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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Lecil Rhodes

Die Gründe liegen nahe. Erstens war die geographische Lage des Transvaal
für das nördliche Gebiet unbequem. Dann aber, und das ist das wichtigste,
war die Voerenrepublik durch die Goldfelder wirtschaftlich in die bedeutendste
Stelle gerückt. Kapland und Natal lebten von dem Golde von Johannisburg,
und das Transvaal war der wirkliche Mittelpunkt, das Herz, das den Puls¬
schlag Südafrikas regelte. Das Transvaalgold glänzte zu sehr, als daß es
nicht zu einer Übertretung des zehnten Gebotes hätte reizen sollen.

Zuerst wurde der Freistaat an weiterer Ausdehnung verhindert, dann
suchte man ihn von der See abzuschneiden durch die Annexion von Amatonga-
land, wie durch die bekannten Machenschaften in der Delagoabai und der
Delagoaeisenbahnfrage. Die Absicht dabei war, die Boeren in wirtschaftliche
Abhängigkeit von der Kapkolonie zu bringen, deren Geschicke Rhodes seit dem
Jahre 1890 als Premierminister leitete. Bei allem, was er that, konnte
Rhodes auf Unterstützung durch die bei der Reichsregierung einflußreichen
englischen Mitglieder der südafrikanischen Gesellschaft rechnen. Es geschah ja
alles in in!i.M-hin ZZrit,g,um1g,<z Zlorig-in. Hatte ihm doch die Königin für das
große Matabeleschießen die Würde eines Mitgliedes des geheimen Rats mit
dem Prädikat "recht ehrenwert" verleihen müssen!

Als Präsident Krüger allen Machenschaften mit Geschick die Spitze ge¬
boten hatte, als die Verbindung Prütorias mit der Delagoabai und damit
die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Transvaal gesichert war. blieb nichts
weiter übrig, als die alte Negierung mit Gewalt durch einen Doppelangriff
von innen und von außen zu stürzen.

Was es mit den Beschwerden der Ausländer im Transvaal auf sich hat,
ist bekannt. Es sind dieselben Beschwerden, die die Deutschen in England
vorbringen könnten, wenn sie wollten. Ein Deutscher kann sein ganzes Leben
lang in England weilen: so lange er seine Nationalität festhält, muß er wohl
Steuern zahlen wie ein Engländer, hat aber keine Stimme bei den Wahlen,
trotz des englischen Grundsatzes: Keine Besteuerung ohne Vertretung. Der
Grundsatz findet augenscheinlich nur auf Engländer Anwendung. Der Aus¬
länder hat nicht einmal eine Stimme für die Wahl des Dorfgemeinderats.
Und wenn vie Deutschen vom englischen Parlament deutsche Schulen für ihre
Kinder verlangen wollten, so würde ein Sturm der Entrüstung ausbrechen
über die bodenlose Unverschämtheit von Ausländern, die nnr geduldet sind.
Aber die englischen Goldgräber in Johannisburg -- ja Bauer, das ist ganz
was anders! In Wahrheit sind, nach dem Zeugnisse des ehemaligen General¬
anwalts der Kapkolonie, Schreiner, die Beschwerden der Johcmnisburger stark
übertrieben, und die hohen Zölle des Transvaal, von denen so viel Lärm
gemacht wird, sind thatsächlich weit geringer als die der Kapkolonie: für
Butter und Kühe z. B. erhebt die Kapkolonie mehr als fünfmal so viel Zoll
als das Transvaal, sür Kaffee genau fünfmal und für Thee fast dreißigmal


Lecil Rhodes

Die Gründe liegen nahe. Erstens war die geographische Lage des Transvaal
für das nördliche Gebiet unbequem. Dann aber, und das ist das wichtigste,
war die Voerenrepublik durch die Goldfelder wirtschaftlich in die bedeutendste
Stelle gerückt. Kapland und Natal lebten von dem Golde von Johannisburg,
und das Transvaal war der wirkliche Mittelpunkt, das Herz, das den Puls¬
schlag Südafrikas regelte. Das Transvaalgold glänzte zu sehr, als daß es
nicht zu einer Übertretung des zehnten Gebotes hätte reizen sollen.

Zuerst wurde der Freistaat an weiterer Ausdehnung verhindert, dann
suchte man ihn von der See abzuschneiden durch die Annexion von Amatonga-
land, wie durch die bekannten Machenschaften in der Delagoabai und der
Delagoaeisenbahnfrage. Die Absicht dabei war, die Boeren in wirtschaftliche
Abhängigkeit von der Kapkolonie zu bringen, deren Geschicke Rhodes seit dem
Jahre 1890 als Premierminister leitete. Bei allem, was er that, konnte
Rhodes auf Unterstützung durch die bei der Reichsregierung einflußreichen
englischen Mitglieder der südafrikanischen Gesellschaft rechnen. Es geschah ja
alles in in!i.M-hin ZZrit,g,um1g,<z Zlorig-in. Hatte ihm doch die Königin für das
große Matabeleschießen die Würde eines Mitgliedes des geheimen Rats mit
dem Prädikat „recht ehrenwert" verleihen müssen!

