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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.

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Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch

seine richtige Beleuchtung in den Z§ 1374 und 1375: "Der Mann hat das
eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten" und "nicht die Befugnis, über
eingebrachtes Gut ohne Zustimmung der Frau zu verfügen." Ebenso darf
man auch den 1383: "Der Mann erwirbt die Nutzungen des eingebrachten
Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange, wie ein Nießbraucher"
nie ohne den zweiten Absatz des § 1389 anführen: "Die Frau kann verlangen,
daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Be¬
streitung des eignen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömm¬
lingen zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf seine
sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet." Damit ist übrigens
ausgesprochen, daß dem Ehemanne auch insoweit die Früchte des eingebrachten
Gutes zufallen, als sie zum Unterhalt der Familie nicht erforderlich sind, mit
andern Worten, daß er Eigentümer der Ersparnisse des Fraueuguts wird, und
dieser Satz ist besonders heftig bekämpft worden. Es ist rückhaltlos zuzugeben,
daß er aus dem Begriffe der Familie nicht hergeleitet werden kann und un¬
billig ist, weil und soweit er ohne Grund und Gegenleistung dem Ehemann
einen reinen Gewinn zuführt. Die Sache ist aber nicht so schlimm, wie es
bei rein theoretischer Betrachtung scheinen könnte; man braucht sich nur zu
fragen, wie viel Ehen es im Deutschen Reiche giebt, bei denen die Frage der
Ersparnisse des Fraueuguts wirklich wichtig wird, und man wird ohne weiteres
einsehen, daß man es diesen wenigen Frauen ruhig überlassen kann, selbst
durch Ehevertrag sich einen Teil der Überschüsse zu retten, wenn sie es für nötig
halten. Die Gesamtheit hat an einer allgemeinen Vorschrift dieses Inhalts
um so weniger ein Interesse, als die Auseinandersetzung durchaus nicht so
einfach ist, wie es aussieht; denn überall, wo der Mann selbst auch ein Ein¬
kommen hat, taucht die Frage aus, von welchem Vermögen die Haushaltkosten be¬
stritten worden sind, und aus welchem die Überschüsse herrühren.

Die Frage hat aber noch eine andre Seite, und die ist bedeutend wichtiger.
Es ist ein wirkliches Verdienst der oben erwähnten Jastrowschen Schrift, daß
sie auf die Rechte hinweist, die die Frau an dem eignen Erwerbe des Mannes
hat. Man denke an Schillers Glocke:

Mag noch so sehr der Mann allein ins feindliche Leben hinausgestürmt sein,
kein Zweifel, daß solche Thätigkeit der Hausfrau einen Anteil an dem "er¬
listeten und errafften" Reichtum bedeutet, der sich zwar nicht in Zahlen aus-


Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch

seine richtige Beleuchtung in den Z§ 1374 und 1375: „Der Mann hat das
eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten" und „nicht die Befugnis, über
eingebrachtes Gut ohne Zustimmung der Frau zu verfügen." Ebenso darf
man auch den 1383: „Der Mann erwirbt die Nutzungen des eingebrachten
Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange, wie ein Nießbraucher"
nie ohne den zweiten Absatz des § 1389 anführen: „Die Frau kann verlangen,
daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Be¬
streitung des eignen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömm¬
lingen zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf seine
sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet." Damit ist übrigens
ausgesprochen, daß dem Ehemanne auch insoweit die Früchte des eingebrachten
Gutes zufallen, als sie zum Unterhalt der Familie nicht erforderlich sind, mit
andern Worten, daß er Eigentümer der Ersparnisse des Fraueuguts wird, und
dieser Satz ist besonders heftig bekämpft worden. Es ist rückhaltlos zuzugeben,
daß er aus dem Begriffe der Familie nicht hergeleitet werden kann und un¬
billig ist, weil und soweit er ohne Grund und Gegenleistung dem Ehemann
einen reinen Gewinn zuführt. Die Sache ist aber nicht so schlimm, wie es
bei rein theoretischer Betrachtung scheinen könnte; man braucht sich nur zu
fragen, wie viel Ehen es im Deutschen Reiche giebt, bei denen die Frage der
Ersparnisse des Fraueuguts wirklich wichtig wird, und man wird ohne weiteres
einsehen, daß man es diesen wenigen Frauen ruhig überlassen kann, selbst
durch Ehevertrag sich einen Teil der Überschüsse zu retten, wenn sie es für nötig
halten. Die Gesamtheit hat an einer allgemeinen Vorschrift dieses Inhalts
um so weniger ein Interesse, als die Auseinandersetzung durchaus nicht so
einfach ist, wie es aussieht; denn überall, wo der Mann selbst auch ein Ein¬
kommen hat, taucht die Frage aus, von welchem Vermögen die Haushaltkosten be¬
stritten worden sind, und aus welchem die Überschüsse herrühren.

