Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch Die Frage des ehelichen Güterrechts ist bekanntlich eine der wenigen, die Die Redeschlacht selbst stand in dem Zeichen der Frauenbewegung, deren So verschieden die Vertreter dieser Anträge nach Partei und sonstiger Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch Die Frage des ehelichen Güterrechts ist bekanntlich eine der wenigen, die Die Redeschlacht selbst stand in dem Zeichen der Frauenbewegung, deren So verschieden die Vertreter dieser Anträge nach Partei und sonstiger <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0213" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227849"/> <fw type="header" place="top"> Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch</fw><lb/> <p xml:id="ID_568"> Die Frage des ehelichen Güterrechts ist bekanntlich eine der wenigen, die<lb/> auch im Reichstag ausführlich erörtert worden sind; daß die Verhandlungen<lb/> das tiefere Verständnis der Sache besonders gefördert hätten, wird man freilich<lb/> kaum behaupten können; immerhin bieten sie des lehrreichen genug — weniger<lb/> durch das, was gesagt worden ist, als durch das, was man in den langen<lb/> Reden vergeblich sucht. Der Entwurf hatte in dem oben angeführten, in der<lb/> Reichstagskommission vergeblich bekämpften Z 1363 die Verwaltungsgemein¬<lb/> schaft als die wichtigste und verbreitetste der geltenden Güterrechtsformen vor¬<lb/> geschlagen und wurde so zum Gesetz erhoben; die Mehrheit des Reichstags<lb/> stellte sich dabei, wie das Schlußwort des Berichterstatters der Kommission<lb/> ergiebt, auf den etwas nüchternen Standpunkt, daß eine durchgreifende Ver¬<lb/> änderung des ehelichen Güterrechts einen solchen Riß in die Rechtsentwicklung<lb/> und für den größten Teil des Deutschen Reichs so gewaltige Unbequemlich¬<lb/> keiten bringen würde, daß die dafür geltend gemachten Gründe nicht aus¬<lb/> reichten.</p><lb/> <p xml:id="ID_569"> Die Redeschlacht selbst stand in dem Zeichen der Frauenbewegung, deren<lb/> Bestrebungen unter den Abgeordneten aller Parteien beredte und offenbar über¬<lb/> zeugte Fürsprecher fanden, von dem Freiherrn von Stumm-Halberg, den Ab¬<lb/> geordneten von Kardorff. Prinzen zu Schönaich-Carolath, Rickert, Träger und<lb/> Conrad bis zu Frohne und Vebel; der Kampf drehte sich insbesondre um<lb/> 5; 1354, den die Sozialdemokraten durch die Herrschaft des Geldsacks ersetzen<lb/> wollten („bei Meinungsverschiedenheiten um den ehelichen Aufwand entscheidet<lb/> derjenige Teil, aus dessen Vermögen die Ehelasten zum größten Teil bestritten<lb/> werden"), und um das eheliche Güterrecht, dessen Beseitigung der Freiherr<lb/> von Stumm und die Sozialdemokraten in zwei gesonderten Antrügen erstrebten;<lb/> die Sozialdemokraten mit der spöttischen Entschuldigung, daß sie sich um ein<lb/> Recht kümmerten, das eigentlich nur die besitzenden Frauen der Gesellschaft<lb/> etwas anginge; die Gerechtigkeit für alle sei aber die oberste Aufgabe wie des<lb/> Staats so auch jedes einzelnen Menschen und also auch der sozialdemokratischen<lb/> Redner. Daß mit der beantragten Einführung gesetzlicher Gütertrennung ein<lb/> eigentliches eheliches Güterrecht überhaupt beseitigt und aufgehoben werden<lb/> würde, ist klar; denn es würde darnach gesetzlich der Abschluß einer Ehe auf<lb/> das Vermögensrecht überhaupt keinen Einfluß mehr äußern. Daß die Frau<lb/> dem Manne zur Bestreitung des gemeinschaftlichen Aufwandes einen an¬<lb/> gemessenen Beitrag zu leisten hat, oder daß durch freien Vertrag eine ver¬<lb/> mögensrechtliche Wirkung der Eheschließung verabredet werden kann, ist nichts<lb/> der Ehe eigentümliches; zwei Schwestern oder zwei Freunde, die sich auf<lb/> längere oder kürzere Zeit zu gemeinschaftlichem Leben zusammenthun, würden<lb/> ebenso häufig zu gleichen oder ähnlichen Verabredungen gelangen.</p><lb/> <p xml:id="ID_570" next="#ID_571"> So verschieden die Vertreter dieser Anträge nach Partei und sonstiger<lb/> Stellung waren, so sehr war ihre Beweisführung auf ein und denselben Ton</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0213]
