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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Die Stellung der Bezirkskommandeure und Bezirksoffiziere

ist der eigentliche Übelstand. Käme man, wie zu Zeiten Bismarcks, an den
maßgebenden Stellen zu dem festen Entschlüsse, die polnischen Bestrebungen
ohne jede Rücksicht auf die Strömungen der Tagespolitik thatsächlich zu be¬
kämpfen und das Deutschtum auf jeden Fall zu stützen und zu fördern, so
würde der Erfolg auch sicher nicht ausbleiben. Die berechtigten Forderungen
des Polentums brauchten dabei keineswegs verletzt zu werden, aber die ge¬
ringste Nachgiebigkeit belebt die polnische Agitation immer wieder aufs neue.
Es kommt auch hier wieder der alte englische Grundsatz zu seinem Rechte:
INSN, NO IN6Ä8v.rS8.




Die Stellung der Vezirkskommandeure
und Bezirksosfiziere

le Bezirkskommandeure sind in Preußen bekanntlich aus den vor
der Reorganisation des Heeres im Jahre 1860 bestehenden Land¬
wehrbataillonskommandeuren hervorgegangen, und dieser Ursprung
mag dazu mitgewirkt haben, ihre Stellung nicht über diese empor¬
kommen zu lassen. Jahrzehnte hindurch konnte sie sich aus ihrem
büreaukratischen Zusammenhang mit den an den Bataillonsstab anknüpfenden
Anschauungen nicht losringen, obgleich der Dienst ein gänzlich andrer war.*)
Nun sind seit Begründung der Bezirkskommandvs fast vierzig Jahre verflossen,
ihr Dienst hat an Umfang, Bedeutung und Verantwortlichkeit zugenommen,
aber wenn auch der Bataillonszopf endlich abfiel, so ist doch die Stellung der
Kommandeure unverändert geblieben. Es dürfte deshalb zeitgemäß sein, die
hier obwaltenden Verhältnisse einmal näher zu prüfen.

Die Landwehrbataillonskommandeure waren in erster Linie Trnppen-
befehlshaber und als solche berufen, das Landwehrbataillon ihres Bezirks im
Krieg und bei allen Friedensübungen zu führen. Sie gehörten dem aktiven
Dienststande an und mußten nicht allein allen Anforderungen an Felddienst¬
fähigkeit vollkommen entsprechen, sondern auch zu weiteren Aufrücken geeignet
sein. Die mit dem Kontroll- und Ersatzwesen, mit der Mobilmachung usw.
verbundnen Arbeiten waren vergleichsweise nebensächlich und erforderten keine
große Thätigkeit.

Die Bezirkskommandeure dagegen hörten völlig auf, Truppenoffiziere zu



*) Zuerst wurden sie bezeichnet als Kommandeure des nten Bataillons oder Landwehr¬
regiments, dann des Landwehrbataillonsbezirks zuletzt des Landwehrbezirks
Die Stellung der Bezirkskommandeure und Bezirksoffiziere

ist der eigentliche Übelstand. Käme man, wie zu Zeiten Bismarcks, an den
maßgebenden Stellen zu dem festen Entschlüsse, die polnischen Bestrebungen
ohne jede Rücksicht auf die Strömungen der Tagespolitik thatsächlich zu be¬
kämpfen und das Deutschtum auf jeden Fall zu stützen und zu fördern, so
würde der Erfolg auch sicher nicht ausbleiben. Die berechtigten Forderungen
des Polentums brauchten dabei keineswegs verletzt zu werden, aber die ge¬
ringste Nachgiebigkeit belebt die polnische Agitation immer wieder aufs neue.
Es kommt auch hier wieder der alte englische Grundsatz zu seinem Rechte:
INSN, NO IN6Ä8v.rS8.




Die Stellung der Vezirkskommandeure
und Bezirksosfiziere

le Bezirkskommandeure sind in Preußen bekanntlich aus den vor
der Reorganisation des Heeres im Jahre 1860 bestehenden Land¬
wehrbataillonskommandeuren hervorgegangen, und dieser Ursprung
mag dazu mitgewirkt haben, ihre Stellung nicht über diese empor¬
kommen zu lassen. Jahrzehnte hindurch konnte sie sich aus ihrem
büreaukratischen Zusammenhang mit den an den Bataillonsstab anknüpfenden
Anschauungen nicht losringen, obgleich der Dienst ein gänzlich andrer war.*)
Nun sind seit Begründung der Bezirkskommandvs fast vierzig Jahre verflossen,
ihr Dienst hat an Umfang, Bedeutung und Verantwortlichkeit zugenommen,
aber wenn auch der Bataillonszopf endlich abfiel, so ist doch die Stellung der
Kommandeure unverändert geblieben. Es dürfte deshalb zeitgemäß sein, die
hier obwaltenden Verhältnisse einmal näher zu prüfen.

Die Landwehrbataillonskommandeure waren in erster Linie Trnppen-
befehlshaber und als solche berufen, das Landwehrbataillon ihres Bezirks im
Krieg und bei allen Friedensübungen zu führen. Sie gehörten dem aktiven
Dienststande an und mußten nicht allein allen Anforderungen an Felddienst¬
fähigkeit vollkommen entsprechen, sondern auch zu weiteren Aufrücken geeignet
sein. Die mit dem Kontroll- und Ersatzwesen, mit der Mobilmachung usw.
verbundnen Arbeiten waren vergleichsweise nebensächlich und erforderten keine
große Thätigkeit.

Die Bezirkskommandeure dagegen hörten völlig auf, Truppenoffiziere zu



*) Zuerst wurden sie bezeichnet als Kommandeure des nten Bataillons oder Landwehr¬
regiments, dann des Landwehrbataillonsbezirks zuletzt des Landwehrbezirks
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/272>, abgerufen am 23.07.2024.