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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Die Rechtskonsulentenfraqe

richters noch weiter überlassen bleibt, Wiukelkonsulenten das Auftreten vor
Gericht zu gestatten. Denn außer dieser Thätigkeit vor Gericht bleiben für die
Winkelkonsulenten noch eine Menge Geschäfte übrig, die sich durch eine pro-
zessuale Bestimmung nicht reguliren lassen; gerade in den Orten, wo die Amts¬
richter grundsätzlich keinem Winkelkonsulenten das Auftreten vor Gericht erlauben,
pflegt das Gewerbe in höchster Blüte zu stehen. Ob man die Konzessionen
verallgemeinern oder nur auf die bedeutendern Geschäfte beschränken soll, mag
dahingestellt bleiben. So viel aber ist sicher, daß § 35 der Gewerbeordnung
dadurch nicht berührt wird, ganz abgesehen davon, daß der Staat, wenn er
Personen zum Auftreten vor Gericht autorisire, diese Ermächtigung ihnen
auch muß entziehen können. Wenn man zwischen konzessionirten und nicht
konzessionirten Konsulenten unterscheidet, und die letztern alsdann allein als
Winkelkonsulenten erschienen, so ist die Frage, ob die konzessionirten nicht einer
Disziplin der Gerichte unterliegen müßten, und ob den ihr zugehörigen dann
die Ausübung des Gewerbebetriebs nur auf Grund eines geordneten Verfahrens
entzogen werden könnte.

Die erwähnte Bestimmung der Novelle ist möglicherweise der Ausgangspunkt
für eine zweckentsprechende Regulirung der Rechtskvnsulentenfrage. Während
nämlich die Zivilprozeßordnung bestimmt, daß die Nechtskonsulenten, denen
von der Justizverwaltung die Genehmigung zum Auftreten vor den Amts¬
gerichten erteilt wurde, von den Amtsrichtern nicht zurückgewiesen werden
können, veranlaßt sie zugleich die Justizverwaltung, bestimmte Borschriften für
diese Genehmigung aufzustellen. Im Anschluß an die Novelle hat jüngst
Schiffer*) die Einrichtung von Nechtskonsnlentenschulen vorgeschlagen, deren
erfolgreicher Besuch die Voraussetzung für die Zulassung als Parteivertreter
sein sollte. So nützlich solche Schulen auch wären, so erscheint deren Ein¬
richtung zur Zeit noch als verfrüht. Zunächst handelt es sich um die Bil¬
dung eines der Nechtsanwaltschaft nicht angehörenden Standes von Partei-
Vertretern für die Amtsgerichte. Hierfür hätten nun in erster Linie die
Nechtskonsulenten in Betracht zu kommen, die bisher zur Zufriedenheit des
Publikums vor den Amtsgerichten aufgetreten sind. Von ihnen noch den
Besuch einer Schule zu verlangen, wäre durchaus unbillig. Es könnte sich
also nur um den Nachwuchs handeln. Aber auch für diesen könnte der pflicht¬
mäßige Besuch solcher Schulen doch erst in späterer Zeit von Bedeutung sein,
da die zu deren Einrichtung nötigen Vorbereitungen nicht so rasch beendet und
manche Hindernisse noch zu überwinden sein dürften. Zuerst würde man diese
Vorbereitung mit privaten Mitteln durchführen müssen. Daraus folgt aber
noch nicht, daß der Staat nicht ein gewisses Maß von Kenntnissen als Vor¬
bedingung für die Zulassung als Nechtskonsuleut sollte verlangen können. Als



*) Die Nechtskonsulenten. Berlin, 18V7. Seite 3!) ff.
Die Rechtskonsulentenfraqe

richters noch weiter überlassen bleibt, Wiukelkonsulenten das Auftreten vor
Gericht zu gestatten. Denn außer dieser Thätigkeit vor Gericht bleiben für die
Winkelkonsulenten noch eine Menge Geschäfte übrig, die sich durch eine pro-
zessuale Bestimmung nicht reguliren lassen; gerade in den Orten, wo die Amts¬
richter grundsätzlich keinem Winkelkonsulenten das Auftreten vor Gericht erlauben,
pflegt das Gewerbe in höchster Blüte zu stehen. Ob man die Konzessionen
verallgemeinern oder nur auf die bedeutendern Geschäfte beschränken soll, mag
dahingestellt bleiben. So viel aber ist sicher, daß § 35 der Gewerbeordnung
dadurch nicht berührt wird, ganz abgesehen davon, daß der Staat, wenn er
Personen zum Auftreten vor Gericht autorisire, diese Ermächtigung ihnen
auch muß entziehen können. Wenn man zwischen konzessionirten und nicht
konzessionirten Konsulenten unterscheidet, und die letztern alsdann allein als
Winkelkonsulenten erschienen, so ist die Frage, ob die konzessionirten nicht einer
Disziplin der Gerichte unterliegen müßten, und ob den ihr zugehörigen dann
die Ausübung des Gewerbebetriebs nur auf Grund eines geordneten Verfahrens
entzogen werden könnte.

