Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Die hannoverschen Nationalliberale" senza zu frühern Zeiten infolge intensiver Wirtschaft, Rübenbau, Viehzucht ganz Im verflossenen Jahre, als die Fortschritte des Bundes nicht mehr weg- Die hannoverschen Nationalliberale» senza zu frühern Zeiten infolge intensiver Wirtschaft, Rübenbau, Viehzucht ganz Im verflossenen Jahre, als die Fortschritte des Bundes nicht mehr weg- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0379" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/228015"/> <fw type="header" place="top"> Die hannoverschen Nationalliberale»</fw><lb/> <p xml:id="ID_1030" prev="#ID_1029"> senza zu frühern Zeiten infolge intensiver Wirtschaft, Rübenbau, Viehzucht ganz<lb/> erkleckliche Einkünfte aus ihrem Besitze ziehen. Nicht die Kleinbesitzer, nicht<lb/> die Leute, die auf dürftigem Boden sitzen, nicht die zufriedner Lüneburger und<lb/> Osnabrücker, sondern die Großbauern, die Ökonomen, die Gutsbesitzer in den<lb/> Marschen, im Hildesheimischen, an der Weser, am Nordrande des Harzes<lb/> wurden die leidenschaftlichsten Gefolgsmänner der agrarischen Obern, und sie<lb/> besonders, die bislang zumeist den Nntiomlliberalen Heeresfolge geleistet<lb/> hatten, traten als Wortführer für die Satzungen des Bundes kräftig ein. Nur<lb/> dem Antrage Kcmitz und der auf Einführung der Doppelwährung gerichteten Be¬<lb/> wegung Beifall zu zollen, konnten sich die hannoverschen Mitglieder anfangs<lb/> (1893) nicht entschließen, jetzt sind sie indes in großer Mehrzahl — dank dem<lb/> unermüdlichen Dr. Hahn und dessen Gehilfen — zu Anhängern auch dieser<lb/> Punkte bekehrt worden. Von der nationalliberalen Parteipresfe im Hanno¬<lb/> verschen wurde der Bund bei seiner Gründung und später, solange man meinte,<lb/> daß er an höchster Stelle mit dauernder Ungnade bedacht sei, heftig befehdet,<lb/> man bekämpfte alle oder doch die meisten Sätze seines Programms und warnte<lb/> »nablässig vor seinen Werbungen. Diese Taktik änderte sich erst, als man<lb/> — spät genug! — einsah, daß der Bund stärker und zäher war als die Re¬<lb/> gierung, geschweige denn als die Nationallibcralen selbst. In die Zeit vor<lb/> dieser Einsicht fielen die Konflikte der nationalliberalen Fraktion mit dem<lb/> Dr. Hahn, dem jetzigen rührigen Leiter des Bundes, die mit seinem Austritte<lb/> ans der Fraktion endeten. Seitdem war grimmige Feindschaft zwischen diesem<lb/> Agrarier und den nationalliberalen Führern. Mit aller Macht, mit allen<lb/> Waffen wurde seine Agitation für den Bund von der liberalen Provinzpresse<lb/> bekämpft, und man gab sich hier zeitweilig dem Glauben hin, den Feind<lb/> politisch vernichtet zu haben — ein schwerer Irrtum, der darlegte, wie sehr<lb/> man in den nationalliberalen Kreisen die Strömungen im eignen Lager und<lb/> die Energie und Umsicht des Gegners unterschätzte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1031" next="#ID_1032"> Im verflossenen Jahre, als die Fortschritte des Bundes nicht mehr weg-<lb/> disputirt werden konnten, machten die hannoverschen Leiter der Nationallibe¬<lb/> ralen den Versuch, sich mit dem Bunde für die künftigen Wahlen zu ver¬<lb/> binden; der Versuch scheiterte jedoch, da die ihrer Stärke sich bewußte Buudes-<lb/> leitung zu keinen wesentlichen Zugeständnissen geneigt und namentlich nicht<lb/> zu bewegen war, irgend einen Punkt ihres Programms zeitweilig in den<lb/> Hintergrund zu stelle». Eine Einigung auf Grund der echt nationalliberalcn<lb/> Kompromißvorschläge konnte vernünftigerweise umso weniger erwartet werden,<lb/> als die liberale hannoversche Presse, schlecht unterrichtet über die innern Ver¬<lb/> hältnisse des Bundes, jede Gelegenheit wahrnahm, um die Bundesleitung,<lb/> namentlich den Dr. Hahn, in den Augen der hannöverschen Anhänger des<lb/> Bundes zu diskreditiren, eine Taktik, die bei der einflußreichen Stellung,<lb/> die sich or. Hahn schon erobert hatte, von keinerlei Erfolg begleitet war.<lb/> Heute ist Dr. Hahn auf dem platten Lande Herr der Lage, der die matten</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0379]
