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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr.

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Budgetrecht und Flottengesetz

Um mit den andern Mariner einigermaßen Schritt zu halten, werden wir nicht
warten können, bis die besten Schiffe festgestellt sind; wir werden auch banen müssen
und müssen damit zufrieden sein, wenn unsre Schiffe den besten des Augenblicks
gleichkommen. (Zustimmung.)

Ich möchte mir nur die Bitte noch erlauben, daß uns der Herr Vertreter
der Marineverwaltung sagen möchte, welche Schiffsbauten für das nächste Jahr in
Aussicht genommen sind. Eine spezielle Übersicht für den Schiffsbau ist diesmal
nicht wie im vorigen Jahre dem Etat beigefügt, und ich möchte fragen, ob darüber
uns jetzt eine Auskunft gegeben werden könnte.

Diese Anfrage spricht am deutlichsten für die Tragweite der Vollmacht,
die die Marineverwaltung durch das Gesetz vom 9. November 1867 zur Aus¬
führung des Flottengründungsplans erhalten hatte.

In der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. April 1869') stand
der Marineetat für 1870 auf der Tagesordnung. Vizeadmiral Jachmann
leitete die Besprechung mit der Bemerkung ein: "Der Marineetat für 1870
ist aufgestellt nach Maßgabe der Denkschrift von 1867." Zugleich kam ein
Gesetzentwurf wegen Abänderung des Anleihegesetzes vom 9. November 1867
in zweiter Lesung zur Beratung. Dieser lautete in seinem einzigen Para¬
graphen:

Der Betrag der zur Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben für die
Bundeskriegsmarine, sowie zu den Kosten der Küstenverteidigung erforderlichen
Geldmittel, welche nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. November 1367 durch eine
verzinsliche, nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Juni 1868 zu ver¬
waltende Anleihe zu beschaffen sind, wird auf siebzehn Millionen Thaler erhöht.

Der Abgeordnete Freiherr von Hoverbeck bemerkte zwar, daß seines Er-
achtens der Reichstag weder den Beruf, noch die Berechtigung habe, für lange
Jahre hinaus schon Gelder zur Disposition zu stellen, und also in diesem
Falle seinem etwaigen Nachfolger ein Recht zu vergeben. Der Reichstag ver¬
harrte jedoch auf dem im Jahre 1867 eingenommnen Standpunkt, und es
wurde das Anleihegesetz in dem vorangehenden Wortlaute abermals mit großer
Majorität angenommen und am 20. Mai 1869 publizirt.

Bemerkenswert sind noch einige Äußerungen des damaligen Vertreters
von Bremen, des Abgeordneten Meier, worin er gegenüber dem Abgeordneten
von Hoverbeck die Notwendigkeit eines für eine Reihe von Jahren bemessenen
Bauplanes betonte und die Entwicklung der Marine nicht dadurch gefährdet
wissen wollte, daß man in dem einen Jahre etwas bewillige und dessen Fort¬
setzung etwa im folgenden Jahre verweigere; er schloß mit folgendem Satze:

Die Verwaltung wird wohl nicht gerade nötig haben, sich genau an den da¬
maligen Plan zu halten, denn so wie die Schiffsbaukunst weiterschreitet, werden
sich da natürlich Modifikationen ergeben. Ich glaube aber, daß wir unsrerseits
uns das vergegenwärtigen und mindestens eine Summe, wie die hier in Aussicht



") S. 571 Annd I der Seen, Ber, dos Nordd, Reichstags von 18V9,
Budgetrecht und Flottengesetz

Um mit den andern Mariner einigermaßen Schritt zu halten, werden wir nicht
warten können, bis die besten Schiffe festgestellt sind; wir werden auch banen müssen
und müssen damit zufrieden sein, wenn unsre Schiffe den besten des Augenblicks
gleichkommen. (Zustimmung.)

Ich möchte mir nur die Bitte noch erlauben, daß uns der Herr Vertreter
der Marineverwaltung sagen möchte, welche Schiffsbauten für das nächste Jahr in
Aussicht genommen sind. Eine spezielle Übersicht für den Schiffsbau ist diesmal
nicht wie im vorigen Jahre dem Etat beigefügt, und ich möchte fragen, ob darüber
uns jetzt eine Auskunft gegeben werden könnte.

Diese Anfrage spricht am deutlichsten für die Tragweite der Vollmacht,
die die Marineverwaltung durch das Gesetz vom 9. November 1867 zur Aus¬
führung des Flottengründungsplans erhalten hatte.

In der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. April 1869') stand
der Marineetat für 1870 auf der Tagesordnung. Vizeadmiral Jachmann
leitete die Besprechung mit der Bemerkung ein: „Der Marineetat für 1870
ist aufgestellt nach Maßgabe der Denkschrift von 1867." Zugleich kam ein
Gesetzentwurf wegen Abänderung des Anleihegesetzes vom 9. November 1867
in zweiter Lesung zur Beratung. Dieser lautete in seinem einzigen Para¬
graphen:

Der Betrag der zur Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben für die
Bundeskriegsmarine, sowie zu den Kosten der Küstenverteidigung erforderlichen
Geldmittel, welche nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. November 1367 durch eine
verzinsliche, nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Juni 1868 zu ver¬
waltende Anleihe zu beschaffen sind, wird auf siebzehn Millionen Thaler erhöht.

