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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr.

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Die Hochwassergefahr und ihre Bekämpfung

lndungen in Form von Niederschlage" zu verhindern. Ist ein großer Teil des
Landes mit Wald bedeckt, so wird die Sonne auch bei völlig unbedecktem
Himmel nicht so viel Wasser verdampfen können als in waldarmen Gegenden,
und ein Teil des Feuchtigkeitsgehalts der Luft wird sofort von den Wäldern
aufgesogen. Sehen wir aber spater wieder diese Feuchtigkeit als Nebel aus deu
Wäldern emporsteigen, so ist die Luft in der Höhe nicht mehr so wasserreich,
da die Wolkenbilduiigeu inzwischen von den Winden fortgeführt oder als Regen
niedergefallen sind. Das Waldklima, wie es z. B. in Ecuador im Gegensatz zu
Peru besteht, hat Ähnlichkeit mit dem Seeklima. Der Himmel ist häufiger
bedeckt, und es regnet auch öfter, aber meist in kleinern Mengen. Die
Wolkenbrüche zeigen eine Vermehrung mit der zunehmenden AbHolzung der
Wälder.

Ist aber einmal eine größere Regenmenge gefallen, so hält der Wald die
empfangne Wassermasse auch länger zurück. Der Waldboden stellt sich in der
Regel als eine mehr oder minder unebne Fläche dar. Die Wurzeln der
Bäume heben sich, wenn sie größer werden, zu einem Teil aus dem umliegende"
Erdreich heraus und bilden so Umfassungswälle für größere und kleinere Ver¬
tiefungen, in denen nach anhaltendem Regenwetter das Wasser tagelang und
wochenlang stehen bleibt, bis es zuletzt verdunstet, in das Erdreich einsickert
und von den Wurzelfasern des Baumes aufgesogen wird. Der Boden wird
dadurch, daß sich das Wasser durch ihn hindurch eiuen Weg in die Tiefe
bahnt, aufgelockert, seine Durchlässigkeit nimmt ständig zu, und er und die
aus ihm emporwachsenden und ein sehr loses Gewebe zeigende" Moose und
Flechten wirken zusammen wie Schwämme, die eine große Wassermenge in
sich aufzunehmen und festzuhalten imstande sind. Ähnlich steht es in dieser
Beziehung mit unbebauten Landstrecken. Auch aus ihnen finden sich zahlreiche
Unebenheiten, Vertiefungen, die niemand ein Interesse hat zu beseitigen, und
die ebenfalls das Wasser zurückhalten und so zur Aufnahmefähigkeit des Bodens
beitragen. Denken wir daran, daß es in: Walde oder auf einer Ödländerei
zumal im Gebirge selten eine größere ebne Flüche giebt, daß dort größere und
kleinere Vertiefungen mit einander abwechseln, so werden wir es verstehen
können, daß sehr viel Wasser i" diese" Vertiefu"ge" zurückbleibt, ganz ab¬
gesehen davon, daß der Boden infolge seiner größern Durchlässigkeit immer
schon eine größere Wassermenge in sich aufsaugen wird.

Aber diese Fähigkeit, das Wasser zurückzuhalten und in sich aufzuuchme",
haben Ödläudcreien scho" i" geringerm Grade als Waldboden. ^ Die Wasser¬
menge, die durch die Baumwurzeln dem Boden entzogen wird, ist nicht un¬
beträchtlich, auf der Ödläudcrei bestehen die Erhöhnngc" zwischen den einzelnen
Vertiefungen nicht ans festen Wurzeln, sondern aus mehr oder weniger losem
Erdreich, das dem Wasser einen viel geringern Widerstand entgegensetzt, also
auch leichter die Bildung von ni""sale" zuläßt, in denen das Wasser ans den


Die Hochwassergefahr und ihre Bekämpfung

lndungen in Form von Niederschlage» zu verhindern. Ist ein großer Teil des
Landes mit Wald bedeckt, so wird die Sonne auch bei völlig unbedecktem
Himmel nicht so viel Wasser verdampfen können als in waldarmen Gegenden,
und ein Teil des Feuchtigkeitsgehalts der Luft wird sofort von den Wäldern
aufgesogen. Sehen wir aber spater wieder diese Feuchtigkeit als Nebel aus deu
Wäldern emporsteigen, so ist die Luft in der Höhe nicht mehr so wasserreich,
da die Wolkenbilduiigeu inzwischen von den Winden fortgeführt oder als Regen
niedergefallen sind. Das Waldklima, wie es z. B. in Ecuador im Gegensatz zu
Peru besteht, hat Ähnlichkeit mit dem Seeklima. Der Himmel ist häufiger
bedeckt, und es regnet auch öfter, aber meist in kleinern Mengen. Die
Wolkenbrüche zeigen eine Vermehrung mit der zunehmenden AbHolzung der
Wälder.