Das Recht der Frau nach dem bürgerlichen Gesetzbuch
Die Frage des ehelichen Güterrechts ist bekanntlich eine der wenigen, die
auch im Reichstag ausführlich erörtert worden sind; daß die Verhandlungen
das tiefere Verständnis der Sache besonders gefördert hätten, wird man freilich
kaum behaupten können; immerhin bieten sie des lehrreichen genug — weniger
durch das, was gesagt worden ist, als durch das, was man in den langen
Reden vergeblich sucht. Der Entwurf hatte in dem oben angeführten, in der
Reichstagskommission vergeblich bekämpften Z 1363 die Verwaltungsgemein¬
schaft als die wichtigste und verbreitetste der geltenden Güterrechtsformen vor¬
geschlagen und wurde so zum Gesetz erhoben; die Mehrheit des Reichstags
stellte sich dabei, wie das Schlußwort des Berichterstatters der Kommission
ergiebt, auf den etwas nüchternen Standpunkt, daß eine durchgreifende Ver¬
änderung des ehelichen Güterrechts einen solchen Riß in die Rechtsentwicklung
und für den größten Teil des Deutschen Reichs so gewaltige Unbequemlich¬
keiten bringen würde, daß die dafür geltend gemachten Gründe nicht aus¬
reichten.
Die Redeschlacht selbst stand in dem Zeichen der Frauenbewegung, deren
Bestrebungen unter den Abgeordneten aller Parteien beredte und offenbar über¬
zeugte Fürsprecher fanden, von dem Freiherrn von Stumm-Halberg, den Ab¬
geordneten von Kardorff. Prinzen zu Schönaich-Carolath, Rickert, Träger und
Conrad bis zu Frohne und Vebel; der Kampf drehte sich insbesondre um
5; 1354, den die Sozialdemokraten durch die Herrschaft des Geldsacks ersetzen
wollten („bei Meinungsverschiedenheiten um den ehelichen Aufwand entscheidet
derjenige Teil, aus dessen Vermögen die Ehelasten zum größten Teil bestritten
werden"), und um das eheliche Güterrecht, dessen Beseitigung der Freiherr
von Stumm und die Sozialdemokraten in zwei gesonderten Antrügen erstrebten;
die Sozialdemokraten mit der spöttischen Entschuldigung, daß sie sich um ein
Recht kümmerten, das eigentlich nur die besitzenden Frauen der Gesellschaft
etwas anginge; die Gerechtigkeit für alle sei aber die oberste Aufgabe wie des
Staats so auch jedes einzelnen Menschen und also auch der sozialdemokratischen
Redner. Daß mit der beantragten Einführung gesetzlicher Gütertrennung ein
eigentliches eheliches Güterrecht überhaupt beseitigt und aufgehoben werden
würde, ist klar; denn es würde darnach gesetzlich der Abschluß einer Ehe auf
das Vermögensrecht überhaupt keinen Einfluß mehr äußern. Daß die Frau
dem Manne zur Bestreitung des gemeinschaftlichen Aufwandes einen an¬
gemessenen Beitrag zu leisten hat, oder daß durch freien Vertrag eine ver¬
mögensrechtliche Wirkung der Eheschließung verabredet werden kann, ist nichts
der Ehe eigentümliches; zwei Schwestern oder zwei Freunde, die sich auf
längere oder kürzere Zeit zu gemeinschaftlichem Leben zusammenthun, würden
ebenso häufig zu gleichen oder ähnlichen Verabredungen gelangen.
So verschieden die Vertreter dieser Anträge nach Partei und sonstiger
Stellung waren, so sehr war ihre Beweisführung auf ein und denselben Ton
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