Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H8 oder jedes Gefühl für Groß und Klein beiseite lassen, wenn dieses, man möchte Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H8 oder jedes Gefühl für Groß und Klein beiseite lassen, wenn dieses, man möchte <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0633" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227535"/> <fw type="header" place="top"> Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H8</fw><lb/> <p xml:id="ID_2311" prev="#ID_2310" next="#ID_2312"> oder jedes Gefühl für Groß und Klein beiseite lassen, wenn dieses, man möchte<lb/> sagen, prouozirende Vergleichen Hannovers mit Preußen nach seinem Sinne<lb/> wäre, das ihm überall in deu größten und in den kleinsten Dingen entgegen¬<lb/> tritt, von der ausgeführten politischen Parallele an bis herab zu der an¬<lb/> deutenden Anspielung auf Zufälligkeiten oder persönliche Züge. Das alte Erb¬<lb/> recht eines Herrscherhauses, das schon die Herzogskrone trug, als aller andern<lb/> deutschen Fürsten Vorfahren noch einfache Grafen und Markgrafen waren, der<lb/> zähe, harte Sinn der niedersächsischen Bevölkerung und die wenigstens über<lb/> die Spitzen der Gesellschaft leicht hingcstrichne englische selbstznsriedne Eleganz,<lb/> das alles ist ja gewiß wertvoll als Besitz und als Grundlage und Voraus¬<lb/> setzung zu weiteren Erwerb. Aber zu allerletzt fragt doch die wirkliche Ge¬<lb/> schichte weniger nach Stammbäumen und historischen Ansprüchen als nach<lb/> Thatsachen und nach geleisteter Arbeit, nach Erfolgen. Wollte man nnn hier<lb/> an der Hand des Verfassers das Spezifische des einen Teils zu ermitteln<lb/> suchen, um dann zu einem ernsthaften, strengen Vergleiche zu kommen, so<lb/> würde man etwa folgendes sagen: Das Hannover, das er uns schildert, hat<lb/> ausgezeichnete Beamte, namentlich hervorragende Juristen, ferner gute Offiziere<lb/> und vortreffliche Pferde gehabt. Schutzes bezauberte Rose aber (an die wir<lb/> in jedem Buche eines Hannoveraners mindestens einmal erinnert werden) ist<lb/> nicht nur eine an sich bescheidne, sondern vor allem auch eine ganz einsame,<lb/> alleinstehende Blume gewesen. Preußen andrerseits hat nicht nur die an¬<lb/> maßenden und annexionslustigen Staatsmänner hervorgebracht und die prahle¬<lb/> rischer und gesucht schneidigen Offiziere, die den durch ihre vornehmen Um¬<lb/> gangsformen vor andern ausgezeichneten hannoverschen so unsympathisch waren<lb/> (S. 187), sondern es hat auch mittlerweile so viel höhere geistige und künstle¬<lb/> rische Kultur in sich gesammelt, daß es dem übrigen Norddeutschland davon<lb/> mitteilen kann und muß. Die geistigen Kräfte des ehemaligen Hannovers endlich<lb/> sind auch in Preußen zur Geltung gekommen, wofür man nnr an einige der<lb/> bedeutendsten Namen zu erinnern braucht: Leonhardt. Windthorst, Planck,<lb/> Bennigsen, Miquel, Bödeker, Graf Münster — und wenn des Verfassers<lb/> Kameraden nicht 1866 scharenweise nach Sachsen gegangen wären, so würde<lb/> auch dieses von ihm so treffend gezeichnete Ofsizierselement, in dem sich<lb/> niedersächsische Tüchtigkeit mit englischem Schliff verband, innerhalb des<lb/> Preußischen Heerwesens zu größerm Einfluß gekommen sein. An einer Stelle<lb/> bemerkt der Versasser, der Hannoveraner wisse, daß alles veränderlich gewesen<lb/> sei außer der Dhuastie. „Deshalb hat auch keine Fremdherrschaft die Über¬<lb/> zeugung von einer demnächstigen Restauration des legitimen Herrscherhauses<lb/> je zu erschüttern vermocht, und bis auf den heutigen Tag hat sich der zähe,<lb/> harte Sinn der Niedersachsen wohl beugen, aber nicht brechen lassen." Ähn¬<lb/> liche Andeutungen finden sich öfter. In der Vorrede heißt es: „Jedenfalls<lb/> wird der Leser ersehen, daß ich mich bestrebt habe, unbeirrt durch Partei-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0633]
