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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865

gestrebt, den Hafen durch Blockade und andre Mittel zu schließen. Der Versuch
im Dezember 1861 und Januar 1862, die Einfahrt durch Versenken vieler
mit Steinen belasteter Schiffe zu sperren, hatte bei der starken Strömung nicht
den gewünschten Erfolg gehabt und war außerdem in Europa, besonders in
England, sehr mißfällig beurteilt worden. Bei der weiten Ausdehnung der
Befestigungsanlagen fanden die schnellen Blockadebrecher früh Schutz unter den
Kanonen der Forts. Die Verteidigungsmittel Charlestons waren im Laufe der
jahrelangen Blockiruug und infolge der häufigen Angriffe mehr verstärkt worden,
als an irgend einem andern Punkte der Küste. Die Hauptforts, Sünder,
Moultrie, Beciuregard und Wagner, vier kleinere Forts und gegen zwanzig
Batterien führten im ganzen 150 ant aufgestellte Geschütze, von denen 76 wegen
ihrer Durchschlagskraft sogar den Panzerschiffen der Nordstaaten gefährlich
waren. Die Sperren aus Ballen, Pfählen, besonders aber die aus Netzen
und Tauwerk hinderten das Vorbeilaufen an den Forts. Hunderte von Minen
mit elektrischer und Kvntaktzündung waren als Sperren oder vereinzelt im
Hafen und auch davor verteilt. Als neues Verteidigungsmittel traten die
Spierentorpcdo- und Unterwasferboote hinzu. Auch wurden mit unzulänglichen
Hilfsmitteln Panzerschiffe gebaut, von denen zwei am 31. Januar 1863 einen
erfolgreichen Ausfall machten und mehrere Blockadeschiffe außer Gefecht setzten.

Dieser Ausfall zwang den Leiter der Blockade, Admiral Dupont, Monitors
und das neue Panzerschiff New Jronsides heranzuziehen, und bewog die nord¬
staatliche Negierung zum Befehl, nunmehr mit ernsten Angriffen gegen Charleston
vorzugehen. Indes hier versagte die Flotte. Während man somit bei den
meisten Kämpfen der Flotte im Küstenkriege ein entschiednes und erfolgreiches
Handeln rühmen kann, hat vor dem starken und mutig verteidigten Charleston
die Marine ihr Ziel nicht erreicht. Am 6. Juli löste der Admiral Dahlgreen
den Admiral Dupont ab. Beide haben mehrfach angegriffen, konnten aber bei
aller Tapferkeit und Zähigkeit der Schiffsbesatzungen nicht in den Hafen ein¬
dringen, obgleich seit April 1863 Landtruppen unter den Generalen Hunter
und Gillmore ihre Angriffe gegen die äußern Seeforts unterstützten. Das
rücksichtslose Daransetzen von Material und Personal, das wir an Faragut"
bewundern, fehlte aber vor Charleston. Faragut erreichte sein Ziel öfters mit
großen Opfern; vor Charleston waren die Verluste im Verlaufe der Zeit be¬
deutend größer, aber nnr wenig wurde erreicht. Die Forts waren zu Ruinen
zusammengeschossen, die Verpflegung der Truppen war kaum noch ausreichend,
das Leben zu fristen, und dennoch hielt sich Charleston gegen den sich immer
mehr verstärkenden Feind, der es immer enger umspannte, aber nicht wagte,
sich durch Aufräumen der Sperren und der ihm so unheimlichen Minen den
Weg zum innern Hafen zu öffnen. Doch die Entscheidung des Bürgerkrieges
stand bevor; General Sherman nahte mit einem Heere Charleston von der
Landseite, und als die Schiffe am Morgen des 18. Februar 1865 in üblicher


Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865

gestrebt, den Hafen durch Blockade und andre Mittel zu schließen. Der Versuch
im Dezember 1861 und Januar 1862, die Einfahrt durch Versenken vieler
mit Steinen belasteter Schiffe zu sperren, hatte bei der starken Strömung nicht
den gewünschten Erfolg gehabt und war außerdem in Europa, besonders in
England, sehr mißfällig beurteilt worden. Bei der weiten Ausdehnung der
Befestigungsanlagen fanden die schnellen Blockadebrecher früh Schutz unter den
Kanonen der Forts. Die Verteidigungsmittel Charlestons waren im Laufe der
jahrelangen Blockiruug und infolge der häufigen Angriffe mehr verstärkt worden,
als an irgend einem andern Punkte der Küste. Die Hauptforts, Sünder,
Moultrie, Beciuregard und Wagner, vier kleinere Forts und gegen zwanzig
Batterien führten im ganzen 150 ant aufgestellte Geschütze, von denen 76 wegen
ihrer Durchschlagskraft sogar den Panzerschiffen der Nordstaaten gefährlich
waren. Die Sperren aus Ballen, Pfählen, besonders aber die aus Netzen
und Tauwerk hinderten das Vorbeilaufen an den Forts. Hunderte von Minen
mit elektrischer und Kvntaktzündung waren als Sperren oder vereinzelt im
Hafen und auch davor verteilt. Als neues Verteidigungsmittel traten die
Spierentorpcdo- und Unterwasferboote hinzu. Auch wurden mit unzulänglichen
Hilfsmitteln Panzerschiffe gebaut, von denen zwei am 31. Januar 1863 einen
erfolgreichen Ausfall machten und mehrere Blockadeschiffe außer Gefecht setzten.

