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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland
5859 bis 1866

n der schon sehr umfänglichen und noch immer mehr anschwel¬
lenden Litteratur über die Erneuerung des Deutschen Reichs
nimmt das Werk von Heinrich Friedjung eine hervorragende Stelle
ein.*) Es ist ein österreichisches Seitenstück zu Sybel. Der Ver¬
fasser ist ein liberaler Deutsch-Österreicher, seinem Berufe nach
Journalist, der noch an die Zukunft seines Staates und an die Zukunft seines
Volkstums in diesem Staate glaubt und in der Darstellung des großen Kampfes
mit dem Herzen auf der Seite seines Vaterlandes steht. Daß er Österreicher
ist, zeigt sich schon in der Wahl des Titels. Denn ein Reichsdeutscher wird
in diesem Kampfe niemals nur einen Streit um die Vorherrschaft zwischen
Preußen und Österreich sehen; für ihn ist die Erringung der Vorherrschaft
Preußens nicht der Zweck selbst, sondern nur das Mittel zu einem höhern
Zweck, zur Reichsgründung, denn nicht darum handelte es sich dabei, ob Öster¬
reich oder Preußen diese vollziehen sollte, sondern ob sie überhaupt vollzogen
werden sollte; und vollzogen werden konnte sie niemals durch Österreich, nicht
nur weil das damalige Österreich dazu unfähig war, sondern weil Österreich
als solches dazu unfähig war. Auch Friedjung verkennt keineswegs, daß der
nationale Drang nach einer geschlossenen politischen Einheit den Kampf herbei¬
geführt hat, aber er hebt die nationale Bedeutung des Ergebnisses zu wenig
hervor, und er berichtet auch über die Ereignisse im übrigen Deutschland nicht
mit derselben Ausführlichkeit, wie über den Kampf der beiden Hauptgegner.



Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 185" bis 1866. Von
Heinrich Friedjung. Erster Band. Erste Auflage 1897, zweite Auflage 1898, mit 3 Karten.
Zweiter Band 1898, mit 6 Karten. Stuttgart, I. G. Cotta.
Grenzboten II 1808 70


Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland
5859 bis 1866

n der schon sehr umfänglichen und noch immer mehr anschwel¬
lenden Litteratur über die Erneuerung des Deutschen Reichs
nimmt das Werk von Heinrich Friedjung eine hervorragende Stelle
ein.*) Es ist ein österreichisches Seitenstück zu Sybel. Der Ver¬
fasser ist ein liberaler Deutsch-Österreicher, seinem Berufe nach
Journalist, der noch an die Zukunft seines Staates und an die Zukunft seines
Volkstums in diesem Staate glaubt und in der Darstellung des großen Kampfes
mit dem Herzen auf der Seite seines Vaterlandes steht. Daß er Österreicher
ist, zeigt sich schon in der Wahl des Titels. Denn ein Reichsdeutscher wird
in diesem Kampfe niemals nur einen Streit um die Vorherrschaft zwischen
Preußen und Österreich sehen; für ihn ist die Erringung der Vorherrschaft
Preußens nicht der Zweck selbst, sondern nur das Mittel zu einem höhern
Zweck, zur Reichsgründung, denn nicht darum handelte es sich dabei, ob Öster¬
reich oder Preußen diese vollziehen sollte, sondern ob sie überhaupt vollzogen
werden sollte; und vollzogen werden konnte sie niemals durch Österreich, nicht
nur weil das damalige Österreich dazu unfähig war, sondern weil Österreich
als solches dazu unfähig war. Auch Friedjung verkennt keineswegs, daß der
nationale Drang nach einer geschlossenen politischen Einheit den Kampf herbei¬
geführt hat, aber er hebt die nationale Bedeutung des Ergebnisses zu wenig
hervor, und er berichtet auch über die Ereignisse im übrigen Deutschland nicht
mit derselben Ausführlichkeit, wie über den Kampf der beiden Hauptgegner.



Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 185» bis 1866. Von
Heinrich Friedjung. Erster Band. Erste Auflage 1897, zweite Auflage 1898, mit 3 Karten.
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[0561] [Abbildung] Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 5859 bis 1866 n der schon sehr umfänglichen und noch immer mehr anschwel¬ lenden Litteratur über die Erneuerung des Deutschen Reichs nimmt das Werk von Heinrich Friedjung eine hervorragende Stelle ein.*) Es ist ein österreichisches Seitenstück zu Sybel. Der Ver¬ fasser ist ein liberaler Deutsch-Österreicher, seinem Berufe nach Journalist, der noch an die Zukunft seines Staates und an die Zukunft seines Volkstums in diesem Staate glaubt und in der Darstellung des großen Kampfes mit dem Herzen auf der Seite seines Vaterlandes steht. Daß er Österreicher ist, zeigt sich schon in der Wahl des Titels. Denn ein Reichsdeutscher wird in diesem Kampfe niemals nur einen Streit um die Vorherrschaft zwischen Preußen und Österreich sehen; für ihn ist die Erringung der Vorherrschaft Preußens nicht der Zweck selbst, sondern nur das Mittel zu einem höhern Zweck, zur Reichsgründung, denn nicht darum handelte es sich dabei, ob Öster¬ reich oder Preußen diese vollziehen sollte, sondern ob sie überhaupt vollzogen werden sollte; und vollzogen werden konnte sie niemals durch Österreich, nicht nur weil das damalige Österreich dazu unfähig war, sondern weil Österreich als solches dazu unfähig war. Auch Friedjung verkennt keineswegs, daß der nationale Drang nach einer geschlossenen politischen Einheit den Kampf herbei¬ geführt hat, aber er hebt die nationale Bedeutung des Ergebnisses zu wenig hervor, und er berichtet auch über die Ereignisse im übrigen Deutschland nicht mit derselben Ausführlichkeit, wie über den Kampf der beiden Hauptgegner. Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland 185» bis 1866. Von Heinrich Friedjung. Erster Band. Erste Auflage 1897, zweite Auflage 1898, mit 3 Karten. Zweiter Band 1898, mit 6 Karten. Stuttgart, I. G. Cotta. Grenzboten II 1808 70

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/561>, abgerufen am 27.12.2024.