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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Leo Taxil und der Kongreß von Trient im Jahre ^8H6

der Freimaurer, im Jahre 1891 gestorben, und sein Nachfolger Mantey erhielt
in Lemmi durch Wahl im Palast Borghese zu Rom einen Gegenpapst, dem
sich dann Mantey unterwarf. Dieser gefälschte Freimaurerpapst wurde nun
auf Grund gefälschter Dokumente dem Publikum als gerichtlich bestrafter Dieb
denunzirt. Er habe dann in dem neuen Freimaurertempel, dem Palast
Borghese, einen förmlichen Satansdienst eingerichtet mit Sataushymuen und
allen möglichen Entweihungen der christlichen, d. h. der katholischen Heilig¬
tümer und Gebräuche, mit satanischem ^.vo und Zulpe, mit obseöneu Orgien usw.
Alles dies wurde im Namen des vom Papst erlassenen Ausrufs gegen die
Freimaurer erzählt. Und wieder fanden diese Enthüllungen den größten
Anklang, wieder wurden sie nicht nur geglaubt, sondern von der Presse ge¬
priesen, vom Bischof Fava von Grenoble, von den Bischöfen von Anneey,
Paniers, Montauban, Oran, Tarentesia, dem Erzbischof von Aix und dem
Patriarchen von Jerusalem gelobt. Der in Feldkirch erscheinende "Pelikan"
erklärte, er halte den Tenfelsknlt der Loge für wahr, weil die gescheitesten
Leute daran glaubten, so der Papst, der Kardinal Parvadi, der Bischof Fava,
der "berühmte Kenner der Freimaurer," und das aus lauter Gelehrten unter
dem Präsidenten de Rive in Paris bestehende Komitee zur Enthüllung der
Freimaurerei.

Eine hervorragende Figur in den Mystifikationen Taxils ist die nord¬
amerikanische Miß Diana Vaughan. Sie stammt von Thomas, einem Buhlen
des Teufels, ab und hat daher Satansblut in ihren Adern. Von ihren Vor¬
fahren werden in den Schriften Taxils die phantastischsten Dinge erzählt,
wobei sowohl Lucifer als Venus-Astarte, Socinus und die Rosenkreuzer wunder¬
bare Thaten verrichtet haben sollen. Sie wurde ganz lneiferisch erzogen,
machte dann eine wunderreiche Befreiung von Malcakh, dem Engel Rafael der
Christen, durch, von dem sie besessen war, und erhielt 1884 die Würde eines
Meisters der Palladisten. In einer Sitzung dieser Loge erschien Asmodeus,
der vierzehn Millionen Geister kommandirt. Er legte vor das Bcivhvmet
(Satanscmblem) einen Löwenschwanz, den er dem Engel Markus abgeschnitten
hatte. Dieser Löwenschwanz spazierte durch die Luft, legte sich der Miß um
den Hals, gab ihr einen Kuß und verfügte sich dann wieder in seinen Koffer
zurück, wo er eingeschlossen war. Am Tage der unbefleckte" Empfängnis,
1884, erschien der Teufel Vitru bei dem Freimaurerpapst Pike, zu dem Miß
Vaughan auf ihren Reisen gekommen war, und offenbarte, daß Astarte die
Maria überwinden werde, was denn auch bald geschah, indem Maria von
Astarte mit einem Dreizack durchbohrt wurde. Im Palladismus findet Miß
Vaughan eine Gegnerin in der Sophie Wälder, die sie nicht überwinden kann,
weshalb sie sich bekehrt und nun die Geheimnisse des Freimaurerordens ent¬
hüllt. Vor allem enthüllt sie, daß Sophie Wälder die Urgroßmutter des Anti¬
christs sei. Sophie Wälder sei als Protestantin in Straßbnrg geboren und


Grenzboten I 7S
Leo Taxil und der Kongreß von Trient im Jahre ^8H6

der Freimaurer, im Jahre 1891 gestorben, und sein Nachfolger Mantey erhielt
in Lemmi durch Wahl im Palast Borghese zu Rom einen Gegenpapst, dem
sich dann Mantey unterwarf. Dieser gefälschte Freimaurerpapst wurde nun
auf Grund gefälschter Dokumente dem Publikum als gerichtlich bestrafter Dieb
denunzirt. Er habe dann in dem neuen Freimaurertempel, dem Palast
Borghese, einen förmlichen Satansdienst eingerichtet mit Sataushymuen und
allen möglichen Entweihungen der christlichen, d. h. der katholischen Heilig¬
tümer und Gebräuche, mit satanischem ^.vo und Zulpe, mit obseöneu Orgien usw.
Alles dies wurde im Namen des vom Papst erlassenen Ausrufs gegen die
Freimaurer erzählt. Und wieder fanden diese Enthüllungen den größten
Anklang, wieder wurden sie nicht nur geglaubt, sondern von der Presse ge¬
priesen, vom Bischof Fava von Grenoble, von den Bischöfen von Anneey,
Paniers, Montauban, Oran, Tarentesia, dem Erzbischof von Aix und dem
Patriarchen von Jerusalem gelobt. Der in Feldkirch erscheinende „Pelikan"
erklärte, er halte den Tenfelsknlt der Loge für wahr, weil die gescheitesten
Leute daran glaubten, so der Papst, der Kardinal Parvadi, der Bischof Fava,
der „berühmte Kenner der Freimaurer," und das aus lauter Gelehrten unter
dem Präsidenten de Rive in Paris bestehende Komitee zur Enthüllung der
Freimaurerei.

Eine hervorragende Figur in den Mystifikationen Taxils ist die nord¬
amerikanische Miß Diana Vaughan. Sie stammt von Thomas, einem Buhlen
des Teufels, ab und hat daher Satansblut in ihren Adern. Von ihren Vor¬
fahren werden in den Schriften Taxils die phantastischsten Dinge erzählt,
wobei sowohl Lucifer als Venus-Astarte, Socinus und die Rosenkreuzer wunder¬
bare Thaten verrichtet haben sollen. Sie wurde ganz lneiferisch erzogen,
machte dann eine wunderreiche Befreiung von Malcakh, dem Engel Rafael der
Christen, durch, von dem sie besessen war, und erhielt 1884 die Würde eines
Meisters der Palladisten. In einer Sitzung dieser Loge erschien Asmodeus,
der vierzehn Millionen Geister kommandirt. Er legte vor das Bcivhvmet
(Satanscmblem) einen Löwenschwanz, den er dem Engel Markus abgeschnitten
hatte. Dieser Löwenschwanz spazierte durch die Luft, legte sich der Miß um
den Hals, gab ihr einen Kuß und verfügte sich dann wieder in seinen Koffer
zurück, wo er eingeschlossen war. Am Tage der unbefleckte» Empfängnis,
1884, erschien der Teufel Vitru bei dem Freimaurerpapst Pike, zu dem Miß
Vaughan auf ihren Reisen gekommen war, und offenbarte, daß Astarte die
Maria überwinden werde, was denn auch bald geschah, indem Maria von
Astarte mit einem Dreizack durchbohrt wurde. Im Palladismus findet Miß
Vaughan eine Gegnerin in der Sophie Wälder, die sie nicht überwinden kann,
weshalb sie sich bekehrt und nun die Geheimnisse des Freimaurerordens ent¬
hüllt. Vor allem enthüllt sie, daß Sophie Wälder die Urgroßmutter des Anti¬
christs sei. Sophie Wälder sei als Protestantin in Straßbnrg geboren und


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/597>, abgerufen am 09.01.2025.