Die hannoverschen Nationalliberale»
senza zu frühern Zeiten infolge intensiver Wirtschaft, Rübenbau, Viehzucht ganz
erkleckliche Einkünfte aus ihrem Besitze ziehen. Nicht die Kleinbesitzer, nicht
die Leute, die auf dürftigem Boden sitzen, nicht die zufriedner Lüneburger und
Osnabrücker, sondern die Großbauern, die Ökonomen, die Gutsbesitzer in den
Marschen, im Hildesheimischen, an der Weser, am Nordrande des Harzes
wurden die leidenschaftlichsten Gefolgsmänner der agrarischen Obern, und sie
besonders, die bislang zumeist den Nntiomlliberalen Heeresfolge geleistet
hatten, traten als Wortführer für die Satzungen des Bundes kräftig ein. Nur
dem Antrage Kcmitz und der auf Einführung der Doppelwährung gerichteten Be¬
wegung Beifall zu zollen, konnten sich die hannoverschen Mitglieder anfangs
(1893) nicht entschließen, jetzt sind sie indes in großer Mehrzahl — dank dem
unermüdlichen Dr. Hahn und dessen Gehilfen — zu Anhängern auch dieser
Punkte bekehrt worden. Von der nationalliberalen Parteipresfe im Hanno¬
verschen wurde der Bund bei seiner Gründung und später, solange man meinte,
daß er an höchster Stelle mit dauernder Ungnade bedacht sei, heftig befehdet,
man bekämpfte alle oder doch die meisten Sätze seines Programms und warnte
»nablässig vor seinen Werbungen. Diese Taktik änderte sich erst, als man
— spät genug! — einsah, daß der Bund stärker und zäher war als die Re¬
gierung, geschweige denn als die Nationallibcralen selbst. In die Zeit vor
dieser Einsicht fielen die Konflikte der nationalliberalen Fraktion mit dem
Dr. Hahn, dem jetzigen rührigen Leiter des Bundes, die mit seinem Austritte
ans der Fraktion endeten. Seitdem war grimmige Feindschaft zwischen diesem
Agrarier und den nationalliberalen Führern. Mit aller Macht, mit allen
Waffen wurde seine Agitation für den Bund von der liberalen Provinzpresse
bekämpft, und man gab sich hier zeitweilig dem Glauben hin, den Feind
politisch vernichtet zu haben — ein schwerer Irrtum, der darlegte, wie sehr
man in den nationalliberalen Kreisen die Strömungen im eignen Lager und
die Energie und Umsicht des Gegners unterschätzte.
Im verflossenen Jahre, als die Fortschritte des Bundes nicht mehr weg-
disputirt werden konnten, machten die hannoverschen Leiter der Nationallibe¬
ralen den Versuch, sich mit dem Bunde für die künftigen Wahlen zu ver¬
binden; der Versuch scheiterte jedoch, da die ihrer Stärke sich bewußte Buudes-
leitung zu keinen wesentlichen Zugeständnissen geneigt und namentlich nicht
zu bewegen war, irgend einen Punkt ihres Programms zeitweilig in den
Hintergrund zu stelle». Eine Einigung auf Grund der echt nationalliberalcn
Kompromißvorschläge konnte vernünftigerweise umso weniger erwartet werden,
als die liberale hannoversche Presse, schlecht unterrichtet über die innern Ver¬
hältnisse des Bundes, jede Gelegenheit wahrnahm, um die Bundesleitung,
namentlich den Dr. Hahn, in den Augen der hannöverschen Anhänger des
Bundes zu diskreditiren, eine Taktik, die bei der einflußreichen Stellung,
die sich or. Hahn schon erobert hatte, von keinerlei Erfolg begleitet war.
Heute ist Dr. Hahn auf dem platten Lande Herr der Lage, der die matten
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