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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr.

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Lecil Rhodes

mehr als vierzig Gesellschaften neben fünfzig persönlichen Eigentümern, die ein¬
ander durch Wettbewerb und Überproduktion schädigten. Diesem Zustande
machte Rhodes durch Verschmelzung ein Ende. Zäh und unermüdlich arbeitete
er darauf hin, bis die 1880 gegründete De Beers-Gesellschaft die andern auf¬
gesogen und damit das Monopol des Diamantenmarktes erworben hatte. An
der Spitze dieser Gesellschaft, die jetzt ein Kapital von fünfundzwanzig bis dreißig
Millionen Pfund Sterling besitzt, war Rhodes bereits eine Macht, eine an¬
erkannte Finanzgröße, sodaß er für ein neues Unternehmen bereite Helfer fand.

Das Jahr 1886 brachte die Entdeckung von Gold im Transvaal, und
Rhodes gründete die Goldfeldergcsellschaft, die neulich eine Jahresdividende
von 125 Prozent gezahlt hat. Daß Rhodes dabei nicht arm blieb, ist selbst¬
verständlich. Wenn er auch selbst nicht dem Luxus ergeben ist, so weiß er
doch sehr wohl den Wert des Geldes für die Ausführung großer Pläne zu
schätzen. Charakteristisch für ihn ist eine Anekdote, die wir der erwähnten
Biographie entnehmen. General Gordon, der Held von Khartum, erzählte, daß
ihm nach dem Taipingaufstande die chinesische Regierung ein Zimmer voll
Gold angeboten habe. Haben sich genommen? fragte Rhodes. -- Selbst¬
verständlich habe ichs abgelehnt, antwortete Gordon. Aber was hätten Sie
gethan? -- Ich Hütte es genommen, und so viel Zimmer voll, als ich hätte
bekommen können. Es nützt nichts, große Ideen zu haben, wenn man nicht
das Geld hat, sie auszuführen.

Kurz vor dem Zusammentreffen mit Gordon, d. h. zu Anfang der acht¬
ziger Jahre, hatte Rhodes seine öffentliche Laufbahn als Mitglied des Kap¬
parlaments begonnen. Der Besitz großer Mittel erlaubte ihm, den Blick über
den Kreis seiner Umgebung hinaufzusenden und so allmählich zum Träger der
englischen Ausbreitungspolitik zu werden, die ohne Rücksicht auf Rechte andrer
mit allen Mitteln ihr Ziel verfolgt.

Trotz starker englischer Einwanderung überwiegen noch heute unter
der weißen Bevölkerung der Kapkolonie die Holländer, und obwohl sie seit
1814 englische Unterthanen sind, sind sie doch nicht zu Engländern geworden,
sondern haben ihre eigne Art so bewahrt, daß sie dem Grundsatze huldigen:
Afrika für die Afrikaner! und als Werkzeuge für britischen Jingoismus
nicht zu haben sind. Ein Teil der Holländer war aber mit der neuen eng¬
lischen Herrschaft so wenig zufrieden, daß sie zwischen 1835 und 1837 die
Kapkolonie verließen und nach dem damals noch unbcsiedelten Natal zogen,
um dort nach alter Weise als freie Männer zu leben- Sie errichteten einen
unabhängigen Staat mit Pietcrmaritzburg als Mittelpunkt. Aber England,
das bekanntlich auf der ganzen Erde "zivilisiren," d. h. alles in seine Tasche
stecken muß, und das für die Freiheit aller Völker eintritt, die es nicht selbst
unter seiner Faust hat, annektirte 1843 Natal. Zum anderumale ergriffen die
Boeren den Wanderstab und zogen in das Land jenseits des Vaal, während


Lecil Rhodes

mehr als vierzig Gesellschaften neben fünfzig persönlichen Eigentümern, die ein¬
ander durch Wettbewerb und Überproduktion schädigten. Diesem Zustande
machte Rhodes durch Verschmelzung ein Ende. Zäh und unermüdlich arbeitete
er darauf hin, bis die 1880 gegründete De Beers-Gesellschaft die andern auf¬
gesogen und damit das Monopol des Diamantenmarktes erworben hatte. An
der Spitze dieser Gesellschaft, die jetzt ein Kapital von fünfundzwanzig bis dreißig
Millionen Pfund Sterling besitzt, war Rhodes bereits eine Macht, eine an¬
erkannte Finanzgröße, sodaß er für ein neues Unternehmen bereite Helfer fand.

Das Jahr 1886 brachte die Entdeckung von Gold im Transvaal, und
Rhodes gründete die Goldfeldergcsellschaft, die neulich eine Jahresdividende
von 125 Prozent gezahlt hat. Daß Rhodes dabei nicht arm blieb, ist selbst¬
verständlich. Wenn er auch selbst nicht dem Luxus ergeben ist, so weiß er
doch sehr wohl den Wert des Geldes für die Ausführung großer Pläne zu
schätzen. Charakteristisch für ihn ist eine Anekdote, die wir der erwähnten
Biographie entnehmen. General Gordon, der Held von Khartum, erzählte, daß
ihm nach dem Taipingaufstande die chinesische Regierung ein Zimmer voll
Gold angeboten habe. Haben sich genommen? fragte Rhodes. — Selbst¬
verständlich habe ichs abgelehnt, antwortete Gordon. Aber was hätten Sie
gethan? — Ich Hütte es genommen, und so viel Zimmer voll, als ich hätte
bekommen können. Es nützt nichts, große Ideen zu haben, wenn man nicht
das Geld hat, sie auszuführen.

Kurz vor dem Zusammentreffen mit Gordon, d. h. zu Anfang der acht¬
ziger Jahre, hatte Rhodes seine öffentliche Laufbahn als Mitglied des Kap¬
parlaments begonnen. Der Besitz großer Mittel erlaubte ihm, den Blick über
den Kreis seiner Umgebung hinaufzusenden und so allmählich zum Träger der
englischen Ausbreitungspolitik zu werden, die ohne Rücksicht auf Rechte andrer
mit allen Mitteln ihr Ziel verfolgt.

Trotz starker englischer Einwanderung überwiegen noch heute unter
der weißen Bevölkerung der Kapkolonie die Holländer, und obwohl sie seit
1814 englische Unterthanen sind, sind sie doch nicht zu Engländern geworden,
sondern haben ihre eigne Art so bewahrt, daß sie dem Grundsatze huldigen:
Afrika für die Afrikaner! und als Werkzeuge für britischen Jingoismus
nicht zu haben sind. Ein Teil der Holländer war aber mit der neuen eng¬
lischen Herrschaft so wenig zufrieden, daß sie zwischen 1835 und 1837 die
Kapkolonie verließen und nach dem damals noch unbcsiedelten Natal zogen,
um dort nach alter Weise als freie Männer zu leben- Sie errichteten einen
unabhängigen Staat mit Pietcrmaritzburg als Mittelpunkt. Aber England,
das bekanntlich auf der ganzen Erde „zivilisiren," d. h. alles in seine Tasche
stecken muß, und das für die Freiheit aller Völker eintritt, die es nicht selbst
unter seiner Faust hat, annektirte 1843 Natal. Zum anderumale ergriffen die
Boeren den Wanderstab und zogen in das Land jenseits des Vaal, während


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224927/171>, abgerufen am 23.07.2024.