Dieser Ausfall zwang den Leiter der Blockade, Admiral Dupont, Monitors
und das neue Panzerschiff New Jronsides heranzuziehen, und bewog die nord¬
staatliche Negierung zum Befehl, nunmehr mit ernsten Angriffen gegen Charleston
vorzugehen. Indes hier versagte die Flotte. Während man somit bei den
meisten Kämpfen der Flotte im Küstenkriege ein entschiednes und erfolgreiches
Handeln rühmen kann, hat vor dem starken und mutig verteidigten Charleston
die Marine ihr Ziel nicht erreicht. Am 6. Juli löste der Admiral Dahlgreen
den Admiral Dupont ab. Beide haben mehrfach angegriffen, konnten aber bei
aller Tapferkeit und Zähigkeit der Schiffsbesatzungen nicht in den Hafen ein¬
dringen, obgleich seit April 1863 Landtruppen unter den Generalen Hunter
und Gillmore ihre Angriffe gegen die äußern Seeforts unterstützten. Das
rücksichtslose Daransetzen von Material und Personal, das wir an Faragut"
bewundern, fehlte aber vor Charleston. Faragut erreichte sein Ziel öfters mit
großen Opfern; vor Charleston waren die Verluste im Verlaufe der Zeit be¬
deutend größer, aber nnr wenig wurde erreicht. Die Forts waren zu Ruinen
zusammengeschossen, die Verpflegung der Truppen war kaum noch ausreichend,
das Leben zu fristen, und dennoch hielt sich Charleston gegen den sich immer
mehr verstärkenden Feind, der es immer enger umspannte, aber nicht wagte,
sich durch Aufräumen der Sperren und der ihm so unheimlichen Minen den
Weg zum innern Hafen zu öffnen. Doch die Entscheidung des Bürgerkrieges
stand bevor; General Sherman nahte mit einem Heere Charleston von der
Landseite, und als die Schiffe am Morgen des 18. Februar 1865 in üblicher


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[0472] Marineerfahrungen aus dem Sezessionskriege ^86^ bis ^865 gestrebt, den Hafen durch Blockade und andre Mittel zu schließen. Der Versuch im Dezember 1861 und Januar 1862, die Einfahrt durch Versenken vieler mit Steinen belasteter Schiffe zu sperren, hatte bei der starken Strömung nicht den gewünschten Erfolg gehabt und war außerdem in Europa, besonders in England, sehr mißfällig beurteilt worden. Bei der weiten Ausdehnung der Befestigungsanlagen fanden die schnellen Blockadebrecher früh Schutz unter den Kanonen der Forts. Die Verteidigungsmittel Charlestons waren im Laufe der jahrelangen Blockiruug und infolge der häufigen Angriffe mehr verstärkt worden, als an irgend einem andern Punkte der Küste. Die Hauptforts, Sünder, Moultrie, Beciuregard und Wagner, vier kleinere Forts und gegen zwanzig Batterien führten im ganzen 150 ant aufgestellte Geschütze, von denen 76 wegen ihrer Durchschlagskraft sogar den Panzerschiffen der Nordstaaten gefährlich waren. Die Sperren aus Ballen, Pfählen, besonders aber die aus Netzen und Tauwerk hinderten das Vorbeilaufen an den Forts. Hunderte von Minen mit elektrischer und Kvntaktzündung waren als Sperren oder vereinzelt im Hafen und auch davor verteilt. Als neues Verteidigungsmittel traten die Spierentorpcdo- und Unterwasferboote hinzu. Auch wurden mit unzulänglichen Hilfsmitteln Panzerschiffe gebaut, von denen zwei am 31. Januar 1863 einen erfolgreichen Ausfall machten und mehrere Blockadeschiffe außer Gefecht setzten. Dieser Ausfall zwang den Leiter der Blockade, Admiral Dupont, Monitors und das neue Panzerschiff New Jronsides heranzuziehen, und bewog die nord¬ staatliche Negierung zum Befehl, nunmehr mit ernsten Angriffen gegen Charleston vorzugehen. Indes hier versagte die Flotte. Während man somit bei den meisten Kämpfen der Flotte im Küstenkriege ein entschiednes und erfolgreiches Handeln rühmen kann, hat vor dem starken und mutig verteidigten Charleston die Marine ihr Ziel nicht erreicht. Am 6. Juli löste der Admiral Dahlgreen den Admiral Dupont ab. Beide haben mehrfach angegriffen, konnten aber bei aller Tapferkeit und Zähigkeit der Schiffsbesatzungen nicht in den Hafen ein¬ dringen, obgleich seit April 1863 Landtruppen unter den Generalen Hunter und Gillmore ihre Angriffe gegen die äußern Seeforts unterstützten. Das rücksichtslose Daransetzen von Material und Personal, das wir an Faragut" bewundern, fehlte aber vor Charleston. Faragut erreichte sein Ziel öfters mit großen Opfern; vor Charleston waren die Verluste im Verlaufe der Zeit be¬ deutend größer, aber nnr wenig wurde erreicht. Die Forts waren zu Ruinen zusammengeschossen, die Verpflegung der Truppen war kaum noch ausreichend, das Leben zu fristen, und dennoch hielt sich Charleston gegen den sich immer mehr verstärkenden Feind, der es immer enger umspannte, aber nicht wagte, sich durch Aufräumen der Sperren und der ihm so unheimlichen Minen den Weg zum innern Hafen zu öffnen. Doch die Entscheidung des Bürgerkrieges stand bevor; General Sherman nahte mit einem Heere Charleston von der Landseite, und als die Schiffe am Morgen des 18. Februar 1865 in üblicher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/472>, abgerufen am 09.01.2025.