Lrnst August von Hannover und das Jahr ^3H8
oder jedes Gefühl für Groß und Klein beiseite lassen, wenn dieses, man möchte
sagen, prouozirende Vergleichen Hannovers mit Preußen nach seinem Sinne
wäre, das ihm überall in deu größten und in den kleinsten Dingen entgegen¬
tritt, von der ausgeführten politischen Parallele an bis herab zu der an¬
deutenden Anspielung auf Zufälligkeiten oder persönliche Züge. Das alte Erb¬
recht eines Herrscherhauses, das schon die Herzogskrone trug, als aller andern
deutschen Fürsten Vorfahren noch einfache Grafen und Markgrafen waren, der
zähe, harte Sinn der niedersächsischen Bevölkerung und die wenigstens über
die Spitzen der Gesellschaft leicht hingcstrichne englische selbstznsriedne Eleganz,
das alles ist ja gewiß wertvoll als Besitz und als Grundlage und Voraus¬
setzung zu weiteren Erwerb. Aber zu allerletzt fragt doch die wirkliche Ge¬
schichte weniger nach Stammbäumen und historischen Ansprüchen als nach
Thatsachen und nach geleisteter Arbeit, nach Erfolgen. Wollte man nnn hier
an der Hand des Verfassers das Spezifische des einen Teils zu ermitteln
suchen, um dann zu einem ernsthaften, strengen Vergleiche zu kommen, so
würde man etwa folgendes sagen: Das Hannover, das er uns schildert, hat
ausgezeichnete Beamte, namentlich hervorragende Juristen, ferner gute Offiziere
und vortreffliche Pferde gehabt. Schutzes bezauberte Rose aber (an die wir
in jedem Buche eines Hannoveraners mindestens einmal erinnert werden) ist
nicht nur eine an sich bescheidne, sondern vor allem auch eine ganz einsame,
alleinstehende Blume gewesen. Preußen andrerseits hat nicht nur die an¬
maßenden und annexionslustigen Staatsmänner hervorgebracht und die prahle¬
rischer und gesucht schneidigen Offiziere, die den durch ihre vornehmen Um¬
gangsformen vor andern ausgezeichneten hannoverschen so unsympathisch waren
(S. 187), sondern es hat auch mittlerweile so viel höhere geistige und künstle¬
rische Kultur in sich gesammelt, daß es dem übrigen Norddeutschland davon
mitteilen kann und muß. Die geistigen Kräfte des ehemaligen Hannovers endlich
sind auch in Preußen zur Geltung gekommen, wofür man nnr an einige der
bedeutendsten Namen zu erinnern braucht: Leonhardt. Windthorst, Planck,
Bennigsen, Miquel, Bödeker, Graf Münster — und wenn des Verfassers
Kameraden nicht 1866 scharenweise nach Sachsen gegangen wären, so würde
auch dieses von ihm so treffend gezeichnete Ofsizierselement, in dem sich
niedersächsische Tüchtigkeit mit englischem Schliff verband, innerhalb des
Preußischen Heerwesens zu größerm Einfluß gekommen sein. An einer Stelle
bemerkt der Versasser, der Hannoveraner wisse, daß alles veränderlich gewesen
sei außer der Dhuastie. „Deshalb hat auch keine Fremdherrschaft die Über¬
zeugung von einer demnächstigen Restauration des legitimen Herrscherhauses
je zu erschüttern vermocht, und bis auf den heutigen Tag hat sich der zähe,
harte Sinn der Niedersachsen wohl beugen, aber nicht brechen lassen." Ähn¬
liche Andeutungen finden sich öfter. In der Vorrede heißt es: „Jedenfalls
wird der Leser ersehen, daß ich mich bestrebt habe, unbeirrt durch Partei-
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