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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Aus den Denkwürdigkeiten zweier Runstforscher

dem Schluß, daß die Zeitung in diesem Stück kein getreuer Spiegel der Wirk¬
lichkeit ist, und man vermutet, daß sie es wohl auch in andern Stücken nicht
sein wird. In München hatte ich das Glück, einmal eine Odeonsaufführung
der Schöpfung mit Vogt als Uriel zu hören; nach der Arie: Mit Würd' und
Hoheit angethan, sagte ich mir: Vogt (oder wohl eigentlich Haydn), du hast
Darwin besiegt!

Nach einem freundlichen und gemütlichen Abschied von den Münchner
Freunden dampfte ich nach Offenburg zurück, wo sich unter den angegebnen
Umständen das Leben weniger angenehm gestalten mußte als das erstemal.
Ich konnte auf die paar Monate nicht erst noch einmal eine Wohnung mieten.
Ich blieb also im Gasthause und büßte bei diesem Gasthausleben die letzten
Reste meiner fahrenden Habe wie Betten und dergleichen ein. Für den teils
verminderten, teils kühler gewordnen Umgang mit den alten Freunden wurde
ich einigermaßen durch eine gemütliche Tischgesellschaft entschädigt, und die
Erholungszeit brachte ich mit langen Spaziergängen im Rebgebirge zu. Jntle-
kofer versorgte mich mit Büchern, da meine eignen in Kisten verpackt bleiben
mußten. Im Sommer hielt Bischof Reinkens eine Landesversammlung in
Offenburg ab und fragte mich bei der Gelegenheit, ob ich als Vertreter des
unheilbar erkrankten Pfarrers Hosemann cum sxs 8uoesÄsn6i nach Konstanz
gehen wolle. Selbstverständlich wollte ich.

(Schluß folgt)




Aus den Denkwürdigkeiten zweier Kunstforscher
Adolf Philipp! von (Schluß)

it Falke habe ich einmal kurze Zeit zusammengelebt vor dreißig
Jahren im Nordseebad Föhr, wo ich bei einer uralten friesischen
Witwe zwei Zimmerchen bewohnte, deren altvaterischer, trau¬
licher Aufputz sein ganzes Entzücken erregte. Wir durchstreiften
zusammen die Insel nach Altertümern und Hausrat, und er
kaufte allerlei für das österreichische Museum und ließ mich in das Warum
seiner Entschließungen manchen lehrreichen Einblick thun. So habe ich ihn
immer unter meine Lehrer gerechnet, denen ich etwas zu verdanken hätte.
Mit Sir Joseph Crowe verbindet mich keine persönliche Erinnerung weiter,
als daß ich ihn im Anfang der siebziger Jahre, als er in Leipzig General-


Aus den Denkwürdigkeiten zweier Runstforscher

dem Schluß, daß die Zeitung in diesem Stück kein getreuer Spiegel der Wirk¬
lichkeit ist, und man vermutet, daß sie es wohl auch in andern Stücken nicht
sein wird. In München hatte ich das Glück, einmal eine Odeonsaufführung
der Schöpfung mit Vogt als Uriel zu hören; nach der Arie: Mit Würd' und
Hoheit angethan, sagte ich mir: Vogt (oder wohl eigentlich Haydn), du hast
Darwin besiegt!

Nach einem freundlichen und gemütlichen Abschied von den Münchner
Freunden dampfte ich nach Offenburg zurück, wo sich unter den angegebnen
Umständen das Leben weniger angenehm gestalten mußte als das erstemal.
Ich konnte auf die paar Monate nicht erst noch einmal eine Wohnung mieten.
Ich blieb also im Gasthause und büßte bei diesem Gasthausleben die letzten
Reste meiner fahrenden Habe wie Betten und dergleichen ein. Für den teils
verminderten, teils kühler gewordnen Umgang mit den alten Freunden wurde
ich einigermaßen durch eine gemütliche Tischgesellschaft entschädigt, und die
Erholungszeit brachte ich mit langen Spaziergängen im Rebgebirge zu. Jntle-
kofer versorgte mich mit Büchern, da meine eignen in Kisten verpackt bleiben
mußten. Im Sommer hielt Bischof Reinkens eine Landesversammlung in
Offenburg ab und fragte mich bei der Gelegenheit, ob ich als Vertreter des
unheilbar erkrankten Pfarrers Hosemann cum sxs 8uoesÄsn6i nach Konstanz
gehen wolle. Selbstverständlich wollte ich.

