Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.Madlene halt doch ka Wien. Heringegen thäten wir beide schon eher zusammen passen. Du Eiserner Geldschrank? Ganz gut; denn ich kenn die Welt! Aber ein Vexir¬ Der Türkendres schlug mit der Faust auf den Tisch. Nit möglich! Er sprang Geschmeichelt drehte sich der Schlesinger um nach seinem offnen Birro und Faxen! Mir ein Leichtes! Der Türkendres probirte es so und so, und wieder anders: er war aber Hätt nit gedacht, daß mir der Schlesinger über wär, sagte er und reichte mit Ich kenn die Welt! Und nun gieb acht! Dreimal rechts, zweimal links, einmal Da sprang das Kästchen heraus, daß die Geieraugeu des Türkendresen die Possen das! Es liegt mir sehr an, ein Wort mit der Mndlene zu reden. Wird ohn sein, im obern Stühle. Hol sie herunter, wollns fertig nachu! Dabei hatte der Türkendres den Schlesinger bis an die Thür bugsirt. Der Elastisch wie eine Katze, die funkelnden Auge" auf das Schlüsselchen gerichtet, Madlene halt doch ka Wien. Heringegen thäten wir beide schon eher zusammen passen. Du Eiserner Geldschrank? Ganz gut; denn ich kenn die Welt! Aber ein Vexir¬ Der Türkendres schlug mit der Faust auf den Tisch. Nit möglich! Er sprang Geschmeichelt drehte sich der Schlesinger um nach seinem offnen Birro und Faxen! Mir ein Leichtes! Der Türkendres probirte es so und so, und wieder anders: er war aber Hätt nit gedacht, daß mir der Schlesinger über wär, sagte er und reichte mit Ich kenn die Welt! Und nun gieb acht! Dreimal rechts, zweimal links, einmal Da sprang das Kästchen heraus, daß die Geieraugeu des Türkendresen die Possen das! Es liegt mir sehr an, ein Wort mit der Mndlene zu reden. Wird ohn sein, im obern Stühle. Hol sie herunter, wollns fertig nachu! Dabei hatte der Türkendres den Schlesinger bis an die Thür bugsirt. Der Elastisch wie eine Katze, die funkelnden Auge» auf das Schlüsselchen gerichtet, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0395" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/227297"/> <fw type="header" place="top"> Madlene</fw><lb/> <p xml:id="ID_1395" prev="#ID_1394"> halt doch ka Wien. Heringegen thäten wir beide schon eher zusammen passen. Du<lb/> bist auch ein intelganter Kerl. Wenn wir Kompanie machten, sollt das Birro bald<lb/> schwerer werden. Aber da könnt man sich schon helfen. Wir ließen ein Vexirschloß<lb/> anbringen. Später würden wir freilich einen eisernen Geldschrank haben müssen.<lb/> In Wien hab ich dergleichen gesehn. Die wirds in Schlesien noch nit ge¬<lb/> gebn huhu.</p><lb/> <p xml:id="ID_1396"> Eiserner Geldschrank? Ganz gut; denn ich kenn die Welt! Aber ein Vexir¬<lb/> schloß habn wir schon.</p><lb/> <p xml:id="ID_1397"> Der Türkendres schlug mit der Faust auf den Tisch. Nit möglich! 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Es war nur ein Augenblick, aber der scharfe Beobachter<lb/> wußte gerade genug. Als hatte er kaum Notiz davon genommen, wie mit dick<lb/> wichtigern Gedanken beschäftigt, erfaßte er den Schlesinger am Arm, drehte ihn<lb/> von seinem Birro ub und redete mit schwacher Stimme, aber eifrig in ihn hinein.</p><lb/> <p xml:id="ID_1404"> Possen das! Es liegt mir sehr an, ein Wort mit der Mndlene zu reden.<lb/> Wir sind nun einmal in einander verschnmerirt; alle Leut reden davon. Dem<lb/> Trödel muß ein End gemacht werden. Ein Mann wie ich! Nun, du kennst das.<lb/> Und wir müssen es zum eisernen Geldschrank mit einander bring. Da steh ich<lb/> davor! Ein intelganter Kerl wie du hat mir gefehlt bis als.to. Wo ist denn das<lb/> Mädel?</p><lb/> <p xml:id="ID_1405"> Wird ohn sein, im obern Stühle.</p><lb/> <p xml:id="ID_1406"> Hol sie herunter, wollns fertig nachu!</p><lb/> <p xml:id="ID_1407"> Dabei hatte der Türkendres den Schlesinger bis an die Thür bugsirt. Der<lb/> Große ging. 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Die Rollen hinter dem Vexir¬<lb/> schloß hielt er einstweilen für reif zur Ernte. Gerät die große Ernte, gehen sie<lb/> ohnedies mit. Und die muß geraten. Das dumme Mädchen muß nur erst erkannt<lb/> haben, daß sie den reichen Andreas Höpflein aus Wien zum Freiersmcinu hat, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0395]
Madlene
halt doch ka Wien. Heringegen thäten wir beide schon eher zusammen passen. Du
bist auch ein intelganter Kerl. Wenn wir Kompanie machten, sollt das Birro bald
schwerer werden. Aber da könnt man sich schon helfen. Wir ließen ein Vexirschloß
anbringen. Später würden wir freilich einen eisernen Geldschrank haben müssen.
