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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Leo TarN und der Aongreß von Trient im Jahre ^8<M

Freimaurern zuschob. Und die deutsche katholische Presse folgte, von der Ger¬
mania an, dem Organ des eifrigsten Taxilknappen Pater Gruber, bis auf gewisse
historisch-politische Blätter mit Herrn Majnnke und das Heer der Kleinen herab,
der Führung Taxils gegen den Protestantismus, Wenn sich auch nicht alle
hinreißen ließen zu solchem Hexentanz, wie Gruber und seinesgleichen, so
scheint doch der Verfasser des Buches, dem wir hier folgen,^) nicht weit von
dem richtigen Urteil zu sein, wenn er behauptet: "alle katholischen Blätter
wußten sich in treuer Gefolgschaft der päpstlichen Eueyklika von 1884 und be¬
trachteten Leo Taxil als ihren Fahnenträger beim Kreuzzuge gegen das in den
Logen verkörperte Satansreich."

Die Geschäfte mit dem vierbändigen Enthülluugswerk über die Freimaurer
gingen so gut, daß Taxil das Unternehmen ausdehnte, indem er sich mit
einem Manne von ähnlicher Gesinnung und Phantasie verband, dem Rhein¬
länder und Schwager des Verlegers der Kölnischen Volkszeitung, Dr. Karl Hacks,
der unter dem Namen Dr. Bataille dem Unternehmen neuen Ruhm brachte. Von
1892 bis 1894 erschien in Lieferungen der "Teufel im neunzehnten Jahrhundert,"
zwei Bände von 1924 Seiten. Hacks hielt sich darin um den vom Papst in
der Encyklika von 1884 festgestellten Dualismus, das päpstliche Gottesreich
und das Satansreich, und machte zu Trägerinnen der beiden feindlichen
Prinzipien zwei Weibergestalten, Miß Vaughan und Sophie Wälder. "Ohne
festen Zusammenhang ziehen Tenfelsbeschwörungen und Verzauberungen,
Komplotte und Meuchelmorde. Hostieudurchbohrungeu und Ausschweifungen,
Politische Intriguen und katholische Religionsübungen an unsern Augen vorüber.
Der Kriegsruf des Papstes zum Kampf gegen den Höllenfürsten wird nach
allen Richtungen und in den wunderlichsten Variationen persistirt, und unter
den tiefsten Bücklingen vor der päpstlichen Unfehlbarkeit verfallen die Lehre"
und Gebräuche der katholischen Kirche dnrch massive Anpreisung der Lächer¬
lichkeit."

"Alles das -- sagte Hacks selber spater im Jahre 1896 -- war der
reine Schwindel. Als die gegen die Freimaurer als Verbündete Satans ge¬
richtete Eneyklika HuuiWuin Zorns erschien, kam ich auf den Gedanken, daß
dies ein richtiger Stoff sei, um aus der bekannten Leichtgläubigkeit und uner¬
gründlichen Dummheit der Katholiken Geld zu schlagen. Die Katholiken ver¬
schlangen das Ganze ohne jede Schwierigkeit. Die Einfalt dieser Leute ist so
groß, daß, wenn ich ihnen heute sagte, ich Hütte sie nnr zum besten gehalten,
sie sich weigern würden, mir das zu glauben. Manchmal, wenn ich eine
""glaubhafte Geschichte aufs Tapet brachte, sagten mir meine Mitarbeiter,
denen vor Lachen die Thränen in den Augen standen: Teuerster, Sie gehen zu
weit! Sie verderben uns den ganzen Spaß! Ich antwortete ihnen: Pah! Lassen



Leo XI!!, und der SntnnÄult, von !>>', I, NieV. Berlin, H, Walther, 1897.
Leo TarN und der Aongreß von Trient im Jahre ^8<M

Freimaurern zuschob. Und die deutsche katholische Presse folgte, von der Ger¬
mania an, dem Organ des eifrigsten Taxilknappen Pater Gruber, bis auf gewisse
historisch-politische Blätter mit Herrn Majnnke und das Heer der Kleinen herab,
der Führung Taxils gegen den Protestantismus, Wenn sich auch nicht alle
hinreißen ließen zu solchem Hexentanz, wie Gruber und seinesgleichen, so
scheint doch der Verfasser des Buches, dem wir hier folgen,^) nicht weit von
dem richtigen Urteil zu sein, wenn er behauptet: „alle katholischen Blätter
wußten sich in treuer Gefolgschaft der päpstlichen Eueyklika von 1884 und be¬
trachteten Leo Taxil als ihren Fahnenträger beim Kreuzzuge gegen das in den
Logen verkörperte Satansreich."

Die Geschäfte mit dem vierbändigen Enthülluugswerk über die Freimaurer
gingen so gut, daß Taxil das Unternehmen ausdehnte, indem er sich mit
einem Manne von ähnlicher Gesinnung und Phantasie verband, dem Rhein¬
länder und Schwager des Verlegers der Kölnischen Volkszeitung, Dr. Karl Hacks,
der unter dem Namen Dr. Bataille dem Unternehmen neuen Ruhm brachte. Von
1892 bis 1894 erschien in Lieferungen der „Teufel im neunzehnten Jahrhundert,"
zwei Bände von 1924 Seiten. Hacks hielt sich darin um den vom Papst in
der Encyklika von 1884 festgestellten Dualismus, das päpstliche Gottesreich
und das Satansreich, und machte zu Trägerinnen der beiden feindlichen
Prinzipien zwei Weibergestalten, Miß Vaughan und Sophie Wälder. „Ohne
festen Zusammenhang ziehen Tenfelsbeschwörungen und Verzauberungen,
Komplotte und Meuchelmorde. Hostieudurchbohrungeu und Ausschweifungen,
Politische Intriguen und katholische Religionsübungen an unsern Augen vorüber.
Der Kriegsruf des Papstes zum Kampf gegen den Höllenfürsten wird nach
allen Richtungen und in den wunderlichsten Variationen persistirt, und unter
den tiefsten Bücklingen vor der päpstlichen Unfehlbarkeit verfallen die Lehre»
und Gebräuche der katholischen Kirche dnrch massive Anpreisung der Lächer¬
lichkeit."

„Alles das — sagte Hacks selber spater im Jahre 1896 — war der
reine Schwindel. Als die gegen die Freimaurer als Verbündete Satans ge¬
richtete Eneyklika HuuiWuin Zorns erschien, kam ich auf den Gedanken, daß
dies ein richtiger Stoff sei, um aus der bekannten Leichtgläubigkeit und uner¬
gründlichen Dummheit der Katholiken Geld zu schlagen. Die Katholiken ver¬
schlangen das Ganze ohne jede Schwierigkeit. Die Einfalt dieser Leute ist so
groß, daß, wenn ich ihnen heute sagte, ich Hütte sie nnr zum besten gehalten,
sie sich weigern würden, mir das zu glauben. Manchmal, wenn ich eine
»»glaubhafte Geschichte aufs Tapet brachte, sagten mir meine Mitarbeiter,
denen vor Lachen die Thränen in den Augen standen: Teuerster, Sie gehen zu
weit! Sie verderben uns den ganzen Spaß! Ich antwortete ihnen: Pah! Lassen



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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/595>, abgerufen am 09.01.2025.