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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Reserve- und Tandwehroffiziere

Urteilen zu Hause lassen und mit der Uniform wieder den Soldaten anziehen.
Sie dürfen nicht mit einer gewissen gelehrten Überhebung den der Kamerad¬
schaft und dem vornehmen Ton gewidmeten Raum betreten, sondern ganz
Soldat sein und nicht bloß scheinen. Dann werden sich die Herren niemals
unsicher fühlen. Ich habe auf solchem Boden schon Freundschaften fürs "Leben
entstehen sehen. Auch kehren solche Offiziere, selbst wenn sie nicht zur Übung
eingezogen sind, stets gern wieder. Man muß eben nicht bloß empfangen
wollen, sondern auch geben. Das von dem Zahlmeister angeführte Beispiel
ist wohl kaum ernst zu nehmen, es kennzeichnet sich lediglich als eine Un¬
geschicklichkeit des betreffenden Militärbeamten.

Hinsichtlich der Wahl des Offizieraspiranten zum Reserveoffizier schreibt
die Heerordnung in A 47, 3 vor, daß er 1. nach dem Urteil des Bezirks¬
kommandeurs mit Rücksicht auf seine Lebensstellung und sein außerdienstliches
Verhalten zum Offizier geeignet sei, 2. die Charge eines Vizefeldwebels oder
Vizewachtmeisters bekleide, 3. am Schlüsse der Übung L von dem Regiments¬
oder selbständigen Bataillonskommandeur das Einverständnis zum Vorschlag
zum Reserveoffizier beim Truppenteil erhalten habe. Dieses Einverständnis ist
neben der Beurteilung der außerdienstlichen Haltung des Offizieraspiranten von
dem Ausfall eiuer besondern praktischen Prüfung abhängig. Der Aspirant
muß 4. eine gesicherte bürgerliche Existenz haben und 5. sich mit seiner Be¬
förderung einverstanden erklären. Man sieht hieraus, daß außer dem Ein¬
verständnis des Truppenkommandeurs noch andre Dinge mitsprechen. Die
Notwendigkeit einer Reform liegt hier nicht vor. Erfüllt der Aspirant die ge¬
nannten Bedingungen, so steht seiner Beförderung nichts im Wege, und wäre
er auch der Sohn eines ehrsamen Bürgers.

Was sür den Fall einer Mobilmachung mit den sehr zahlreichen und
vielbegehrten Kommandos gemeint ist, ist mir nicht recht verständlich geworden.
Mit dem Befehl der Mobilmachung tritt die Kriegsrangliste in Kraft. Diese
wird jedoch geheim bearbeitet und hat dem Verfasser wohl kaum zur Einsicht
vorgelegen, keinesfalls kommt sie bei einer sogenannten Prvbemobilmachung
zum Vorschein.

Die Heranbildung tüchtiger Offiziere des Beurlaubtenstandes ist die stete
Sorge aller Dienststellen in der Armee und wird Vonseiten der höhern Be¬
hörden durch Verordnungen unausgesetzt gefördert. § 12 des Gesetzes vom
9. November 1867, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, bestimmt,
daß die Reserveoffiziere, während der Dauer ihres Verhältnisses dreimal zu
vier- bis achtwöchigen Übungen herangezogen werden können, die Offiziere der
Landwehr aber nur zur Darlegung ihrer Befähigung zur Weiterbeförderung.
Hierzu bemerkt die Heerordnuug 51, 13> ergänzend, daß in der Regel bei
Bemessung der Dauer an dem zulässigen höchsten Maß festzuhalten sein werde,
und daß der Vorzug, Offizier zu sein, dem Betreffenden auch die Pflicht auf¬
erlege, sich für diesen Beruf in der ausgiebigsten Weise vorzubereiten und sich
darin zu üben. Diese Verordnungen und Gesetze verlangen mithin anch von
dem Reserveoffizier, daß er sich selbst unterrichte und weiterbilde. Nach dem
von dem Aufsatz in Ur. 34 ausgeführten hat es den Anschein, als ob der
Offizier des Beurlaubtenstandes bloß der Empfangende und es ausschließlich
Pflicht der aktiven Offiziere sei, ihm auf alle Weise militärisches Wissen und
Können beizubringen. Dies geschieht ja auch, aber doch nur dann mit Erfolg,
wenn die Herren durch eignes Studium entgegenkommen.


