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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Die Stellung der Bezirkskommandeure und Bezirksoffiziere

Wissenschaft seine Liebe zur Stellung und seinen Schaffensdrang besonders
erhöhe. Sollte wirklich eine derartige, allgemein geltende Bestimmung in
Kraft sein, so würde das eine weitere Herabdrückung der Stellung bedeuten.

Die Gehaltfrage ist von untergeordneter Wichtigkeit. Wir sind überzeugt,
daß in den beteiligten Kreisen schon große Befriedigung herrschen würde, wenn
die Stellung in der angedeuteten Weise gehoben würde. Aber die eine Frage
zieht die andre nach sich. Billig wäre es, wenn die Funktionszulage der be¬
absichtigten Gehaltsaufbesserung entsprechend erhöht würde. Will man jedoch
von einer Gleichstellung mit den Truppenoffizieren, vielleicht unter dem nicht
ganz unberechtigten Hinweis auf die geringern Ausgaben der Bezirkskommandeure,
absehen, so sollte man ihnen wenigstens eine angemessene Alterszulage gewähren,
die auch bei der Pensionirung in Anrechnung kommen müßte.

Die Bezirksoffiziere sind seit dem Jahre 1887 an Stelle der Landwehr¬
kompagnieführer oder Kontrolloffiziere getreten und verdanken ihre Entstehung
weniger dem Streben, einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, als der Ab¬
sicht, das Aufrücken in Fluß zu erhalten und Offizieren, die in der Truppe
nicht mehr verwendbar erscheinen, für einige Jahre ein passendes Unterkommen
zu schaffen. Zugleich wurde dabei ins Auge gefaßt, diesen im Truppendienst
gut vorgebildeten Offizieren bei Nusbruch eines Krieges mobile Truppenteile
anzuvertrauen. Ihre Stellung regelt sich nach denselben Grundsätzen, die bei
der Anstellung der Bezirks lommandeure maßgebend sind, nur stehen sie noch
ungünstiger als diese. Viele kommen als Hauptleute zweiter Klasse, einige
nur als Premierleutnants in die Stellung, und bei der Kärglichkeit ihrer
Pensionen ist die jährliche Zunahme so gering, daß diese Art von Versorgung
eine fragwürdige Wohlthat bleibt, solange eine Verbesserung der Bezüge grund¬
sätzlich ausgeschlossen ist- Da wäre doch bei der kürzern "Tragezeit" zu er¬
wägen, ob die betreffenden Offiziere nicht besser thäten, eine solche halbmili¬
tärische Durchgangsstufe, die die Arbeitsfähigkeit für einen bürgerlichen Beruf
im allgemeinen nicht steigert, aufzugeben und von vornherein die Erlangung
einer Zivilstelle anzustreben, die ja doch das Ende vom Liede zu sein Pflegt.

Hier ist eine Änderung ebenso nötig wie bei den Vezirkskommandeuren.
Wir halten es deshalb für richtig, daß auch den Bezirksoffizieren die Mög¬
lichkeit geboten werde, in höhere Stellen mit Patent und entsprechender Ge¬
haltserhöhung auszurücken. Es ist nicht einzusehen, warum diese Offiziere,
wenn sie sich eignen, nicht bis in die Stellung der Kommandeure kommen
sollten. Insbesondre muß die Härte beseitigt werden, daß Hauptleute zweiter
Klasse nicht in den Peusivnssatz der ersten Klasse aufsteigen können. Mit den
bessern Aussichten würde auch ein andrer Geist über diese Offiziere kommen,
die, schon in jungen Jahren auf ein totes Geleis gebracht, sich zu schmerzlichem
Stillstand verurteilt sehen.

Einer weiten, Vermehrung der Bezirksoffizierstellen vermögen wir nur
da zuzustimmen, wo die Einrichtung eines selbständigen Meldeamts mit ge-


Die Stellung der Bezirkskommandeure und Bezirksoffiziere

Wissenschaft seine Liebe zur Stellung und seinen Schaffensdrang besonders
erhöhe. Sollte wirklich eine derartige, allgemein geltende Bestimmung in
Kraft sein, so würde das eine weitere Herabdrückung der Stellung bedeuten.

Die Gehaltfrage ist von untergeordneter Wichtigkeit. Wir sind überzeugt,
daß in den beteiligten Kreisen schon große Befriedigung herrschen würde, wenn
die Stellung in der angedeuteten Weise gehoben würde. Aber die eine Frage
zieht die andre nach sich. Billig wäre es, wenn die Funktionszulage der be¬
absichtigten Gehaltsaufbesserung entsprechend erhöht würde. Will man jedoch
von einer Gleichstellung mit den Truppenoffizieren, vielleicht unter dem nicht
ganz unberechtigten Hinweis auf die geringern Ausgaben der Bezirkskommandeure,
absehen, so sollte man ihnen wenigstens eine angemessene Alterszulage gewähren,
die auch bei der Pensionirung in Anrechnung kommen müßte.