Die Frage hat aber noch eine andre Seite, und die ist bedeutend wichtiger.
Es ist ein wirkliches Verdienst der oben erwähnten Jastrowschen Schrift, daß
sie auf die Rechte hinweist, die die Frau an dem eignen Erwerbe des Mannes
hat. Man denke an Schillers Glocke:

Mag noch so sehr der Mann allein ins feindliche Leben hinausgestürmt sein,
kein Zweifel, daß solche Thätigkeit der Hausfrau einen Anteil an dem „er¬
listeten und errafften" Reichtum bedeutet, der sich zwar nicht in Zahlen aus-


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[0277] Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch seine richtige Beleuchtung in den Z§ 1374 und 1375: „Der Mann hat das eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten" und „nicht die Befugnis, über eingebrachtes Gut ohne Zustimmung der Frau zu verfügen." Ebenso darf man auch den 1383: „Der Mann erwirbt die Nutzungen des eingebrachten Gutes in derselben Weise und in demselben Umfange, wie ein Nießbraucher" nie ohne den zweiten Absatz des § 1389 anführen: „Die Frau kann verlangen, daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur Be¬ streitung des eignen und des der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömm¬ lingen zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf seine sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet." Damit ist übrigens ausgesprochen, daß dem Ehemanne auch insoweit die Früchte des eingebrachten Gutes zufallen, als sie zum Unterhalt der Familie nicht erforderlich sind, mit andern Worten, daß er Eigentümer der Ersparnisse des Fraueuguts wird, und dieser Satz ist besonders heftig bekämpft worden. Es ist rückhaltlos zuzugeben, daß er aus dem Begriffe der Familie nicht hergeleitet werden kann und un¬ billig ist, weil und soweit er ohne Grund und Gegenleistung dem Ehemann einen reinen Gewinn zuführt. Die Sache ist aber nicht so schlimm, wie es bei rein theoretischer Betrachtung scheinen könnte; man braucht sich nur zu fragen, wie viel Ehen es im Deutschen Reiche giebt, bei denen die Frage der Ersparnisse des Fraueuguts wirklich wichtig wird, und man wird ohne weiteres einsehen, daß man es diesen wenigen Frauen ruhig überlassen kann, selbst durch Ehevertrag sich einen Teil der Überschüsse zu retten, wenn sie es für nötig halten. Die Gesamtheit hat an einer allgemeinen Vorschrift dieses Inhalts um so weniger ein Interesse, als die Auseinandersetzung durchaus nicht so einfach ist, wie es aussieht; denn überall, wo der Mann selbst auch ein Ein¬ kommen hat, taucht die Frage aus, von welchem Vermögen die Haushaltkosten be¬ stritten worden sind, und aus welchem die Überschüsse herrühren. Die Frage hat aber noch eine andre Seite, und die ist bedeutend wichtiger. Es ist ein wirkliches Verdienst der oben erwähnten Jastrowschen Schrift, daß sie auf die Rechte hinweist, die die Frau an dem eignen Erwerbe des Mannes hat. Man denke an Schillers Glocke: Mag noch so sehr der Mann allein ins feindliche Leben hinausgestürmt sein, kein Zweifel, daß solche Thätigkeit der Hausfrau einen Anteil an dem „er¬ listeten und errafften" Reichtum bedeutet, der sich zwar nicht in Zahlen aus-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_227635/277>, abgerufen am 23.07.2024.