(Schluß folgt)




Aus den Denkwürdigkeiten zweier Kunstforscher
Adolf Philipp! von (Schluß)

it Falke habe ich einmal kurze Zeit zusammengelebt vor dreißig
Jahren im Nordseebad Föhr, wo ich bei einer uralten friesischen
Witwe zwei Zimmerchen bewohnte, deren altvaterischer, trau¬
licher Aufputz sein ganzes Entzücken erregte. Wir durchstreiften
zusammen die Insel nach Altertümern und Hausrat, und er
kaufte allerlei für das österreichische Museum und ließ mich in das Warum
seiner Entschließungen manchen lehrreichen Einblick thun. So habe ich ihn
immer unter meine Lehrer gerechnet, denen ich etwas zu verdanken hätte.
Mit Sir Joseph Crowe verbindet mich keine persönliche Erinnerung weiter,
als daß ich ihn im Anfang der siebziger Jahre, als er in Leipzig General-


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[0332] Aus den Denkwürdigkeiten zweier Runstforscher dem Schluß, daß die Zeitung in diesem Stück kein getreuer Spiegel der Wirk¬ lichkeit ist, und man vermutet, daß sie es wohl auch in andern Stücken nicht sein wird. In München hatte ich das Glück, einmal eine Odeonsaufführung der Schöpfung mit Vogt als Uriel zu hören; nach der Arie: Mit Würd' und Hoheit angethan, sagte ich mir: Vogt (oder wohl eigentlich Haydn), du hast Darwin besiegt! Nach einem freundlichen und gemütlichen Abschied von den Münchner Freunden dampfte ich nach Offenburg zurück, wo sich unter den angegebnen Umständen das Leben weniger angenehm gestalten mußte als das erstemal. Ich konnte auf die paar Monate nicht erst noch einmal eine Wohnung mieten. Ich blieb also im Gasthause und büßte bei diesem Gasthausleben die letzten Reste meiner fahrenden Habe wie Betten und dergleichen ein. Für den teils verminderten, teils kühler gewordnen Umgang mit den alten Freunden wurde ich einigermaßen durch eine gemütliche Tischgesellschaft entschädigt, und die Erholungszeit brachte ich mit langen Spaziergängen im Rebgebirge zu. Jntle- kofer versorgte mich mit Büchern, da meine eignen in Kisten verpackt bleiben mußten. Im Sommer hielt Bischof Reinkens eine Landesversammlung in Offenburg ab und fragte mich bei der Gelegenheit, ob ich als Vertreter des unheilbar erkrankten Pfarrers Hosemann cum sxs 8uoesÄsn6i nach Konstanz gehen wolle. Selbstverständlich wollte ich. (Schluß folgt) Aus den Denkwürdigkeiten zweier Kunstforscher Adolf Philipp! von (Schluß) it Falke habe ich einmal kurze Zeit zusammengelebt vor dreißig Jahren im Nordseebad Föhr, wo ich bei einer uralten friesischen Witwe zwei Zimmerchen bewohnte, deren altvaterischer, trau¬ licher Aufputz sein ganzes Entzücken erregte. Wir durchstreiften zusammen die Insel nach Altertümern und Hausrat, und er kaufte allerlei für das österreichische Museum und ließ mich in das Warum seiner Entschließungen manchen lehrreichen Einblick thun. So habe ich ihn immer unter meine Lehrer gerechnet, denen ich etwas zu verdanken hätte. Mit Sir Joseph Crowe verbindet mich keine persönliche Erinnerung weiter, als daß ich ihn im Anfang der siebziger Jahre, als er in Leipzig General-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/332>, abgerufen am 23.07.2024.