbreiteten, schickte er 1888 Agenten
(darunter auch Alfred Veit) zu dem Könige dieser Länder, Lobengula, und
diese erreichten es durch Vorspiegelungen und Geschenke, daß der König in
einem solennen Dokumente ihnen und ihren Auftraggebern das vollständige und
ausschließliche Recht erteilte, die Metalle und Erze, die sich in seinen Ländern
finden würden, zu suchen und auszunützen. Auf Grund dieser Konzession, die
unter der selbstverständlichen Bedingung erteilt worden war, daß an den Eigen¬
tumsverhältnissen des Landes dadurch nichts geändert werde, verfuhren Rhodes
und seine Kompcmions, wie wenn das Land ihr Eigentum wäre. Lobengula
beschwerte sich bei der Königin von England, daß man ihn Dinge habe unter¬
schreiben lassen, die gar nicht vereinbart worden seien, erhielt aber durch den
Kolonialsekretär den Bescheid, er möge mit Konzessionen künftig vorsichtiger
sein, bei der schon erteilten müsse es aber verbleiben. Die „Gruppe" (Rhodes,
Beit und die übrigen Kompcmions) suchten nun die Erteilung einer Lüulrtsr
nach, ähnlich wie einst die der ostindischen Kompagnie, und so wurde ihnen
diese unter der oben erwähnten Bedingung zugesichert und demnächst auch
erteilt. Im Londoner Norning' füllt ein früherer Studiengenosse von Rhodes
folgendes Urteil: „Freunde im gewöhnlichen Sinne kann Cecil Rhodes nicht
haben, denn er nimmt nicht das geringste Interesse an irgend einem mensch¬
lichen Wesen, außer sich selbst. Wenn ich manchmal im Gespräch mit dem
großen Mann, der fortwährend redete, ein mich angehendes Wort einfügte,
so fing er an, an seinen Nägeln zu kauen oder aus dem Fenster zu sehen
oder die Wand anzugaffen."

Was Alfred Beit betrifft, so charakterisirt ihn eine Korrespondenz der
„Münchner Neuesten Nachrichten" aus London vom 29. Mai 1397 wie folgt:
„Der große Millionär ist ein kleines wohlgenährtes Männchen mit blondem
Haar, rundem Gesicht, krummer Nase und vorstehenden Ohren, einem kleinen
Bärtchen, an dem er krampfhaft dreht, und einer Zunge, die englische Phrasen
muss geläufigste, aber mit stark jüdisch-deutschem Accent hervorsprudelt." Von
Varnato sagt Ludwig Bcunberger in der „Nation": Das sei der Mann, der
zahllose Millionen in Afrika gemacht habe; er heiße eigentlich Bcrnay oder
Bernays und sei ein früherer kleiner Händler aus London, der später Schau¬
spieler gewesen sei, und führt dann fort: „Im Augenblick residirt Barnato im
Hotel Bristol in Paris, wo die gekrönten Humpler abzusteigen Pflegen, und
wo er mehr als mancher Gesalbte des Herrn jetzt die Großen des Landes
empfängt und sich gnädig von Journalisten und vornehmen und galanten
Damen, beides nicht selten in einer Person, interviewen läßt. Bei diesen
Empfängen erscheint er angethan mit einem rosaseidnen Schlafrock und ent¬
sprechenden Hosen. Die Zeitungen von New Uork, London und Paris füllen
ihre Spalten mit Schilderungen seiner Person und seinen weitumfassenden


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[0633] Ltwas über Transvaal und den Einfall des Dr. Zameson und zuletzt Premierminister. Als sich später die Gerüchte über den Goldreichtum des Matabele- und Maschonalandes verbreiteten, schickte er 1888 Agenten (darunter auch Alfred Veit) zu dem Könige dieser Länder, Lobengula, und diese erreichten es durch Vorspiegelungen und Geschenke, daß der König in einem solennen Dokumente ihnen und ihren Auftraggebern das vollständige und ausschließliche Recht erteilte, die Metalle und Erze, die sich in seinen Ländern finden würden, zu suchen und auszunützen. Auf Grund dieser Konzession, die unter der selbstverständlichen Bedingung erteilt worden war, daß an den Eigen¬ tumsverhältnissen des Landes dadurch nichts geändert werde, verfuhren Rhodes und seine Kompcmions, wie wenn das Land ihr Eigentum wäre. Lobengula beschwerte sich bei der Königin von England, daß man ihn Dinge habe unter¬ schreiben lassen, die gar nicht vereinbart worden seien, erhielt aber durch den Kolonialsekretär den Bescheid, er möge mit Konzessionen künftig vorsichtiger sein, bei der schon erteilten müsse es aber verbleiben. Die „Gruppe" (Rhodes, Beit und die übrigen Kompcmions) suchten nun die Erteilung einer Lüulrtsr nach, ähnlich wie einst die der ostindischen Kompagnie, und so wurde ihnen diese unter der oben erwähnten Bedingung zugesichert und demnächst auch erteilt. Im Londoner Norning' füllt ein früherer Studiengenosse von Rhodes folgendes Urteil: „Freunde im gewöhnlichen Sinne kann Cecil Rhodes nicht haben, denn er nimmt nicht das geringste Interesse an irgend einem mensch¬ lichen Wesen, außer sich selbst. Wenn ich manchmal im Gespräch mit dem großen Mann, der fortwährend redete, ein mich angehendes Wort einfügte, so fing er an, an seinen Nägeln zu kauen oder aus dem Fenster zu sehen oder die Wand anzugaffen." Was Alfred Beit betrifft, so charakterisirt ihn eine Korrespondenz der „Münchner Neuesten Nachrichten" aus London vom 29. Mai 1397 wie folgt: „Der große Millionär ist ein kleines wohlgenährtes Männchen mit blondem Haar, rundem Gesicht, krummer Nase und vorstehenden Ohren, einem kleinen Bärtchen, an dem er krampfhaft dreht, und einer Zunge, die englische Phrasen muss geläufigste, aber mit stark jüdisch-deutschem Accent hervorsprudelt." Von Varnato sagt Ludwig Bcunberger in der „Nation": Das sei der Mann, der zahllose Millionen in Afrika gemacht habe; er heiße eigentlich Bcrnay oder Bernays und sei ein früherer kleiner Händler aus London, der später Schau¬ spieler gewesen sei, und führt dann fort: „Im Augenblick residirt Barnato im Hotel Bristol in Paris, wo die gekrönten Humpler abzusteigen Pflegen, und wo er mehr als mancher Gesalbte des Herrn jetzt die Großen des Landes empfängt und sich gnädig von Journalisten und vornehmen und galanten Damen, beides nicht selten in einer Person, interviewen läßt. Bei diesen Empfängen erscheint er angethan mit einem rosaseidnen Schlafrock und ent¬ sprechenden Hosen. Die Zeitungen von New Uork, London und Paris füllen ihre Spalten mit Schilderungen seiner Person und seinen weitumfassenden Grenzboten II 1808 7»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/633>, abgerufen am 23.07.2024.