Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Zweites Vierteljahr.Zum Doppeljubiläum Uönig Alberts Überzeugung ihre Pflicht forderte; von dem Augenblick an, wo sie Sachsen Was zunächst äußerlich verbunden worden, das verschmolz innerlich im Wie er dann als König eine der festesten Stützen des Reichs geworden Zum Doppeljubiläum Uönig Alberts Überzeugung ihre Pflicht forderte; von dem Augenblick an, wo sie Sachsen Was zunächst äußerlich verbunden worden, das verschmolz innerlich im Wie er dann als König eine der festesten Stützen des Reichs geworden <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227747"/> <fw type="header" place="top"> Zum Doppeljubiläum Uönig Alberts</fw><lb/> <p xml:id="ID_275" prev="#ID_274"> Überzeugung ihre Pflicht forderte; von dem Augenblick an, wo sie Sachsen<lb/> dem neuen Norddeutschen Bundesstaate einfügten, waren sie ebenso ehrliche<lb/> Bundesgenossen Preußens, wie sie vorher seine Gegner gewesen waren.<lb/> Pünktlich wurde vor allem unter den Augen des Kronprinzen die Neugestaltung<lb/> des nunmehrigen zwölften Armeekorps durchgeführt, und schon am 9. Sep¬<lb/> tember 1868 konnte König Johann seine Truppen dem erlauchten Bundes¬<lb/> feldherrn König Wilhelm von Preußen vorführen, der ihnen fortan als Chef<lb/> des zweiten Grenadierregiments Ur. 101 angehörte.</p><lb/> <p xml:id="ID_276"> Was zunächst äußerlich verbunden worden, das verschmolz innerlich im<lb/> Feuer der Schlachten, als sich Frankreich nochmals erdreistete, der deutscheu<lb/> Entwicklung Halt zu gebieten. Inmitten einer ungeheuern begeisterten Er¬<lb/> regung, die alles unwiderstehlich mit sich fortriß, bestieg Kronprinz Albert<lb/> am 29. Juli 1870 auf dem Leipziger Bahnhöfe in Dresden den Zug, der<lb/> ihn nach Mainz ins Hauptquartier seines Armeekorps führte. Der tiefe Ernst<lb/> in seinen Zügen bewies denen, die dem scheidenden Feldherrn bewegten Herzens<lb/> den Abschiedsgruß brachten^ wie schwer das Gefühl einer großen Verantwort¬<lb/> lichkeit auf ihm lastete. Welch ein Eindruck daher, als nun rasch Sieg auf<lb/> Sieg folgte, als der Kronprinz bei Se. Privat die Entscheidung gab, und als<lb/> er dann, an die Spitze einer neugebildeten Armee gestellt, den Siegeszug über<lb/> Sedan nach Paris antrat! In diesen schweren Wochen und Monaten schloß<lb/> sich das feste Vertrauensverhältnis zwischen dem Kronprinzen Albert und dem<lb/> König Wilhelm, und der Kronprinz erwarb Moltkes gewichtiges Lob, er sei<lb/> der einzige Prinz, der zu gehorchen verstehe. Als nun die frohe Zeit der<lb/> Erfüllung kam, da war er am 18. Januar 1871 mit unter der stolzen Schar<lb/> der deutschen Fürsten, die den König Wilhelm als Kaiser begrüßten, er ritt<lb/> am 16. Juni unter den Führern selbständiger Armeen den siegreichen Truppen<lb/> voran in der Reichshauptstadt ein und hielt am 11. Juli, den Marschallsstab<lb/> in der Rechten, den ihm des Kaisers Majestät verliehen, seinen Siegeseinzug<lb/> in Dresden. Welch eine wahrhaft versöhnende Fügung in dem allen lag,<lb/> bedarf keiner Worte. Es war mehr als eine gewöhnliche Auszeichnung, wenn<lb/> ihm der Kaiser nach dem Kriege die erste Armeeinspektion über drei ostdeutsche<lb/> Armeekorps, das erste, fünfte und sechste übertrug; es war der Ausdruck<lb/> unbedingten Vertrauens in seine glänzend erprobte militärische Befähigung.</p><lb/> <p xml:id="ID_277" next="#ID_278"> Wie er dann als König eine der festesten Stützen des Reichs geworden<lb/> ist, das weiß die Welt. Er war es auch, der nach dem erschütternden Trauerspiel<lb/> der neunundneunzig Tage, als Deutschland binnen drei Monaten zwei Kaiser<lb/> verloren hatte, sagte: „Wenn das Ausland meint, das Reich sei erschüttert, so<lb/> irrt es sich; niemals ist unser Zusammenhang fester gewesen"; er war es, der die<lb/> Veranlassung gab, daß sich alle Fürsten des Reichs um den jungen Kaiser<lb/> scharten, als dieser am 25. Juni 1888 zum erstenmale den Reichstag eröffnete!<lb/> Seitdem hat er keine Gelegenheit vorübergehe» lassen, ohne seine Treue zu</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0111]
Zum Doppeljubiläum Uönig Alberts
Überzeugung ihre Pflicht forderte; von dem Augenblick an, wo sie Sachsen
dem neuen Norddeutschen Bundesstaate einfügten, waren sie ebenso ehrliche
Bundesgenossen Preußens, wie sie vorher seine Gegner gewesen waren.