Reserve- und Tandwehroffiziere

Urteilen zu Hause lassen und mit der Uniform wieder den Soldaten anziehen.
Sie dürfen nicht mit einer gewissen gelehrten Überhebung den der Kamerad¬
schaft und dem vornehmen Ton gewidmeten Raum betreten, sondern ganz
Soldat sein und nicht bloß scheinen. Dann werden sich die Herren niemals
unsicher fühlen. Ich habe auf solchem Boden schon Freundschaften fürs „Leben
entstehen sehen. Auch kehren solche Offiziere, selbst wenn sie nicht zur Übung
eingezogen sind, stets gern wieder. Man muß eben nicht bloß empfangen
wollen, sondern auch geben. Das von dem Zahlmeister angeführte Beispiel
ist wohl kaum ernst zu nehmen, es kennzeichnet sich lediglich als eine Un¬
geschicklichkeit des betreffenden Militärbeamten.

Hinsichtlich der Wahl des Offizieraspiranten zum Reserveoffizier schreibt
die Heerordnung in A 47, 3 vor, daß er 1. nach dem Urteil des Bezirks¬
kommandeurs mit Rücksicht auf seine Lebensstellung und sein außerdienstliches
Verhalten zum Offizier geeignet sei, 2. die Charge eines Vizefeldwebels oder
Vizewachtmeisters bekleide, 3. am Schlüsse der Übung L von dem Regiments¬
oder selbständigen Bataillonskommandeur das Einverständnis zum Vorschlag
zum Reserveoffizier beim Truppenteil erhalten habe. Dieses Einverständnis ist
neben der Beurteilung der außerdienstlichen Haltung des Offizieraspiranten von
dem Ausfall eiuer besondern praktischen Prüfung abhängig. Der Aspirant
muß 4. eine gesicherte bürgerliche Existenz haben und 5. sich mit seiner Be¬
förderung einverstanden erklären. Man sieht hieraus, daß außer dem Ein¬
verständnis des Truppenkommandeurs noch andre Dinge mitsprechen. Die
Notwendigkeit einer Reform liegt hier nicht vor. Erfüllt der Aspirant die ge¬
nannten Bedingungen, so steht seiner Beförderung nichts im Wege, und wäre
er auch der Sohn eines ehrsamen Bürgers.

Was sür den Fall einer Mobilmachung mit den sehr zahlreichen und
vielbegehrten Kommandos gemeint ist, ist mir nicht recht verständlich geworden.
Mit dem Befehl der Mobilmachung tritt die Kriegsrangliste in Kraft. Diese
wird jedoch geheim bearbeitet und hat dem Verfasser wohl kaum zur Einsicht
vorgelegen, keinesfalls kommt sie bei einer sogenannten Prvbemobilmachung
zum Vorschein.

Die Heranbildung tüchtiger Offiziere des Beurlaubtenstandes ist die stete
Sorge aller Dienststellen in der Armee und wird Vonseiten der höhern Be¬
hörden durch Verordnungen unausgesetzt gefördert. § 12 des Gesetzes vom
9. November 1867, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienst, bestimmt,
daß die Reserveoffiziere, während der Dauer ihres Verhältnisses dreimal zu
vier- bis achtwöchigen Übungen herangezogen werden können, die Offiziere der
Landwehr aber nur zur Darlegung ihrer Befähigung zur Weiterbeförderung.
Hierzu bemerkt die Heerordnuug 51, 13> ergänzend, daß in der Regel bei
Bemessung der Dauer an dem zulässigen höchsten Maß festzuhalten sein werde,
und daß der Vorzug, Offizier zu sein, dem Betreffenden auch die Pflicht auf¬
erlege, sich für diesen Beruf in der ausgiebigsten Weise vorzubereiten und sich
darin zu üben. Diese Verordnungen und Gesetze verlangen mithin anch von
dem Reserveoffizier, daß er sich selbst unterrichte und weiterbilde. Nach dem
von dem Aufsatz in Ur. 34 ausgeführten hat es den Anschein, als ob der
Offizier des Beurlaubtenstandes bloß der Empfangende und es ausschließlich
Pflicht der aktiven Offiziere sei, ihm auf alle Weise militärisches Wissen und
Können beizubringen. Dies geschieht ja auch, aber doch nur dann mit Erfolg,
wenn die Herren durch eignes Studium entgegenkommen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/628>, abgerufen am 29.12.2024.