Als Präsident Krüger allen Machenschaften mit Geschick die Spitze ge¬
boten hatte, als die Verbindung Prütorias mit der Delagoabai und damit
die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Transvaal gesichert war. blieb nichts
weiter übrig, als die alte Negierung mit Gewalt durch einen Doppelangriff
von innen und von außen zu stürzen.

Was es mit den Beschwerden der Ausländer im Transvaal auf sich hat,
ist bekannt. Es sind dieselben Beschwerden, die die Deutschen in England
vorbringen könnten, wenn sie wollten. Ein Deutscher kann sein ganzes Leben
lang in England weilen: so lange er seine Nationalität festhält, muß er wohl
Steuern zahlen wie ein Engländer, hat aber keine Stimme bei den Wahlen,
trotz des englischen Grundsatzes: Keine Besteuerung ohne Vertretung. Der
Grundsatz findet augenscheinlich nur auf Engländer Anwendung. Der Aus¬
länder hat nicht einmal eine Stimme für die Wahl des Dorfgemeinderats.
Und wenn vie Deutschen vom englischen Parlament deutsche Schulen für ihre
Kinder verlangen wollten, so würde ein Sturm der Entrüstung ausbrechen
über die bodenlose Unverschämtheit von Ausländern, die nnr geduldet sind.
Aber die englischen Goldgräber in Johannisburg — ja Bauer, das ist ganz
was anders! In Wahrheit sind, nach dem Zeugnisse des ehemaligen General¬
anwalts der Kapkolonie, Schreiner, die Beschwerden der Johcmnisburger stark
übertrieben, und die hohen Zölle des Transvaal, von denen so viel Lärm
gemacht wird, sind thatsächlich weit geringer als die der Kapkolonie: für
Butter und Kühe z. B. erhebt die Kapkolonie mehr als fünfmal so viel Zoll
als das Transvaal, sür Kaffee genau fünfmal und für Thee fast dreißigmal


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[0176] Lecil Rhodes Die Gründe liegen nahe. Erstens war die geographische Lage des Transvaal für das nördliche Gebiet unbequem. Dann aber, und das ist das wichtigste, war die Voerenrepublik durch die Goldfelder wirtschaftlich in die bedeutendste Stelle gerückt. Kapland und Natal lebten von dem Golde von Johannisburg, und das Transvaal war der wirkliche Mittelpunkt, das Herz, das den Puls¬ schlag Südafrikas regelte. Das Transvaalgold glänzte zu sehr, als daß es nicht zu einer Übertretung des zehnten Gebotes hätte reizen sollen. Zuerst wurde der Freistaat an weiterer Ausdehnung verhindert, dann suchte man ihn von der See abzuschneiden durch die Annexion von Amatonga- land, wie durch die bekannten Machenschaften in der Delagoabai und der Delagoaeisenbahnfrage. Die Absicht dabei war, die Boeren in wirtschaftliche Abhängigkeit von der Kapkolonie zu bringen, deren Geschicke Rhodes seit dem Jahre 1890 als Premierminister leitete. Bei allem, was er that, konnte Rhodes auf Unterstützung durch die bei der Reichsregierung einflußreichen englischen Mitglieder der südafrikanischen Gesellschaft rechnen. Es geschah ja alles in in!i.M-hin ZZrit,g,um1g,<z Zlorig-in. Hatte ihm doch die Königin für das große Matabeleschießen die Würde eines Mitgliedes des geheimen Rats mit dem Prädikat „recht ehrenwert" verleihen müssen! Als Präsident Krüger allen Machenschaften mit Geschick die Spitze ge¬ boten hatte, als die Verbindung Prütorias mit der Delagoabai und damit die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Transvaal gesichert war. blieb nichts weiter übrig, als die alte Negierung mit Gewalt durch einen Doppelangriff von innen und von außen zu stürzen. Was es mit den Beschwerden der Ausländer im Transvaal auf sich hat, ist bekannt. Es sind dieselben Beschwerden, die die Deutschen in England vorbringen könnten, wenn sie wollten. Ein Deutscher kann sein ganzes Leben lang in England weilen: so lange er seine Nationalität festhält, muß er wohl Steuern zahlen wie ein Engländer, hat aber keine Stimme bei den Wahlen, trotz des englischen Grundsatzes: Keine Besteuerung ohne Vertretung. Der Grundsatz findet augenscheinlich nur auf Engländer Anwendung. Der Aus¬ länder hat nicht einmal eine Stimme für die Wahl des Dorfgemeinderats. Und wenn vie Deutschen vom englischen Parlament deutsche Schulen für ihre Kinder verlangen wollten, so würde ein Sturm der Entrüstung ausbrechen über die bodenlose Unverschämtheit von Ausländern, die nnr geduldet sind. Aber die englischen Goldgräber in Johannisburg — ja Bauer, das ist ganz was anders! In Wahrheit sind, nach dem Zeugnisse des ehemaligen General¬ anwalts der Kapkolonie, Schreiner, die Beschwerden der Johcmnisburger stark übertrieben, und die hohen Zölle des Transvaal, von denen so viel Lärm gemacht wird, sind thatsächlich weit geringer als die der Kapkolonie: für Butter und Kühe z. B. erhebt die Kapkolonie mehr als fünfmal so viel Zoll als das Transvaal, sür Kaffee genau fünfmal und für Thee fast dreißigmal

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/176>, abgerufen am 23.07.2024.