Ist aber einmal eine größere Regenmenge gefallen, so hält der Wald die
empfangne Wassermasse auch länger zurück. Der Waldboden stellt sich in der
Regel als eine mehr oder minder unebne Fläche dar. Die Wurzeln der
Bäume heben sich, wenn sie größer werden, zu einem Teil aus dem umliegende»
Erdreich heraus und bilden so Umfassungswälle für größere und kleinere Ver¬
tiefungen, in denen nach anhaltendem Regenwetter das Wasser tagelang und
wochenlang stehen bleibt, bis es zuletzt verdunstet, in das Erdreich einsickert
und von den Wurzelfasern des Baumes aufgesogen wird. Der Boden wird
dadurch, daß sich das Wasser durch ihn hindurch eiuen Weg in die Tiefe
bahnt, aufgelockert, seine Durchlässigkeit nimmt ständig zu, und er und die
aus ihm emporwachsenden und ein sehr loses Gewebe zeigende» Moose und
Flechten wirken zusammen wie Schwämme, die eine große Wassermenge in
sich aufzunehmen und festzuhalten imstande sind. Ähnlich steht es in dieser
Beziehung mit unbebauten Landstrecken. Auch aus ihnen finden sich zahlreiche
Unebenheiten, Vertiefungen, die niemand ein Interesse hat zu beseitigen, und
die ebenfalls das Wasser zurückhalten und so zur Aufnahmefähigkeit des Bodens
beitragen. Denken wir daran, daß es in: Walde oder auf einer Ödländerei
zumal im Gebirge selten eine größere ebne Flüche giebt, daß dort größere und
kleinere Vertiefungen mit einander abwechseln, so werden wir es verstehen
können, daß sehr viel Wasser i» diese» Vertiefu»ge» zurückbleibt, ganz ab¬
gesehen davon, daß der Boden infolge seiner größern Durchlässigkeit immer
schon eine größere Wassermenge in sich aufsaugen wird.

Aber diese Fähigkeit, das Wasser zurückzuhalten und in sich aufzuuchme»,
haben Ödläudcreien scho» i» geringerm Grade als Waldboden. ^ Die Wasser¬
menge, die durch die Baumwurzeln dem Boden entzogen wird, ist nicht un¬
beträchtlich, auf der Ödläudcrei bestehen die Erhöhnngc» zwischen den einzelnen
Vertiefungen nicht ans festen Wurzeln, sondern aus mehr oder weniger losem
Erdreich, das dem Wasser einen viel geringern Widerstand entgegensetzt, also
auch leichter die Bildung von ni»»sale» zuläßt, in denen das Wasser ans den


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[0605] Die Hochwassergefahr und ihre Bekämpfung lndungen in Form von Niederschlage» zu verhindern. Ist ein großer Teil des Landes mit Wald bedeckt, so wird die Sonne auch bei völlig unbedecktem Himmel nicht so viel Wasser verdampfen können als in waldarmen Gegenden, und ein Teil des Feuchtigkeitsgehalts der Luft wird sofort von den Wäldern aufgesogen. Sehen wir aber spater wieder diese Feuchtigkeit als Nebel aus deu Wäldern emporsteigen, so ist die Luft in der Höhe nicht mehr so wasserreich, da die Wolkenbilduiigeu inzwischen von den Winden fortgeführt oder als Regen niedergefallen sind. Das Waldklima, wie es z. B. in Ecuador im Gegensatz zu Peru besteht, hat Ähnlichkeit mit dem Seeklima. Der Himmel ist häufiger bedeckt, und es regnet auch öfter, aber meist in kleinern Mengen. Die Wolkenbrüche zeigen eine Vermehrung mit der zunehmenden AbHolzung der Wälder. Ist aber einmal eine größere Regenmenge gefallen, so hält der Wald die empfangne Wassermasse auch länger zurück. Der Waldboden stellt sich in der Regel als eine mehr oder minder unebne Fläche dar. Die Wurzeln der Bäume heben sich, wenn sie größer werden, zu einem Teil aus dem umliegende» Erdreich heraus und bilden so Umfassungswälle für größere und kleinere Ver¬ tiefungen, in denen nach anhaltendem Regenwetter das Wasser tagelang und wochenlang stehen bleibt, bis es zuletzt verdunstet, in das Erdreich einsickert und von den Wurzelfasern des Baumes aufgesogen wird. Der Boden wird dadurch, daß sich das Wasser durch ihn hindurch eiuen Weg in die Tiefe bahnt, aufgelockert, seine Durchlässigkeit nimmt ständig zu, und er und die aus ihm emporwachsenden und ein sehr loses Gewebe zeigende» Moose und Flechten wirken zusammen wie Schwämme, die eine große Wassermenge in sich aufzunehmen und festzuhalten imstande sind. Ähnlich steht es in dieser Beziehung mit unbebauten Landstrecken. Auch aus ihnen finden sich zahlreiche Unebenheiten, Vertiefungen, die niemand ein Interesse hat zu beseitigen, und die ebenfalls das Wasser zurückhalten und so zur Aufnahmefähigkeit des Bodens beitragen. Denken wir daran, daß es in: Walde oder auf einer Ödländerei zumal im Gebirge selten eine größere ebne Flüche giebt, daß dort größere und kleinere Vertiefungen mit einander abwechseln, so werden wir es verstehen können, daß sehr viel Wasser i» diese» Vertiefu»ge» zurückbleibt, ganz ab¬ gesehen davon, daß der Boden infolge seiner größern Durchlässigkeit immer schon eine größere Wassermenge in sich aufsaugen wird. Aber diese Fähigkeit, das Wasser zurückzuhalten und in sich aufzuuchme», haben Ödläudcreien scho» i» geringerm Grade als Waldboden. ^ Die Wasser¬ menge, die durch die Baumwurzeln dem Boden entzogen wird, ist nicht un¬ beträchtlich, auf der Ödläudcrei bestehen die Erhöhnngc» zwischen den einzelnen Vertiefungen nicht ans festen Wurzeln, sondern aus mehr oder weniger losem Erdreich, das dem Wasser einen viel geringern Widerstand entgegensetzt, also auch leichter die Bildung von ni»»sale» zuläßt, in denen das Wasser ans den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_225585/605>, abgerufen am 29.12.2024.