In Wien hab ich dergleichen gesehn. Die wirds in Schlesien noch nit ge¬
gebn huhu.
Eiserner Geldschrank? Ganz gut; denn ich kenn die Welt! Aber ein Vexir¬
schloß habn wir schon.
Der Türkendres schlug mit der Faust auf den Tisch. Nit möglich! Er sprang
auf und schlug den Großen auf die Schulter. Du bist mein Mann! Ein intel¬
ganter Kerl, wie ich ihn brauchen kann!
Geschmeichelt drehte sich der Schlesinger um nach seinem offnen Birro und
zog von einem Fach ein Schlüsselchen ab. Da, Dreh! Dn warst ja in Wien;
schließ einmal ans!
Faxen! Mir ein Leichtes!
Der Türkendres probirte es so und so, und wieder anders: er war aber
nicht imstande, das Schloß zu öffnen.
Hätt nit gedacht, daß mir der Schlesinger über wär, sagte er und reichte mit
respektvoller Miene das Schlüsselchcn dem Großen.
Ich kenn die Welt! Und nun gieb acht! Dreimal rechts, zweimal links, einmal
rechts, dreimal links!
Da sprang das Kästchen heraus, daß die Geieraugeu des Türkendresen die
Thalerrvllen liegen sahen. Es war nur ein Augenblick, aber der scharfe Beobachter
wußte gerade genug. Als hatte er kaum Notiz davon genommen, wie mit dick
wichtigern Gedanken beschäftigt, erfaßte er den Schlesinger am Arm, drehte ihn
von seinem Birro ub und redete mit schwacher Stimme, aber eifrig in ihn hinein.
Possen das! Es liegt mir sehr an, ein Wort mit der Mndlene zu reden.
Wir sind nun einmal in einander verschnmerirt; alle Leut reden davon. Dem
Trödel muß ein End gemacht werden. Ein Mann wie ich! Nun, du kennst das.
Und wir müssen es zum eisernen Geldschrank mit einander bring. Da steh ich
davor! Ein intelganter Kerl wie du hat mir gefehlt bis als.to. Wo ist denn das
Mädel?
Wird ohn sein, im obern Stühle.
Hol sie herunter, wollns fertig nachu!
Dabei hatte der Türkendres den Schlesinger bis an die Thür bugsirt. Der
Große ging. Der Türkendres war allein, das Birro stand noch auf, und das
Vexirschlnsselchen steckte noch am Kasten.
Elastisch wie eine Katze, die funkelnden Auge» auf das Schlüsselchen gerichtet,
schoß der Türkendres nach dem Birro, zog das Vexirschlnsselchen ab und aus der
Tasche ein etuinrtiges Ding, das sich alsbald in seinen Hälften aus einander that.
Es umfaßte zuklappend das Schlüsselchen, und nach einem Druck ging es wieder
"us einander. Dann wurde das Schlüsselchen wieder an sein Vexirschloß gesteckt,
und das Wachsfntteral mit einem Abdruck verschwand in der Brusttasche des Türken¬
dresen. Das war alles sehr rasch gegangen. Der saubere Freicrsmann holte aus
einer andern Tasche eine Brieftafel und trug gewissenhaft ein: dreimal rechts,
zweimal links, einmal rechts, dreimal links. Nun saß er wieder ölmühlspielend am
Tisch mit gestreckten Beinen und baumelnden Arm. Die Rollen hinter dem Vexir¬
schloß hielt er einstweilen für reif zur Ernte. Gerät die große Ernte, gehen sie
ohnedies mit. Und die muß geraten. Das dumme Mädchen muß nur erst erkannt
haben, daß sie den reichen Andreas Höpflein aus Wien zum Freiersmcinu hat, der
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