Der Abgeordnete Freiherr von Hoverbeck bemerkte zwar, daß seines Er-
achtens der Reichstag weder den Beruf, noch die Berechtigung habe, für lange
Jahre hinaus schon Gelder zur Disposition zu stellen, und also in diesem
Falle seinem etwaigen Nachfolger ein Recht zu vergeben. Der Reichstag ver¬
harrte jedoch auf dem im Jahre 1867 eingenommnen Standpunkt, und es
wurde das Anleihegesetz in dem vorangehenden Wortlaute abermals mit großer
Majorität angenommen und am 20. Mai 1869 publizirt.

Bemerkenswert sind noch einige Äußerungen des damaligen Vertreters
von Bremen, des Abgeordneten Meier, worin er gegenüber dem Abgeordneten
von Hoverbeck die Notwendigkeit eines für eine Reihe von Jahren bemessenen
Bauplanes betonte und die Entwicklung der Marine nicht dadurch gefährdet
wissen wollte, daß man in dem einen Jahre etwas bewillige und dessen Fort¬
setzung etwa im folgenden Jahre verweigere; er schloß mit folgendem Satze:

Die Verwaltung wird wohl nicht gerade nötig haben, sich genau an den da¬
maligen Plan zu halten, denn so wie die Schiffsbaukunst weiterschreitet, werden
sich da natürlich Modifikationen ergeben. Ich glaube aber, daß wir unsrerseits
uns das vergegenwärtigen und mindestens eine Summe, wie die hier in Aussicht



") S. 571 Annd I der Seen, Ber, dos Nordd, Reichstags von 18V9,
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[0380] Budgetrecht und Flottengesetz Um mit den andern Mariner einigermaßen Schritt zu halten, werden wir nicht warten können, bis die besten Schiffe festgestellt sind; wir werden auch banen müssen und müssen damit zufrieden sein, wenn unsre Schiffe den besten des Augenblicks gleichkommen. (Zustimmung.) Ich möchte mir nur die Bitte noch erlauben, daß uns der Herr Vertreter der Marineverwaltung sagen möchte, welche Schiffsbauten für das nächste Jahr in Aussicht genommen sind. Eine spezielle Übersicht für den Schiffsbau ist diesmal nicht wie im vorigen Jahre dem Etat beigefügt, und ich möchte fragen, ob darüber uns jetzt eine Auskunft gegeben werden könnte. Diese Anfrage spricht am deutlichsten für die Tragweite der Vollmacht, die die Marineverwaltung durch das Gesetz vom 9. November 1867 zur Aus¬ führung des Flottengründungsplans erhalten hatte. In der Sitzung des Norddeutschen Reichstags vom 24. April 1869') stand der Marineetat für 1870 auf der Tagesordnung. Vizeadmiral Jachmann leitete die Besprechung mit der Bemerkung ein: „Der Marineetat für 1870 ist aufgestellt nach Maßgabe der Denkschrift von 1867." Zugleich kam ein Gesetzentwurf wegen Abänderung des Anleihegesetzes vom 9. November 1867 in zweiter Lesung zur Beratung. Dieser lautete in seinem einzigen Para¬ graphen: Der Betrag der zur Bestreitung der außerordentlichen Ausgaben für die Bundeskriegsmarine, sowie zu den Kosten der Küstenverteidigung erforderlichen Geldmittel, welche nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. November 1367 durch eine verzinsliche, nach den Bestimmungen des Gesetzes vom 19. Juni 1868 zu ver¬ waltende Anleihe zu beschaffen sind, wird auf siebzehn Millionen Thaler erhöht. Der Abgeordnete Freiherr von Hoverbeck bemerkte zwar, daß seines Er- achtens der Reichstag weder den Beruf, noch die Berechtigung habe, für lange Jahre hinaus schon Gelder zur Disposition zu stellen, und also in diesem Falle seinem etwaigen Nachfolger ein Recht zu vergeben. Der Reichstag ver¬ harrte jedoch auf dem im Jahre 1867 eingenommnen Standpunkt, und es wurde das Anleihegesetz in dem vorangehenden Wortlaute abermals mit großer Majorität angenommen und am 20. Mai 1869 publizirt. Bemerkenswert sind noch einige Äußerungen des damaligen Vertreters von Bremen, des Abgeordneten Meier, worin er gegenüber dem Abgeordneten von Hoverbeck die Notwendigkeit eines für eine Reihe von Jahren bemessenen Bauplanes betonte und die Entwicklung der Marine nicht dadurch gefährdet wissen wollte, daß man in dem einen Jahre etwas bewillige und dessen Fort¬ setzung etwa im folgenden Jahre verweigere; er schloß mit folgendem Satze: Die Verwaltung wird wohl nicht gerade nötig haben, sich genau an den da¬ maligen Plan zu halten, denn so wie die Schiffsbaukunst weiterschreitet, werden sich da natürlich Modifikationen ergeben. Ich glaube aber, daß wir unsrerseits uns das vergegenwärtigen und mindestens eine Summe, wie die hier in Aussicht ") S. 571 Annd I der Seen, Ber, dos Nordd, Reichstags von 18V9,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_226901/380>, abgerufen am 09.01.2025.