Die Bezirksoffiziere sind seit dem Jahre 1887 an Stelle der Landwehr¬
kompagnieführer oder Kontrolloffiziere getreten und verdanken ihre Entstehung
weniger dem Streben, einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, als der Ab¬
sicht, das Aufrücken in Fluß zu erhalten und Offizieren, die in der Truppe
nicht mehr verwendbar erscheinen, für einige Jahre ein passendes Unterkommen
zu schaffen. Zugleich wurde dabei ins Auge gefaßt, diesen im Truppendienst
gut vorgebildeten Offizieren bei Nusbruch eines Krieges mobile Truppenteile
anzuvertrauen. Ihre Stellung regelt sich nach denselben Grundsätzen, die bei
der Anstellung der Bezirks lommandeure maßgebend sind, nur stehen sie noch
ungünstiger als diese. Viele kommen als Hauptleute zweiter Klasse, einige
nur als Premierleutnants in die Stellung, und bei der Kärglichkeit ihrer
Pensionen ist die jährliche Zunahme so gering, daß diese Art von Versorgung
eine fragwürdige Wohlthat bleibt, solange eine Verbesserung der Bezüge grund¬
sätzlich ausgeschlossen ist- Da wäre doch bei der kürzern „Tragezeit" zu er¬
wägen, ob die betreffenden Offiziere nicht besser thäten, eine solche halbmili¬
tärische Durchgangsstufe, die die Arbeitsfähigkeit für einen bürgerlichen Beruf
im allgemeinen nicht steigert, aufzugeben und von vornherein die Erlangung
einer Zivilstelle anzustreben, die ja doch das Ende vom Liede zu sein Pflegt.

Hier ist eine Änderung ebenso nötig wie bei den Vezirkskommandeuren.
Wir halten es deshalb für richtig, daß auch den Bezirksoffizieren die Mög¬
lichkeit geboten werde, in höhere Stellen mit Patent und entsprechender Ge¬
haltserhöhung auszurücken. Es ist nicht einzusehen, warum diese Offiziere,
wenn sie sich eignen, nicht bis in die Stellung der Kommandeure kommen
sollten. Insbesondre muß die Härte beseitigt werden, daß Hauptleute zweiter
Klasse nicht in den Peusivnssatz der ersten Klasse aufsteigen können. Mit den
bessern Aussichten würde auch ein andrer Geist über diese Offiziere kommen,
die, schon in jungen Jahren auf ein totes Geleis gebracht, sich zu schmerzlichem
Stillstand verurteilt sehen.

Einer weiten, Vermehrung der Bezirksoffizierstellen vermögen wir nur
da zuzustimmen, wo die Einrichtung eines selbständigen Meldeamts mit ge-


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[0277] Die Stellung der Bezirkskommandeure und Bezirksoffiziere Wissenschaft seine Liebe zur Stellung und seinen Schaffensdrang besonders erhöhe. Sollte wirklich eine derartige, allgemein geltende Bestimmung in Kraft sein, so würde das eine weitere Herabdrückung der Stellung bedeuten. Die Gehaltfrage ist von untergeordneter Wichtigkeit. Wir sind überzeugt, daß in den beteiligten Kreisen schon große Befriedigung herrschen würde, wenn die Stellung in der angedeuteten Weise gehoben würde. Aber die eine Frage zieht die andre nach sich. Billig wäre es, wenn die Funktionszulage der be¬ absichtigten Gehaltsaufbesserung entsprechend erhöht würde. Will man jedoch von einer Gleichstellung mit den Truppenoffizieren, vielleicht unter dem nicht ganz unberechtigten Hinweis auf die geringern Ausgaben der Bezirkskommandeure, absehen, so sollte man ihnen wenigstens eine angemessene Alterszulage gewähren, die auch bei der Pensionirung in Anrechnung kommen müßte. Die Bezirksoffiziere sind seit dem Jahre 1887 an Stelle der Landwehr¬ kompagnieführer oder Kontrolloffiziere getreten und verdanken ihre Entstehung weniger dem Streben, einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, als der Ab¬ sicht, das Aufrücken in Fluß zu erhalten und Offizieren, die in der Truppe nicht mehr verwendbar erscheinen, für einige Jahre ein passendes Unterkommen zu schaffen. Zugleich wurde dabei ins Auge gefaßt, diesen im Truppendienst gut vorgebildeten Offizieren bei Nusbruch eines Krieges mobile Truppenteile anzuvertrauen. Ihre Stellung regelt sich nach denselben Grundsätzen, die bei der Anstellung der Bezirks lommandeure maßgebend sind, nur stehen sie noch ungünstiger als diese. Viele kommen als Hauptleute zweiter Klasse, einige nur als Premierleutnants in die Stellung, und bei der Kärglichkeit ihrer Pensionen ist die jährliche Zunahme so gering, daß diese Art von Versorgung eine fragwürdige Wohlthat bleibt, solange eine Verbesserung der Bezüge grund¬ sätzlich ausgeschlossen ist- Da wäre doch bei der kürzern „Tragezeit" zu er¬ wägen, ob die betreffenden Offiziere nicht besser thäten, eine solche halbmili¬ tärische Durchgangsstufe, die die Arbeitsfähigkeit für einen bürgerlichen Beruf im allgemeinen nicht steigert, aufzugeben und von vornherein die Erlangung einer Zivilstelle anzustreben, die ja doch das Ende vom Liede zu sein Pflegt. Hier ist eine Änderung ebenso nötig wie bei den Vezirkskommandeuren. Wir halten es deshalb für richtig, daß auch den Bezirksoffizieren die Mög¬ lichkeit geboten werde, in höhere Stellen mit Patent und entsprechender Ge¬ haltserhöhung auszurücken. Es ist nicht einzusehen, warum diese Offiziere, wenn sie sich eignen, nicht bis in die Stellung der Kommandeure kommen sollten. Insbesondre muß die Härte beseitigt werden, daß Hauptleute zweiter Klasse nicht in den Peusivnssatz der ersten Klasse aufsteigen können. Mit den bessern Aussichten würde auch ein andrer Geist über diese Offiziere kommen, die, schon in jungen Jahren auf ein totes Geleis gebracht, sich zu schmerzlichem Stillstand verurteilt sehen. Einer weiten, Vermehrung der Bezirksoffizierstellen vermögen wir nur da zuzustimmen, wo die Einrichtung eines selbständigen Meldeamts mit ge-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/277>, abgerufen am 23.07.2024.