Die erwähnte Bestimmung der Novelle ist möglicherweise der Ausgangspunkt
für eine zweckentsprechende Regulirung der Rechtskvnsulentenfrage. Während
nämlich die Zivilprozeßordnung bestimmt, daß die Nechtskonsulenten, denen
von der Justizverwaltung die Genehmigung zum Auftreten vor den Amts¬
gerichten erteilt wurde, von den Amtsrichtern nicht zurückgewiesen werden
können, veranlaßt sie zugleich die Justizverwaltung, bestimmte Borschriften für
diese Genehmigung aufzustellen. Im Anschluß an die Novelle hat jüngst
Schiffer*) die Einrichtung von Nechtskonsnlentenschulen vorgeschlagen, deren
erfolgreicher Besuch die Voraussetzung für die Zulassung als Parteivertreter
sein sollte. So nützlich solche Schulen auch wären, so erscheint deren Ein¬
richtung zur Zeit noch als verfrüht. Zunächst handelt es sich um die Bil¬
dung eines der Nechtsanwaltschaft nicht angehörenden Standes von Partei-
Vertretern für die Amtsgerichte. Hierfür hätten nun in erster Linie die
Nechtskonsulenten in Betracht zu kommen, die bisher zur Zufriedenheit des
Publikums vor den Amtsgerichten aufgetreten sind. Von ihnen noch den
Besuch einer Schule zu verlangen, wäre durchaus unbillig. Es könnte sich
also nur um den Nachwuchs handeln. Aber auch für diesen könnte der pflicht¬
mäßige Besuch solcher Schulen doch erst in späterer Zeit von Bedeutung sein,
da die zu deren Einrichtung nötigen Vorbereitungen nicht so rasch beendet und
manche Hindernisse noch zu überwinden sein dürften. Zuerst würde man diese
Vorbereitung mit privaten Mitteln durchführen müssen. Daraus folgt aber
noch nicht, daß der Staat nicht ein gewisses Maß von Kenntnissen als Vor¬
bedingung für die Zulassung als Nechtskonsuleut sollte verlangen können. Als



*) Die Nechtskonsulenten. Berlin, 18V7. Seite 3!) ff.
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[0534] Die Rechtskonsulentenfraqe richters noch weiter überlassen bleibt, Wiukelkonsulenten das Auftreten vor Gericht zu gestatten. Denn außer dieser Thätigkeit vor Gericht bleiben für die Winkelkonsulenten noch eine Menge Geschäfte übrig, die sich durch eine pro- zessuale Bestimmung nicht reguliren lassen; gerade in den Orten, wo die Amts¬ richter grundsätzlich keinem Winkelkonsulenten das Auftreten vor Gericht erlauben, pflegt das Gewerbe in höchster Blüte zu stehen. Ob man die Konzessionen verallgemeinern oder nur auf die bedeutendern Geschäfte beschränken soll, mag dahingestellt bleiben. So viel aber ist sicher, daß § 35 der Gewerbeordnung dadurch nicht berührt wird, ganz abgesehen davon, daß der Staat, wenn er Personen zum Auftreten vor Gericht autorisire, diese Ermächtigung ihnen auch muß entziehen können. Wenn man zwischen konzessionirten und nicht konzessionirten Konsulenten unterscheidet, und die letztern alsdann allein als Winkelkonsulenten erschienen, so ist die Frage, ob die konzessionirten nicht einer Disziplin der Gerichte unterliegen müßten, und ob den ihr zugehörigen dann die Ausübung des Gewerbebetriebs nur auf Grund eines geordneten Verfahrens entzogen werden könnte. Die erwähnte Bestimmung der Novelle ist möglicherweise der Ausgangspunkt für eine zweckentsprechende Regulirung der Rechtskvnsulentenfrage. Während nämlich die Zivilprozeßordnung bestimmt, daß die Nechtskonsulenten, denen von der Justizverwaltung die Genehmigung zum Auftreten vor den Amts¬ gerichten erteilt wurde, von den Amtsrichtern nicht zurückgewiesen werden können, veranlaßt sie zugleich die Justizverwaltung, bestimmte Borschriften für diese Genehmigung aufzustellen. Im Anschluß an die Novelle hat jüngst Schiffer*) die Einrichtung von Nechtskonsnlentenschulen vorgeschlagen, deren erfolgreicher Besuch die Voraussetzung für die Zulassung als Parteivertreter sein sollte. So nützlich solche Schulen auch wären, so erscheint deren Ein¬ richtung zur Zeit noch als verfrüht. Zunächst handelt es sich um die Bil¬ dung eines der Nechtsanwaltschaft nicht angehörenden Standes von Partei- Vertretern für die Amtsgerichte. Hierfür hätten nun in erster Linie die Nechtskonsulenten in Betracht zu kommen, die bisher zur Zufriedenheit des Publikums vor den Amtsgerichten aufgetreten sind. Von ihnen noch den Besuch einer Schule zu verlangen, wäre durchaus unbillig. Es könnte sich also nur um den Nachwuchs handeln. Aber auch für diesen könnte der pflicht¬ mäßige Besuch solcher Schulen doch erst in späterer Zeit von Bedeutung sein, da die zu deren Einrichtung nötigen Vorbereitungen nicht so rasch beendet und manche Hindernisse noch zu überwinden sein dürften. Zuerst würde man diese Vorbereitung mit privaten Mitteln durchführen müssen. Daraus folgt aber noch nicht, daß der Staat nicht ein gewisses Maß von Kenntnissen als Vor¬ bedingung für die Zulassung als Nechtskonsuleut sollte verlangen können. Als *) Die Nechtskonsulenten. Berlin, 18V7. Seite 3!) ff.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/534>, abgerufen am 23.07.2024.