Pünktlich wurde vor allem unter den Augen des Kronprinzen die Neugestaltung
des nunmehrigen zwölften Armeekorps durchgeführt, und schon am 9. Sep¬
tember 1868 konnte König Johann seine Truppen dem erlauchten Bundes¬
feldherrn König Wilhelm von Preußen vorführen, der ihnen fortan als Chef
des zweiten Grenadierregiments Ur. 101 angehörte.
Was zunächst äußerlich verbunden worden, das verschmolz innerlich im
Feuer der Schlachten, als sich Frankreich nochmals erdreistete, der deutscheu
Entwicklung Halt zu gebieten. Inmitten einer ungeheuern begeisterten Er¬
regung, die alles unwiderstehlich mit sich fortriß, bestieg Kronprinz Albert
am 29. Juli 1870 auf dem Leipziger Bahnhöfe in Dresden den Zug, der
ihn nach Mainz ins Hauptquartier seines Armeekorps führte. Der tiefe Ernst
in seinen Zügen bewies denen, die dem scheidenden Feldherrn bewegten Herzens
den Abschiedsgruß brachten^ wie schwer das Gefühl einer großen Verantwort¬
lichkeit auf ihm lastete. Welch ein Eindruck daher, als nun rasch Sieg auf
Sieg folgte, als der Kronprinz bei Se. Privat die Entscheidung gab, und als
er dann, an die Spitze einer neugebildeten Armee gestellt, den Siegeszug über
Sedan nach Paris antrat! In diesen schweren Wochen und Monaten schloß
sich das feste Vertrauensverhältnis zwischen dem Kronprinzen Albert und dem
König Wilhelm, und der Kronprinz erwarb Moltkes gewichtiges Lob, er sei
der einzige Prinz, der zu gehorchen verstehe. Als nun die frohe Zeit der
Erfüllung kam, da war er am 18. Januar 1871 mit unter der stolzen Schar
der deutschen Fürsten, die den König Wilhelm als Kaiser begrüßten, er ritt
am 16. Juni unter den Führern selbständiger Armeen den siegreichen Truppen
voran in der Reichshauptstadt ein und hielt am 11. Juli, den Marschallsstab
in der Rechten, den ihm des Kaisers Majestät verliehen, seinen Siegeseinzug
in Dresden. Welch eine wahrhaft versöhnende Fügung in dem allen lag,
bedarf keiner Worte. Es war mehr als eine gewöhnliche Auszeichnung, wenn
ihm der Kaiser nach dem Kriege die erste Armeeinspektion über drei ostdeutsche
Armeekorps, das erste, fünfte und sechste übertrug; es war der Ausdruck
unbedingten Vertrauens in seine glänzend erprobte militärische Befähigung.
Wie er dann als König eine der festesten Stützen des Reichs geworden
ist, das weiß die Welt. Er war es auch, der nach dem erschütternden Trauerspiel
der neunundneunzig Tage, als Deutschland binnen drei Monaten zwei Kaiser
verloren hatte, sagte: „Wenn das Ausland meint, das Reich sei erschüttert, so
irrt es sich; niemals ist unser Zusammenhang fester gewesen"; er war es, der die
Veranlassung gab, daß sich alle Fürsten des Reichs um den jungen Kaiser
scharten, als dieser am 25. Juni 1888 zum erstenmale den Reichstag eröffnete!
Seitdem hat er keine Gelegenheit vorübergehe» lassen, ohne seine Treue zu
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